6.8

MB-Kritik

Warfare 2025

Action, Drama, War

6.8

Inhalt

19. November 2006, Irak - Ein Platoon junger Navy Seals soll das Haus einer irakischen Familie besetzen, um ein aufständisches Gebiet abzusichern. Zuerst läuft alles nach Plan. Sie halten die Bewohner in Schach und verteilen sich in dem zweistöckigen Gebäude, um die Umgebung zu beobachten. Als sie eine bewaffnete Gruppe Männer bemerken, ist es schon zu spät: Eine Granate explodiert im Haus, kurz darauf detoniert eine Bombe und zwei Soldaten werden schwer verletzt. Gefangen in dem Haus geht es für die jungen Männer nur noch ums blanke Überleben. Der Druck der Angreifer lässt nicht nach und Unterstützung dringt nur mühsam zu ihnen vor. Verzweifelt versuchen sie, die beiden Verletzten am Leben zu halten. Ein erbarmungsloser Wettlauf gegen die Zeit beginnt.

Kritik

Vielleicht hat schon immer nur vom Krieg erzählt. Vom Menschen gegen die Natur, gegen die Technologie oder – wie in seinem Civil War (2024) – gegen sich selbst. In Warfare konzentriert er sich erneut auf eine Seite des Konflikts, eine Entscheidung, die den gesamten Film prägt. Im Kern ist sein neuer Kriegsfilm eine auf den Punkt gebrachte militärische Notsituation: Eine Gruppe US-Soldaten wird in ihrem Posten attackiert und muss die Kontrolle über das Chaos zurückgewinnen. Die Handlung ist dabei so radikal verdichtet, dass sie beinahe zu simpel erscheint.

Warfare basiert auf einer wahren Begebenheit, die sich 2006 während der US-Besatzung des Iraks zugetragen hat. Solche Geschichten wurden bereits mehrfach verfilmt, man denke an s Lone Survivor (2013). Doch Garland verfolgt einen kompromisslosen Ansatz und versucht, die Ereignisse so direkt wie möglich einzufangen. Dafür ließ er nicht nur die überlebenden Navy Seals als Berater engagieren, sondern teilte sich mit , einem der Navy Seals, sogar die Regie. Am Ende wird stolz dokumentiert, wie Filmemacher und Veteranen zusammenarbeiteten. Ein Moment, in dem der Film seine nüchterne Haltung verliert, denn bis dahin ist es nicht Patriotismus oder Stolz, der ihn antreibt, sondern der nackte Überlebenswille.

Garland und Mendoza gelingt es hervorragend, die Dringlichkeit der Situation spürbar zu machen. Anspannung dominiert jede Szene, ebenso wie das Bestreben, alles so realistisch und authentisch wie möglich zu inszenieren. Während dies militärhistorisch Interessierte begeistern dürfte, werden Actionfans, die eine effektgeladene Materialschlacht mit True-Story-Unterbau erwarten, enttäuscht. Ja, es wird geschossen, aber die Fokussierung liegt nicht auf Spektakel, sondern bleibt konsequent bei den Soldaten.

Die Angreifer bleiben gesichtslos, ihre Motivation bleibt vage. Historischer Kontext? Kaum vorhanden. Warfare verweigert sich jeglicher politischen Auseinandersetzung und versteht sich als reine Darstellung eines Überlebenskampfes. Immerhin vermeidet Garland es, die feindlichen Kämpfer als dämonische Karikaturen darzustellen. Doch Menschen und ihr Charakter scheinen ihn in diesem Film ohnehin kaum zu interessieren.

Die Soldaten erhalten rudimentäre Charakterzüge, doch letztlich bleiben sie bloß Namen mit Gesichtern. Auch talentierte Schauspieler in der Besetzung (darunter und ) können daran wenig ändern. Auf dem Schlachtfeld gibt es in Garlands Film keinen Platz für Individualität oder psychologische Tiefe. Wer Civil War bereits als emotional unterkühlt empfand, sollte einen Bogen um Warfare machen. Und selbst Fans von Garlands vorherigem Werk könnten mit der extremen Reduktion der Figuren haderten.

Civil War erzählte eine deutlich weitläufigere Geschichte, die durch ihre Roadmovie-Struktur zwangsläufig Raum für Charakterentwicklung ließ. Warfare hingegen verzichtet auf solche Elemente komplett. Einerseits macht das den Film durch seine kompromisslose Verdichtung faszinierend, andererseits erschwert es die emotionale Bindung an die Protagonisten – bis das erste blutige Chaos ausbricht.

Visuell und auditiv ist Warfare beeindruckend inszeniert. Wenn nach einer Explosion der aufgewirbelte Sand die Szenerie in einen beinahe erdrückend sphärischen Raum verwandelt, spielt Garland seine Stärken aus. Noch beeindruckender ist das Sounddesign. Nicht die Schüsse stehen im Vordergrund, sondern die übersteuerten Funksprüche, die in einer Sequenz so intensiv auf das Publikum einhämmern, dass man wahrlich erleichtert ist, wenn endlich Stille einkehrt. Garland beherrscht das Handwerk der Überforderung meisterhaft.

Im Kern bleibt Warfare ein Actionfilm – ein bis zum Äußersten komprimiertes Eskalationskino. Nach einem kurzen Moment der Unbeschwertheit zu Beginn folgt der zermürbende Abstieg in die Anspannung. Zunächst gemäßigt, während der Alltag der Soldaten noch Routine ausstrahlt, dann unerträglich intensiv. Unweigerlich stellt sich die Frage: Wozu das alles? Die Antwort muss jeder für sich selbst finden.

Als Demonstration filmischen Könnens überzeugt Warfare zweifellos. Als Anti-Kriegsfilm kann er ebenfalls interpretiert werden, auch wenn er durch seine Einseitigkeit nicht ganz aufgeht. Ein Beispiel: Die irakische Familie, deren Haus die Soldaten als Scharfschützennest missbrauchen, bleibt irrelevant. Dabei wäre ihre Situation mindestens ebenso erzählenswert gewesen. Doch Garland und Mendoza wollten dem Publikum offenbar einen Geschmack davon geben, wie es sich auf dem Schlachtfeld anfühlt – ungeschönt, frei von Pathos, Stolz oder großen Heldenerzählungen. Rau, dreckig, blutig. Ein ehrenwerter Versuch, der teilweise aufgeht, teilweise an der eigenen Verdichtung erstickt. Trotzdem bleibt er faszinierend und einzigartig genug, um gewürdigt zu werden.

Fazit

Ein intensives Kriegsdrama, das durch seine extreme Verdichtung fasziniert, aber auch distanziert. Alex Garland und Ray Mendoza inszenieren mit beeindruckender audiovisueller Wucht, verweigern jedoch wirkliche Tiefe oder politischen Kontext. Das Ergebnis ist ein gnadenloser Überlebenskampf, der dann doch mehr "Call of Duty" ist als "Apocalypse Now".

Autor: Sebastian Groß