Inhalt
Jimbo Farrer, Programmierer-Genie und Ziehsohn des Multimilliardärs Killian, fahndet mit Hilfe eines speziell designten Online-Computerspiels nach hochbegabten Jugendlichen, mit außergewöhnlichen Fähigkeiten. Nach mehreren Jahren ergebnisloser Suche erreichen plötzlich fünf Jugendliche am selben Tag den höchsten, eigentlich unerreichbaren, Level des Spiels und wecken damit Jimbos Interesse. Nach und nach sucht er die Teenager auf und wirbt sie für ein Programm an der Killian University an, um ihnen (still und heimlich) bei der Kontrolle ihrer Fähigkeiten zu helfen und sie gleichzeitig im Auge behalten zu können. Nach einer brutalen Attacke im New Yorker Central Park, bei welcher einer der Teenager schwer verletzt wird, beschließen die übrigen vier Hochbegabten jedoch ihre Wut und Enttäuschung, mit Hilfe ihrer besonderen Begabung, an der Welt auszulassen. Jimbo bildet dabei, hin und her gerissen zwischen Ablehnung und Identifikation, die letzte Bastion für die Menschheit.
Kritik
Wunderkinder unter sich
Das Genre der (erwachsenen) Animationsfilme eignet sich seit jeher ausgesprochen gut dafür, stilistisch abgehobene Zukunftsfantasien und düstere (Weltuntergangs-)Utopien auf die große Leinwand zu zaubern. Seien es die sensationellen Anime-Beiträge „Akira“, „Appleseed“ und „Ghost in the Shell“, die abgedrehte nordeuropäische Co-Produktion „Metropia“ oder der durchgestylte französische Endzeit-Thriller „Renaissance“, um nur einige namhafte Beispiele zu nennen. Sie alle verbindet eine phänomenale Optik, ein eher pessimistischer Blick auf die Zukunft der Menschheit und eine fantastische Ideenvielfalt, die in einem Realfilm sicherlich nur schwer im selben Ausmaß und in derselben Intensität umsetzbar gewesen wäre. Auch die französisch britische Gemeinschaftsproduktion „The Prodigies“ von Antoine Charreyron, Alexandre de la Patellière und Mathieu Delaporte, schlägt stilistisch und handlungstechnisch beinahe exakt in dieselbe Kerbe, ohne jedoch die Qualität ihrer offensichtlichen Vorbilder zu erreichen.
Für das Drehbuch von „The Prodigies“ (was so viel bedeutet wie Wunderkinder), den neuesten Beitrag zum Genre der SciFi-Animations-Thriller, zeichnen sich die beiden Franzosen Alexandre de la Patellière und Mathieu Delaporte verantwortlich, die anno 2006 auch den bereits zuvor genannten „Renaissance“ ersonnen haben. Mit diesem interessanten und animationstechnisch bestechenden Streifen lässt sich „The Prodigies“ wohl auch am ehesten vergleichen, wobei dem versierten Zuschauer ferner gewisse Ähnlichkeiten mit dem, ein Jahr später erschienenen, serbischen Animationsthriller„Film Noir“ und der Kurzfilmsammlung „Animatrix“ ins Auge stechen dürften. Dies gilt sowohl für die Animationsausarbeitung an sich als auch für die vermittelte, düstere Grundstimmung und die, in gedeckten Farben präsentierte, höchst intensive Optik. Sowohl die toll animierten Actionszenen, als auch die fließenden Bildübergänge und die gut gewählten Kameraperspektiven – vor allem in jenen Sequenzen in denen die Fähigkeiten der Wunderkinder zum Einsatz kommen und sie quasi die Monster in sich entfesseln – überzeugen auf ganzer Linie und bedingen eine Dynamik, von der sich so manche Hollywood-Produktion eine Scheibe abschneiden könnte. In diesen stark inszenierten und musikalisch toll untermalten Momenten entfaltet der Film folglich sein volles Potential.
Diese Punkte werden aber, von einem Umsatz maximierenden Schachzug, der bei näherer Betrachtung völlig überflüssig und deplatziert wirkt, getrübt. Um mit der Zeit zu gehen, hat man „The Prodigies“ nämlich zwanghaft den Stempel 3D aufgepresst, der wie so oft in letzter Zeit keinerlei Mehrwert bringt, falsche Erwartungen beim Publikum weckt und höchstens für dunkle Bilder und schmerzende Köpfe sorgt. Verstärkend hinzu kommt, dass auch die Story, im krassen Gegensatz zu Inszenierung und Umsetzung, mehr als nur gewöhnlich und vorhersehbar von der Leinwand trieft. Leicht erkennbare Bösewichte, vorhersehbare Handlungsentwicklungen und eine höchst unspektakuläre Auflösung der Geschichte machen es dem Zuschauer viel zu einfach gedanklich auf Durchzug zu schalten und sich lediglich von den sensationellen Bildern mitreißen zu lassen. Außerdem wirkt auch die Ausarbeitung der einzelnen Figuren kühl und unfertig, beinahe videospielartig, wodurch alle Charaktere blass und austauschbar bleiben und folglich eine Identifikation mit ihnen erschwert wird. Zum Vergleich: In Hironobu Sakaguchis „Final Fantasy“ sah man bereits im Jahr 2001 weitaus realistischere Emotionen über animierte Gesichter huschen.
Fazit
„The Prodigies“ ist ein äußerst interessanter Animationsstreifen, der vor allem durch seine stylische Optik, dynamische Umsetzung und ungewöhnlichen Actionsszenen überzeugen kann und Erinnerungen an das Anime Spin Off der Matrix Trilogie „Animatrix“ und den britisch-französischen Animationsthriller „Renaissance“ aufkommen lässt. Leider krankt der Film an einer vernachlässigbaren Handlung, emotionsarmen Charakteren und einer eher unnötigen Dreidimensionalisierung.
Autor: Christoph Uitz