3.7

MB-Kritik

Die Agentin 2019

Action, Mystery, Drama, Thriller

3.7

Diane Kruger
Martin Freeman
Cas Anvar
Rotem Keinan
Lana Ettinger
Yoav Levi
Yohanan Herson
Rita Bäde
Annette Atzpodien
Daniel Wandelt
Julia Schneider
Mohsen Azimi
Mehdi Mosadekpur
Gal Friedman
Ohad Knoller
Barnaby Metschurat

Inhalt

Über ein Jahr lang hat Mossad-Kontaktmann Thomas Hirsch nichts mehr von seiner Agentin Rachel gehört, als er plötzlich einen kryptischen Anruf von ihr erhält. Ihr Vater sei gestorben. Schon wieder. Dann legt sie auf. Sofort wird Thomas zu einem Krisentreffen beordert. Der Geheimdienst ist alarmiert, denn als ehemalige Mossad-Spionin verfügt Rachel über brisantes Wissen. Jahrelang hatte Thomas sie auf immer gefährlichere Missionen geschickt, bis sie sich in eine Zielperson verliebte. Jetzt soll Thomas herausfinden, ob Rachel eine Bedrohung für die Organisation darstellt, während er zugleich versucht, sie zu beschützen.

Kritik

Jeder Berlinale Wettbewerb hat ein inoffizielles Motto. Das waren bei der 63. Berlinale zum Beispiel Bärenfallen und bei der 65. Landschaft. Dieses Jahr ist es offenbar Hintergrundkommentar. Komplizierte Zusammenhänge szenisch umzusetzen war gestern. Viel einfacher ist doch, die Situation aus dem Off zu erklären. Besonders verlockend bei Filmen basierend auf Schriftwechseln wie By the Grace of God oder Romanen wie Out Stealing Horses und Yiftach Reicher Atirs The English Teacher. Die Vorlage zu Yuval Adlers (Bethlehem) Agenten-Soap sorgte vorab angeblich für Nervosität beim Mossad, der sich durch düpiert fühlte. Verständlich, denn wer nimmt einen Geheimdienst ernst, der Leute rekrutiert wie die Titelfigur?

Rachel (Diane Kruger, Aus dem Nichts) agiert den Großteil der unnötig verkomplizierten Handlung als wäre sie im falschen Film, nämlich Bad Spies. Warum ihr Ex-Kollege Thomas (Martin Freeman, Black Panther) sie als Spionage-Ass beschreibt, bleibt ein Rätsel - das einzige der spannungs- und ereignisarmen Chose. Garantiert wird irgendwer in irgendwo zu dem im Wettbewerb völlig deplatzierten TV-Filmchen schreiben, Rachel sei eine „starke Frau“ (bizarre Formulierung, schon mal gelesen, ein Filmcharakter sei ein „starker Mann“?). Dabei ist sie ein wandelndes Argument gegen Agentinnen. Die verfallen dem erstbesten Geschäftsmann (Cas Anvar, Raum), den sie aushorchen sollen, werden schwanger, werden beim illegalen Abtreibungsversuch erwischt und sind hinterm Steuer miserabel. 

Während Männer sich kloppen, ist Rachel Grabschern genauso hilflos ausgeliefert wie Fremdsprachen. Die Synopsis sag ihr Vielsprachigkeit nach, aber Rachel ist dauernd ahnungslos, auch was das Agentendasein angeht. Wenn beim Einsatz eine Unschuldige stirbt oder ihr Liebster aus den Nachrichten übersetzt, dass Bomben auch Menschen treffen, fällt sie aus allen Wolken. Die Top-Agentin reagiert mit Nervenzusammenbruch, Heulen, sich die Klamotten runterreißen wollen und beruhigt sich nur dank ihres herbeigeeilten männlichen Retters. Krugers flache Verkörperung dieser unfreiwilligen Parodie nervt besonders, da die Kamera an ihr klebt. Interessanteres als diese Personifikation von Inkompetenz gibt es in der faden Story auch nicht zu filmen.

Fazit

Möglich, dass Yiftach Reicher Atirs Romanvorlage auf nervenzerfetzenden Ereignissen aus seiner eigenen Geheimdienstzeit basiert. Auf der Leinwand ist davon nichts zu sehen. Stattdessen verwandeln ungelenke Expositionsdialoge und Hintergrundkommentare den Kino- in einen Schlafsaal. Aus dem Off werden die Anforderungen des Lebens unter falscher Identität mit Küchenpsychologie erläutert. Die überforderte Schauspielriege darf in der Zwischenzeit Anspruchsloses machen: im Café sitzen, über den Markt schlendern oder, falls das alles zu aufregend ist, der Klassiker: mit vagem Blick schauen.

Autor: Lida Bach
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