Inhalt
London im Jahr 1880: Im heruntergekommenen Bezirk Limehouse treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der auf besonders brutale Art vorgeht. An den Tatorten hinterlässt er mit dem Blut seiner Opfer geschriebene Botschaften, die in lateinischer Sprache verfasst sind. Die Taten sind derart grausam, dass viele Menschen annehmen, sie wären von einem mystischen Wesen verübt worden: dem Golem, einer aus Lehm geformten Kreatur der jüdischen Literatur. Inspektor John Kildare soll den Fall lösen und dafür sorgen, dass wieder Ruhe unter der Bevölkerung einkehrt. Seine Ermittlungen führen ihn in den Dunstkreis des schillernden Dan Leno, der eine in Limehouse äußerst beliebte Music Hall leitet. Außerdem stellt sich ihm die Frage, wie Lenos Schauspiel-Kollegin Elizabeth Cree, die ihren Mann vergiftet haben soll, in die Vorfälle verwickelt sein könnte. Als er auf eine heiße Spur stößt, wird der Ermittler selbst immer tiefer in den spektakulären Fall gezogen...
Kritik
„Es gibt eine feine Grenze zwischen Tragik und Komik“, heißt es in Juan Carlos Medinas englischsprachigem Kinodebüt. Zu dumm, dass weder der Regisseur noch Drehbuchschreiberin Jane Goldman Gespür für diese Gratwanderung zeigen. Und zu unfreiwillig komisch für einen schrillen Gothic-Slasher, der sich mit einem Potpourri historischer Statisten und Querverweise enorm clever, spannend und sozialkritisch vorkommt. Richtig kurios wird es, wenn die Autorin des chauvinistischen Kingsman mit einer „starken Heldin“ punkten will, aber stattdessen mit Elizabeth (Olivia Cooke) eine Horrorkarikatur verzapft. Ambitionierte Frauen? Alle Monster! Falls jetzt jemand denkt: „Spoiler! Jetzt ist doch klar, wo der Plot hingeht“: Das weiß fast jeder nach der ersten Viertelstunde.
Die übrigen Kinozuschauer sind vermutlich wie einige der Kritikerkollegen eingenickt, betäubt von den verworrenen Fantasieepisoden und unzähligen falschen Fährten. Zweite sind zu aberwitzig, um den Leichtgläubigsten hinters Licht zu führen. Ist vielleicht Rauschebart Karl Marx der titelgebende Serienmörder? Oder Elizabeths Mentor Dan Leno (Douglas Booth)? Der früh verstorbene Drag-Star hätte immerhin Grund, sauer zu sein, stand er doch im Zentrum von Peter Ackroyds Buchvorlage. Jetzt spielt die ersten Geige Bill Nighys Inspektor Kildaire, die zweite Elizabeth, die dritte ihr Gatte (Sam Reid). Leno ist höchstens die Triangel. Mehr Präsenz wäre allerdings eher eine Strafe in der filmischen Kakophonie, deren inszenatorischen Missgriffe sich kaum zählen lassen.
Nur einige der knallköpfigsten Patzer: Während Elizabeths todtragischer Kindheit erscheint ein bestimmter Statist. Handlungsjahrzehnte später sitzt der gleiche Statist im gleichen Kostüm an gleicher Stelle und ist keinen Tag älter. In der Haft ist Elizabeth perfekt gestylt, legt die Füße hoch und studiert eine Klatschzeitung. Verdächtige Blutspuren sind Wochen später taufrisch. Marx und George Kissinger lümmeln in der Bibliothek rum als gehörten sie zum Inventar. Haben die kein Zuhause? Bei einer Hinrichtung schreit ein Unautorisierter: „Stoooop!“ Alles hält inne, die Verurteilte steigt ungehindert vom Schafott und die Vollstreckung? Egal. Noch egaler ist die irrationale Auflösung der Schauermär, die nicht halb so erschreckt wie die billigen Kulissen.
Fazit
Der lächerlich hochtrabende und zugleich übelst hingeschluderte Jack-the-Ripper-Abklatsch spielt im Milieu der Burleske, ohne zu realisieren, dass er selbst kunstloses Schmierentheater ist. Darin fähige Akteure sehen zu müssen, macht die Pein noch peinlicher.
Autor: Lida Bach