MB-Kritik

The Mohican 2024

Alexis Manenti
Mara Taquin

Inhalt

Joseph, einer der letzten Ziegenhirten an der korsischen Küste, erhält Besuch von der Mafia. Sie begehren sein Land. Trotz des Drucks sagt er: Nein, er wird sich nicht bewegen. Nachdem er unabsichtlich den Mann getötet hat, der ihn einschüchtern sollte, wird er zum Opfer einer gnadenlosen Menschenjagd, die mitten im Sommer vom Süden bis zum Norden Korsikas stattfindet. Im Laufe der Tage verbreitet sich die Legende von Joseph dank seiner Nichte Vannina auf der ganzen Insel und verkörpert einen Widerstand, der zuvor als unmöglich galt.

Kritik

Hat Frédéric Farrucci (La nuit venueJames Fenimore Coopers angestaubte Abenteuer-Romanze jemals gelesen? Oder wenigstens irgendwann mal deren pompöse Verfilmung von Michael Mann geguckt? Zweite ist zwar nicht sonderlich werktreu, geschweige denn historisch korrekt, aber immerhin unterhaltsamer als der überkonstruierte Korsika-Krimi, den der Regisseur und Drehbuchautor nach deren Titelcharakter benennt. Die aberwitzige Assoziation ist indes nicht der befremdlichste des pastoralen Plots. Dessen interessanter Aspekt ist noch der Schauplatz, der in jüngster Zeit ins Auge Filmschaffender zu rücken scheint.

Der Kontrast landschaftlicher Idylle und gewaltvoller Geschichte fließt allerdings weder visuell noch narrativ in die schematische Story, die ein typisches David gegen Goliath Szenario reanimiert. Der einfache Ziegenhirte Joseph (Alexis Manenti, Wild Diamond) lebt als einer der letzten seines Metiers die Tradition seiner Vorväter voll Herzblut. Doch das mischt sich mit echtem Blut, ausgerechnet dem des Sohnes eines Mafia-Bosses (Dominique Colombani). Der will Josephs Land für ein Immobilienprojekt kaufen, was der natürlich ablehnt - und so zum Gejagten wird.

Dass Joseph einen bewaffneten Mafia-Erben offenbar mit bloßen Händen erledigt, die Handlanger der Unterwelt ihn auf dem überschaubaren Handlungsort nicht finden, die Straffälligkeit Josephs Tat kaum relevant scheint und der Boss Baddie den Flüchtigen zu fürchten beginnt, ist alles zusammengenommen noch glaubwürdiger als Josephs rasanter Aufstieg zu einer Art Volkshelden. Den initiiert seine Nichte Vanina (Mara Taquin, Das Tier im Dschungel) mit einer Handvoll Social Media Posts (#lederniermohican) auf einer Plattform, so konservativ und konfus ist wie die Inszenierung.

Fazit

Feiert in Frédéric Farruccis absurder Hirten-Hetzjagd schließlich ein Mural ähnlich einer bizarren Banksy-Imitation den wenig heroischen Hauptcharakter, hat sich das Ansehen ob der unfreiwilligen Komik fast wieder gelohnt. Fast, denn der fade Aufguss gestriger Genre-Klischees - Kleinunternehmer gegen Konglomerat, tugendsamer Traditionalismus gegen korrupten Wandel - liefert Schauspiel und Settings auf dem Niveau einer Vorabend-Serie von jemandem, dem die Enkel gerade X erklärt haben. Die ambivalente Medien-Macht ist dem pseudorelevanten Narrativ dabei ebenso gleichgültig wie Korsikas kriminelle Konflikte.

Autor: Lida Bach
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