Inhalt
EIN GAUNER & GENTLEMAN erzählt die unglaubliche und wahre Geschichte des 70-jährigen Gentleman Forrest Tucker (Robert Redford): Trotz seines hohen Alters wird er nicht müde, eine Bank nach der nächsten auszurauben. Insgesamt saß er schon 17 mal im Gefängnis, doch jedes Mal gelang ihm die Flucht. Zusammen mit einer kleinen Gang lässt ihn auch mit über 70 Jahren seine Leidenschaft nicht los. Auf der Flucht vor der Polizei, die wieder einmal hinter ihm her ist, trifft er zufällig die Liebe seines Lebens Jewel (Sissy Spacek), die trotz seiner ungewöhnlichen Passion zu ihm hält ...
Kritik
Wenn Forrest Tucker – besonders in seiner Hochzeit in den 80er Jahren - eine Bank ausraubte, dann konnten sich die Angestellten wahrlich nicht an seine Waffe erinnern, dafür aber an sein charmantes Lächeln sowie seine stets sehr höfliche und adrette Art: Eben Ein Gauner & Gentleman. Kein Wunder also, dass - nachdem Produzenten Jeremy Steckler den eindringlichen The New Yorker Artikel The Old Man & the Gun aus dem Jahre 2003 von Journalist und Autor David Grann entdeckte - vor allem ein Schauspieler für die Verkörperung des ungewöhnlichen Forrest Tucker in Frage kam: Robert Redford. Es sollte sein letzter Leinwandauftritt werden und gemeinsam mit Regisseur David Lowery (A Ghost Story) gar eine Hommage an seine Karriere sowie das Kino der 80er Jahre. Ruhig, besonnen, unaufgeregt und amüsant, sollte der letzte große Coup der „Over-the-Hill-Gang“ und ihrer Suche nach Reichtum erzählt werden. Herausgekommen ist indes ein kurzweiliges Portrait eines Gauners aus Leidenschaft, welches an vielen Stellen dann doch etwas zu handzahm daherkommt, dafür aber Robert Redford einen Abschied gewährt, der einen gleichsam zufrieden und traurig stimmt.
Und ja, nimmt man Ein Gauner & Gentleman mit seinem Kern einmal im Detail auseinander, bleibt nicht viel mehr übrig als ein recht oberflächliches Porträt eines faszinierenden Gauners, der noch lange nicht in Rente gehen wollte. Der Kick eines Überfalls war sein Leben geworden. Die Gefängnisausbrüche – immerhin 18 an der Zahl (12 mal ist es gar misslungen) – seine Pointe, während Liebe, Freundschaft und ein normales Leben unmöglich geworden sind. Der charmante Stil war es vor allem, den Forrest Tucker auszeichnete. Die Romantisierung seiner Verbrechen ist natürlich in Ein Gauner und Gentleman eines der zentralen Motive, sodass die eigentliche Figur hinter dem Lächeln kaum spürbar wird. Dies ist insofern schade, da sich Regisseur David Lowery etwas zu sehr auf seinen famosen Hauptdarsteller und dessen Reputation ausruht. Dies wird vor allem an den Nebenfiguren deutlich: Wo Gangster-Kollege Tom Waits noch vorwärtsgewandt immer die richtigen Fragen stellen darf, wird Danny Glover zum reinen Stichwortgeber. Die offene und freundliche Sissy Spacek hingegen bringt zumindest etwas Bodenhaftung in die Story. Für Casey Affleck aber wird seine Rolle des Familientreuen wie etwas vom Leben gebrochenen John Hunt zur Tortur: Nur selten bleibt etwas vom eigentlichen Krimi-Stück im Hintergrund hängen. Menschlich hingegen sind beide Figuren dafür gut miteinander verbunden, wodurch eine einmalige Begegnung der beiden zum absoluten Highlight des Filmes wird.
Das schlussendlich Ein Gauner & Gentleman dann doch so gut funktioniert, liegt natürlich vor allem an Robert Redford selbst. Denn abseits bekannter Genre-Konventionen und einer gewissen Oberflächlichkeit und Romantisierung, verkörpert er die Figur des Forrest Tucker mit einer gar schon spielerischen Leichtigkeit. Kein Wunder: Seine Rolle scheint wie eine Mischung aus Johnny Hooker (Der Clou) und The Sundance Kid (Zwei Banditen). Interessiert am Abenteuer, stets mit einem inneren Lächeln und adrett, darf er gefühlt noch einmal einige seiner Highlights seiner Karriere Revue passieren lassen. Und nicht nur dies: Auch Regisseur David Lowery ist sich dessen bewusst und inszeniert seine Bilder genau so, sodass an vielen Stellen der Zuschauer in eine Zeitmaschine gesteckt wird – sogar passend mit Szenen und Bildern eines jüngeren Robert Redford. So füllt sich der Film am Ende mit Gangster-Elementen, etwas Western-Gefühl, ein wenig Krimi sowie eben einem Anti-Helden, der im Gedächtnis bleibt. Der Zeitsprung in die 80er Jahre funktioniert somit nicht nur inszenatorisch, sondern auch stilistisch und präsentiert lockere und kurzweilige Unterhaltung. Eben ein fulminanter Abschluss mit einem rauchigen wie klassischen Abgang in der Note.
Fazit
Im Kern erzählt "Ein Gauner & Gentleman" eine gar schon klassische und konventionelle Gangster-Geschichte, die durch seine unaufgeregte und manchmal oberflächliche Art nicht jedem gefallen wird und auch nicht viel Neues dem Genre hinzufügt. Doch abseits des stilistischen Zeitsprungs, offenbart uns David Lowery neben einer spannenden realen Persönlichkeit auch ein grandioses Abschluss-Meisterwerk für Robert Redford. Noch einmal darf er charmant, lächelnd und energisch seine Magie auf die Leinwand zaubern. Noch einmal darf der Zuschauer in Erinnerungen schwelgen. Allein dafür lohnt sich der Gang ins Kino.
Autor: Thomas Repenning