Inhalt
Sengende Sommerhitze in einer sterilen Reihenhaussiedlung im Speckgürtel Roms. Hier lebt so manche Familie, die nirgendwo mehr dazugehört. Es herrscht eine rätselhafte Beklommenheit. Die Stimmung kann jederzeit explodieren. Die Eltern sind dauerfrustriert, weil sie nicht aus einer besseren Vorstadt stammen und die Art von Bürgerlichkeit, die sie sich erhofft haben, für sie unerreichbar ist.
Kritik
Es gibt viele üble, ganz üble Geschichten in Fabio und Damiano D’Innocenzos (Boys Cry) zweitem Spielfilm, doch die benutzen nicht die erwachsenen Bewohner der römischen Vorstadt-Siedlung im dramaturgischen Fokus, sondern die Kinderdarsteller. Die Inhaltswerbung nennt die von innen verkörperten Figuren im Grundschulalter „die wahren Protagonisten“. Tatsächlich sind sie die Objekte einer abstoßend sexualisierenden Inszenierung, die unentwickelte Körper in flirrendem Sommerlicht als Lustgegenstände präsentiert, dabei einem vermeintlich gleichgesinnten Publikum komplizenhaft zuzwinkert, und als Bonus toxische Männlichkeit zelebriert.
Eltern sind in diesem pädophil anmutenden Panorama nur Alibigestalten, an denen das Regie-Duo seine bürgerlichen Klassenvorurteile und aggressive Misogynie abarbeitet. Besonders viel Hass erntet die hochschwangere junge Tochter einer Anwohnerin, deren Physis mit einem von angeekelter Geilheit gelenkten Kamerablick zur Schau gestellt wird. Ihrer Laszivität dient zur indirekten Bestätigung mangelnder Eignung als Mutter, während ihr Flirten mit einem Nachbarjungen die unangemessen begehrliche Darbietung der minderjährigen Charaktere weiter normalisiert. Noch obszöner sind die handlungszentralen Kinderspiele.
Die 10- bis 12-Jährigen schauen gemeinsam Pornos auf Papas Handy, verabreden sich zum Sex und plaudern darüber, wann sie „richtig bumsen“. Macho-Väter geben ihren Söhnen Ratschläge zum Aufreißen kleiner Mädchen, die nur allzu willig sind. Fast immer tragen die Kleinen Badekleidung oder Halbtransparentes, durch das sich Unterwäsche abzeichnet. Lachende Mädchen spielen Wasserschlacht, während ein Erzähler davon spricht, sich diesen Sommer wieder zu verlieben. Das ist kein Festivalfilm, sondern eine Missbrauchsphantasie getarnt als Männermärchen.
Fazit
In seiner misogynen Milieuverspottung inszeniert das Regie-Brüderpaar Fabio und Damiano D’Innocenzo Kinder als hypersexuelle Objekte, die mit voyeuristischer Gier und pornografischer Suggestivität betrachtet werden. Übergriffigkeit wird normalisiert und aktiv praktiziert. Noch nicht pervers und abstoßend genug? Eine Schwangere verspeist einen Keks, getränkt in ihre eigene Muttermilch. Dass die erst nach der Geburt einschießt, haben die Regisseure wohl nicht gecheckt. Kein Wunder, dass sie nicht wissen, wie erwachsene Körper funktionieren. Ihre Vorlieben liegen offenkundig woanders.
Autor: Lida Bach