Inhalt
Felix Krull liebt die Frauen und die Frauen lieben ihn. Doch der charmante Jüngling aus vornehmem, wenngleich bankrottem Hause hat nicht nur auf Frauen eine unwiderstehliche Wirkung Mit seinem schauspielerischen Talent wickelt er alle um den Finger. Seine erotischen Affären und seine pfiffige Hochstapelei katapultieren ihn bis in die höchsten gesellschaftlichen Ebenen und auf den Gipfel von Ruhm und Reichtum. Als falscher Marquis tritt er schließlich eine Weltreise an, die ihn allerdings ebenso schnell wieder nach unten befördert. Doch Felix Krull startet immer wieder zu neuen Abenteuern ... Nach dem Roman von Thomas Mann, ausgezeichnet mit dem Bundesfilmpreis in Gold 1957, dem Golden Globe 1958 als Bester Ausländischer Film und dem Ernst-Lubitsch-Preis 1957 für die Beste Regie.
Kritik
Es scheint, als sei der erste Name, der generell mit dem Film Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull verbunden wird, nicht etwa der, der Hauptfigur, des Regisseurs oder des Hauptdarstellers. Nein, es ist der Autor der lyrischen Vorlage - Thomas Mann (Die Buddenbrooks). So kommt es, dass jener der Name ist, der groß auf der DVD-Hülle für sich wirbt und dass das einzige Extra der Scheibe eine Dokumentation über den deutschen Schriftsteller ist. Das ist zwar irgendwo verständlich, schließlich läuft man einem Talent und einem Rang wie Thomas Mann sie innehatte nicht tagtäglich über den Weg. Dennoch tut es jenen Menschen, die am Film gearbeitet haben, auch ein bisschen unrecht. Was nämlich im Gedächtnis bleibt, ist nicht etwa die Vorlage, sondern die Leistung von Horst Buchholz (Eins, Zwei, Drei) und die manchmal ganz und gar bemerkenswerte Regie-Arbeit von Kurt Hoffmann (Das fliegende Klassenzimmer).
Denn Buchholz’ Darbietung des Felix Krull ist es schließlich, die von der ersten Sekunde an mit einem Fingerschnippen wie ein gut geölter Motor läuft. Dazu muss er nicht einmal im Bild sein. Nein, empfangen tut ein ein kleines aufgewecktes Kind in einem Wagen. Krulls erwachsene Stimme erzählt dazu im Off. Der verschmitzte Kommentar des Protagonisten erleichtert dem Film vieles, schafft eine große Menge an Charme, Sympathie und weckt allerlei Erwartungen (die dann immerhin auch eingehalten werden). Hinzu kommt, dass der Zuschauer durch diese Taktik von Beginn an - noch bevor man den Tunichtgut in seiner ersten Ausprägung überhaupt kennenlernt - bereits mit Krull unter einer Decke steckt. So kommt es, dass Krull, der zu Beginn verspricht, viele Rollen spielen zu werden, eine gewisse Vorfreude im Zuschauer weckt. Man möchte sehen, wie viele und welche Rollen denn eigentlich. Hoffmann weiß das und belohnt das Publikum kurz darauf. Hier wird deutlich, dass der Film Relikt einer anderen Zeit ist (manche Witze lassen sich nur noch erahnen). Buchholz’ Darstellung aber rettet den Abend.
Felix Krull ist ein junger Mann, der doch eigentlich nur das Leben in vollen Zügen genießen will (auf sehr unlautere Art und Weise wohlgemerkt), der aber in seiner naiven und blitzgescheiten Art die negativen Seiten seiner Mitmenschen nach außen kehren kann. Zu Beginn mag ihm noch der Zufall einen Streich spielen und ihn quasi „dazu zwingen“ Unrecht zu tun. Doch nie ist es so, dass Felix ein schlechtes Gewissen oder dergleichen aufbauen würde. Stattdessen ist er flink und nutzt jede Situation, die ihm in den Schoß kommt, schamlos aus. So wird er ratzfatz zu einem Kleinkriminellen und später zum Adel. Zunächst ist er Page, später ein hochangesehener Kellner. Krull wird Teil einer Gesellschaft, in die er nicht hineingehört. Und doch passt er perfekt in sie hinein. Er schleicht sich als Bediensteter in die Oberschicht, lässt seinen Charme spielen und bandelt mit den Reichen an. Eine reiche Gesellschaft, teils gar die Aristokratie, die von Manipulation, Lügen, Missgunst und -trauen zerfressen ist. Eine perfekte Spielwiese also.
Krull fühlt sich dort derart wohl, dass er sich nahtlos in das Gefüge eingliedern kann, gar mit den Menschen spielt. Er manipuliert Manipulatoren, belügt Lügner, gaukelt Intellektuellen aber niemals Wissen vor, sondern absorbiert und saugt alle Eindrücke aus seiner Umwelt auf. Liebe die Welt und die Welt wird dich lieben, sagt er. Lernen wird er, dass er dabei aber nie die Menschen aus der Gleichung streichen kann, die die Welt nicht lieben, sondern sich. Sie werden alles zerstören. Letztlich ist die Geschichte überaus simpel gestrickt und errichtet, jedes Wort ist an seinem Platz, kein Detail wird ohne ersichtlichen Grund eingeführt, alles dient der letztendlichen Erklärung. Das ist teils arg schematisch, aber dennoch immer mit einem entwaffnenden Lächeln auf den Lippen. Wirklich interessant wird der Film aber dort, wo Kurt Hoffmann die üblichen Gefilde verlässt und ein paar Tricks auspackt, die für diese Zeit sehr aus dem Rahmen fallen. Der Erzähler kommentiert nicht nur sein Leben, sondern greift auch auf den Film zurück, kommentiert die Bildinhalte, die Filmsprache an sich, gezeigte Metaphern et cetera. Ein Vorgriff auf die Postmoderne - noch vor der Nouvelle Vague.
Fazit
Der Film „Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull“ ist eine feine, flinke, langlebige aber nicht allzu tiefgreifende Komödie, die charmant unterhält, teils gar stilistisch überrascht und darstellerisch begeistert. Inhaltlich wird bemerkbar, dass der Film einige Jahre auf dem Buckel hat, sodass die Geschichte um den Kriminellen mit einem kleinen Zeigefinger aufhört, den der Zuschauer aber niemandem wirklich abkaufen kann. Dafür hat der Film selbst viel zu viel Spaß mit seinen Figuren.
Autor: Levin Günther