Inhalt
Die bildhübsche Alexa ist mit dem 30 Jahre älteren Millionär Ronald verheiratet, zieht intime Beziehungen aber lieber zu jüngeren, agileren Liebhabern vor. Was ihrem Ehemann nicht lange verborgen bleibt. Zunächst scheint er sich mit diesem Umstand fast arrangiert zu haben, doch am Ende obsiegt der gekränkte Stolz. In einer Strandvilla lauert er ihr und ihrem aktuellen Lover auf und hat da schon eine Kleinigkeit vorbereitet…
Kritik
Die Findungsphase des nie ganz dogmatisch definierten Genres des Giallo schien 1971 eigentlich schon abgeschlossen, trotzdem kamen immer noch unschlüssige Grenzgänger daher. Gerne aufgenommen, wenn sie sich denn individuell und kreativ über dem inzwischen etablierten Serienkiller-Einerlei abhoben (z.B. Malastrana oder Liebe und Tod im Garten der Götter), aber dafür bedurfte es schon einer gewissen Qualität. Rausch der Sinne (nur einer der vielen Alternativtitel, als da wären Bitterer Whisky, 2 Masks for Alexa oder Due Maschi per Alexa. Im Original: Fieras sin jaula) fällt eindeutig noch in die erste Generation des Giallo, als mehr mit den Möglichkeiten und Grenzen experimentiert wurde, bevor sich alle dem Trend mehr oder weniger einheitlichen anschlossen. Was ihn per se schon interessant macht und speziell der Beginn untermauert das zusätzlich.
Während die liebestolle Alexa (die Giallo-erprobte, freizügige Rosalba Neri, Das Schloss der blauen Vögel) sich von ihrem aktuellem Boy-Toy Pietro (Juan Luis Galiardo, La Chispa de la Vida) am Strand die Nippel steif nuckeln lässt, bereitet ihr gehörnter, 30 Jahre ältere und millionenschwere Gatte Ronald (Curd Jürgens, Nikolaus und Alexandra) bereits den vernichtenden Gegenschlag vor. Dringt vor ihnen in das gemeinsame Liebesnest – eine abgelegene Villa -, präpariert hier und da. Wartet, bis die Mäuse in der Falle sind, bevor er sie genüsslich zuschnappen lässt. Der Beginn eines hochspannenden, perfiden Thrillers. So könnte, so sollte man meinen. Allerding führt man etwas ganz anderes im Schilde. Der spanischen Regisseur Juan Logar (Trasplante de un cerebro) verzichtet nicht nur auf das im Sub-Genre oft übliche Whodunnit-Konzept, er ist darüber hinaus auch überhaupt nicht an dem Kreieren von Spannung interessiert. Sehr bewusst. Denn Rausch der Sinne verbindet eher Elemente des psychologisch angehauchten Kammerspiels mit Beziehungstragödie.
Nach dem überraschenden, etwas skurrilen, aber dadurch in der Prämisse reizvollen wie individuellen Auftakt, verläuft sich das Geschehen leider viel zu sehr in lähmenden Rückblenden, die die Entwicklungen bis zu diesem Zeitpunkt rekapitulieren. Wobei dies durchaus auch interessant sein könnte, hierbei stehen dem jedoch eine zu plumpe Charakterisierung, Narration auf Soap-Niveau und auch das überschaubare Talent der Darsteller im Weg. Der stolze, fast erhabene Curd Jürgens selbstverständlich ausgenommen, der hebt sich weit über den Rest ab. An seiner Seite wird allerdings noch deutlicher, wie wenig z.B. eine Rosalba Neri zu gebrauchen ist, wenn sie nicht nur auf ihr Äußeres reduziert wird. Dabei soll ja gerade dieser Part dem Ganzen Profil verleihen, das Geschehen und besonders das Ende mit dem notwendigen, dramaturgischen Unterbau versorgen. Daran scheitert der Film massiv. Überhaupt ist das angepeilte, gehobene Niveau eindeutig das Problem. Am liebsten wäre Rausch der Sinne nämlich Arthouse-Kino, versteht sich sicherlich auch als solches. Der Gedankengang dahinter ist deutlich zu erkennen und es könnte sogar richtig gut funktionieren, wenn da nicht diese unüberbrückbare Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit wäre. Richtig angepackt wäre tatsächlich ein bemerkenswerter Film und Geheimtipp möglich gewesen, so bleibt es bei einem desorientierten Versuch.
Fazit
Schade. „Rausch der Sinne“ hebt sich theoretisch deutlich vom Giallo-Durchschnitt ab, eben weil er vermutlich gar nicht zwingend als solcher interpretiert werden möchte, kann aber seinen höher gesteckten Zielen keinesfalls gerecht werden. Heraus kommt ein unfreiwilliges Muli, das weder als Genre-noch Arthousefilm richtig funktioniert. Ideen und Ansätze sind vorhanden und in Momentaufnahmen erschließt sich absolut die angepeilte Intention. Nur verbleibt es bei dem Vorhaben. Ein klarer Fall von überambitioniert.
Autor: Jacko Kunze