Inhalt
Der Film erzählt die Geschichte der beiden berüchtigtsten Bosse des organisierten Verbrechens in New York, Frank Costello und Vito Genovese (beide gespielt von De Niro), die sich einen erbitterten Kampf um die Vorherrschaft auf den Straßen der Stadt liefern. Einst waren die beiden beste Freunde, doch kleine Eifersüchteleien und eine Reihe von Vertrauensbrüchen führen sie schließlich auf einen tödlichen Kollisionskurs, der die Mafia – und Amerika – für immer verändert.
Kritik
Es gab eine Zeit, da war Robert De Niro eine unantastbare Institution des Kinos. Sein Name allein verlieh Filmen eine Aura von Größe und Relevanz, selbst wenn nicht jede Produktion ein Meisterwerk war. Figuren wie Travis Bickle, Vito Andolini, David Aaronson, Sam Rothstein, Max Cady, Jake La Motta, Michael Vronsky, Jimmy Conway oder Neil McCauley sind längst zu filmhistorischen Monumenten geworden, untrennbar mit seiner Präsenz verbunden. Doch heute scheint dieser einstige Gigant des Kinos nur noch ein Name unter vielen zu sein – ein Relikt aus einer Ära, in der Schauspielkunst und Leinwandpräsenz noch gewichtiger waren als Algorithmen und Content-Flut.
Jüngst war De Niro in der Netflix-Miniserie Zero Day zu sehen, seiner ersten Serienrolle überhaupt. Doch trotz dieser vermeintlichen Sensation blieb der große Widerhall aus. Ein Umstand, der sich bei seinem neuen Film The Alto Knights fortzusetzen droht, einer Produktion, die auf dem Papier an die großen Tage des Mafia-Kinos erinnert, in der Realität jedoch kaum über das Mittelmaß hinausreicht. Dabei sind die Voraussetzungen nicht schlecht. De Niro verkörpert gleich zwei zentrale Figuren der amerikanischen Mafia-Geschichte: Frank Costello, das Oberhaupt der Luciano-Familie, und Vito Genovese, dessen Rivalität mit Costello den narrativen Kern des Films bildet. Das Drehbuch stammt von Nicholas Pileggi, jenem Autor, der mit Goodfellas und Casino zwei der einflussreichsten Gangsterfilme aller Zeiten mitschuf. Regie führte Barry Levinson, einst für Klassiker wie Sleepers oder Good Morning, Vietnam verantwortlich. Die Erwartungen an ein solches Projekt wären vor Jahrzehnten immens gewesen. Heute jedoch sieht die Situation anders aus.
Nach desaströsen Testvorführungen soll Warner jegliche Hoffnungen auf einen Erfolg des Films früh begraben haben. Es ist eine bittere Erkenntnis, dass selbst namhafte Besetzungen und renommierte Filmemacher nicht mehr automatisch ausreichen, um das Publikum zu fesseln. Die einst unfehlbare Strahlkraft eines De Niro hat in den letzten Jahren merklich gelitten, was nicht zuletzt an seiner Beteiligung an zahlreichen belanglosen oder schlicht enttäuschenden Filmen liegt. Doch ist The Alto Knights tatsächlich ein weiterer Fehlschlag in seiner Karriere oder bietet der Film mehr, als es die nüchterne Rezeption zunächst vermuten lässt?
Tatsächlich zeigt sich schnell, dass The Alto Knights zwar ambitioniert, aber nicht vollends überzeugend ist. Levinsons Inszenierung oszilliert zwischen dokumentarischer Strenge und dramaturgischer Trägheit, ohne jemals eine durchgängige stilistische Kohärenz zu finden. Die Bildsprache schwankt zwischen ansprechender Ästhetik und uninspirierter Monotonie, was durch unrhythmische Schnitte und unglückliche Abblenden zusätzlich verstärkt wird. Selbst Pileggis Drehbuch entfaltet nicht die Brillanz, die man von ihm erwartet hätte. Die Dialoge wirken erstaunlich leblos, die Off-Kommentare von Frank Costello mutieren zu plumpen Expositionen, und die Erzählstruktur bewegt sich nur zäh voran.
Es drängt sich der Eindruck auf, dass The Alto Knights als elegischer Abgesang auf eine Ära des Gangsterfilms gedacht war – eine Intention, die Martin Scorsese mit The Irishman deutlich überzeugender umsetzte. Während dort trotz der fragwürdigen De-Aging-Technik eine tiefe Melancholie und erzählerische Sogkraft spürbar war, bleibt Levinsons Werk seltsam richtungslos. Die wahre Geschichte hätte genügend Stoff für ein packendes Drama rund um Macht und Stolz geboten, doch stattdessen entfaltet sich die Handlung in schleppendem Tempo und kulminiert in einem Finale, das in seiner kriminalhistorischen Bedeutung weit spannender ist, als es hier den Anschein hat.
Was dem Film jedoch unbestreitbar zugutekommt, ist De Niros Schauspielkunst. Seine Doppelrolle ist keine bloße Spielerei, sondern ein beeindruckendes Beispiel seiner ungebrochenen Fähigkeit zur Charakterzeichnung. Ohne übertriebene Maskerade oder grelle Akzentuierungen gelingt es ihm, Costello und Genovese klar voneinander zu trennen – eine Differenzierung, die vor allem in der Originalfassung durch seine nuancierte Sprechweise zur Geltung kommt. Doch genau hier stellt sich die Frage: Warum diese Doppelbesetzung? In der narrativen Struktur ergibt sie wenig Sinn, insbesondere da Genovese fast ausschließlich in Relation zu Costello funktioniert. Es bleibt eine künstlerische Entscheidung, die mehr nach einer selbst auferlegten Herausforderung denn nach einer erzählerischen Notwendigkeit wirkt.
Die Nebenfiguren hingegen bleiben weitgehend blass, wodurch es dem Film an jener lebendigen Dynamik fehlt, die das Genre einst auszeichnete. The Alto Knights ist damit kein missratenes Werk, aber zweifellos eine verpasste Chance, mehr zu sein als ein blasses Gangster-Drama ohne echte Stimmung. Ob als klassisches Epos oder als kritische Dekonstruktion – beides wäre wohl spannender gewesen als das, was hier letztlich über die Leinwand wabert. Immerhin erweist sich De Niro einmal mehr als darstellerische Instanz, doch reicht sein Talent allein nicht aus, um den Film aus der Behäbigkeit des Mittelmaßes zu heben.
Fazit
De Niro glänzt in seiner Doppelrolle, doch auch sein Spiel kann die dramaturgische Trägheit nicht wirklich ausgleichen. Dass "The Alto Knight" zudem auf erzählerische Prägnanz und visuelle Finesse verzichtet, tut dem Titel leider ebenfalls alles andere als gut.
Autor: Sebastian Groß