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Zu Beginn von "Dunkirk" sind Hunderttausende britischer und alliierter Truppen vom Feind eingeschlossen. Am Strand von Dünkirchen haben sie sich bis ans Meer zurückgezogen - und befinden sich in einer ausweglosen Situation.
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Quelle: themoviedb.org

Kritik

Wenn man Regisseur Christophler Nolan (The Prestige) Eines zu Gute halten kann, dann ist das cineastischer Entdeckungsgeist. Ob es nun in die Tiefen der Psyche und des Unterbewusstseins oder gar in die Tiefen des Weltraums geht, Nolan scheint sich mit jedem neuen Film einen Schritt in unerforschte Regionen vorzunehmen, den er anschließend mit seiner ganz eigenen monumentalen Inszenierungs-Note würzt. Ob Batman, Inception oder Interstellar, in Sachen Technik und Audiovisualität versucht Nolan immer etwas Großes zu fabrizieren, einen Schritt weiter als die anderen Vertreter seines Faches zu gehen und dem Publikum etwas zu bieten, was Sie vorher in dieser Art noch nicht gesehen haben. Und auch der für Nolans Verhältnisse fast schon minimalistische Kriegsfilm Dunkirk (hier bleiben wir ausnahmsweise mal auf der Erde und bewegen uns in einem Laufzeitbogen von unter 140 Minuten) will diese bisher ungesehenen (inszenatorischen) Regionen beschreiten. Herausgekommen ist eine technische Meisterleistung, die, nolantypisch, in Sachen Emotionalität und Figurenzeichnung aber nicht gänzlich befriedigen kann.

Bei Nolan steht das Spektakel oftmals vor der Erzählung. Und selbst wenn der Regisseur ein Auge auf das Narrativ eines Films legt, geht es oftmals eher darum,  Zuschauererwartungen zu unterlaufen als wirklich eine emotionale Bindung herzustellen. Dunkirk ist in diesem Sinne unverkennbar ein Nolan-Film: die Evakuierung von 400.000 eingekesselten Soldaten am Strand von Dünkirchen im zweiten Weltkrieg wird emotional auf das Nötigste reduziert und kommt primär als technisches Spektakel daher. Mit Ausnahme einer Texttafel gibt es hier weder eine Einführung in die Geschichte noch die Figuren. Dunkirk wirft den Zuschauer von der ersten bis letzten Minute mitten ins Geschehen und lässt dabei kaum eine Minute zum Verschnaufen Zeit. Was daraus resultiert erinnert fast schon an eine historische Version von Mad Max: Fury Road, indem die simple Rahmung des Films nur dazu herhält ein Feuerwerk an technischer Brillanz auf der Leinwand abzufeuern.

Und diese technische und audiovisuelle Brillanz erreicht Nolan gekonnt. Auf inszenatorischer Seite liegt es hier nicht fern von einer Meisterleistung zu sprechen. Dunkirk sieht unheimlich gut aus, strotzt nur so vor visuell beeindruckenden, beinahe surrealistischen Einstellungen und überfällt den Zuschauer mit einer Intensität, die einen erbarmungslos in den Kinosessel drückt. Vervollständigt wird dies durch den grandiosen Soundtrack von Hans Zimmer, der gekonnt dazu beiträgt, dass Dunkirk dieses essentielle Dringlichkeitsgefühl niemals abgeht und dem Film, trotz fehlender Verschnaufspausen, niemals die Luft ausgeht. Die Nutzung von so wenig CGI wie möglich sowie Originalmaterialien formt die Wirkung des Films zudem unheimlich realistisch. Ob die Weiten des Meeres, des Strandes oder der Lüfte, stets fühlt man sich als Zuschauer mitten ins apokalyptische Geschehen geworfen. Heruntergeklappte Kiefer sind hier garantiert.

Doch nicht nur inszenatorisch und technisch, auch narrativ zeigt Nolan Ehrgeiz. Die Geschichte um die Evakuierung wird in Dunkirk mit Hilfe dreier Perspektiven erzählt (zu Land, zu Wasser und in der Luft), die jeweils auf verschiedenen Zeitebenen spielen. Wo die Ereignisse an Land eine ganze Woche umfassen, liegen die Geschehnisse in der Luft bei nur einer Stunde, was dazu führt, dass viele Szenen, die im fertigen Film aufeinander folgen, zeitlich gänzlich unterschiedlicher Natur sind. Manche Momente des Films werden daher gar mehrfach besucht und aus unterschiedlichen Blickwinkeln dargestellt. Das sorgt innerhalb des Films für eine sehr interessante Dynamik, die viele Momente sogar noch etwas intensiver formt und gerade in schnittechnischer Hinsicht beeindruckt (obwohl es sich hier nichtsdestotrotz offenkundig nur um ein nolantypisches Gimmick handelt). Kamera, Regie, Schnitt und Musik sollten sich definitiv Oscarhoffnungen machen. 

Doch nicht alles an Dunkirk funktioniert. Und das hängt (wie bei vielen von Nolans Filmen) vor allem mit der emotionalen Note des Films zusammen. Zwar mag die Reduzierung der Charaktermotivationen auf ein einfaches „Wir wollen hier raus“ im Kontext des Films durchaus aufgehen (Hintergründe oder gar Namen der Soldaten erfährt man so gut wie gar nicht), allerdings schafft es Nolan zum Schluss dann doch nicht, sich komplett von einer emotionalen Figurenzeichnung zu lösen. Konsequenz ist ein ziemlich schmalziger Abschluss, der weniger die realistische, apokalyptische Seite des Krieges in den Fokus rückt (so wie es der Rest des Films tut), sondern Bilder und Reden voller Glorie und Pathos. Außerdem verzettelt sich der Film beim Einsatz einer Figur total, die zum Schluss offenkundig nur dazu herhält, eine emotionale Reaktion beim Zuschauer hervorzurufen und daher reichlich forciert und unnötig wirkt. Nolan bleibt seinen Stärken und Schwächen also auch in Dunkirk konsequent treu.

Fazit

In puncto Technik und Inszenierung gelingt Christopher Nolan mit „Dunkirk“ eine wahre Meisterleistung. Brillant gedreht, musikalisch grandios unterlegt und narrativ einfallsreich, wirft der Regisseur den Zuschauer mit erbarmungsloser Intensität in die Ereignisse rund um die Evakuierung aus Dünkirchen im Jahr 1940. Doch wo Nolan all seinen inszenatorischen Stärken treu bleibt und diese konsequent weiterentwickelt, übernimmt er auch seine erzählerischen Schwächen. So wirkt der Film gerade bei der Figurenzeichnung und der emotionalen Note etwas forciert, was das Gesamtbild des Films gerade zum Ende hin trübt. „Dunkirk“ wird so primär zu einem sensorischen Erlebnis im Stil eines „Mad Max: Fury Road“, das den Zuschauer mit einer außergewöhnlichen Dringlichkeit und Unmittelbarkeit für 107 Minuten fesseln und mitreißen darf, das aber vielleicht auf jegliche Form von gewollter Emotionalität hätte verzichten sollen.

Kritik: Thomas Söcker

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