Inhalt
Unsere Sonne ist im Begriff zu erfrieren. Der Stern verliert rasend schnell an Leuchtkraft und bedroht somit alles Leben auf der Erde. Nachdem die Icarus I scheinbar verloren ging, wurde eine zweite Mission gestartet, um der Sonne eine Bombe ins Zentrum zu schießen und ihr damit wieder die Batterien aufzuladen. Während die Crew mit den Widrigkeiten des Alls zu kämpfen haben, empfangen sie bei Erreichen des Merkurs ein lange verschollenes Signal – die Icarus I verweilt seit Jahren unweit des Sterns und birgt ein schreckliches Geheimnis...
Kritik
Mit solch unsterblichen SciFi-Werken wie Kubricks visuelles und mythologisches Meisterstück „2001 – Odysee im Weltraum“ oder dem melanochlischen Psychotrip „Solaris“ hatte die Nachwelt der Filmindustrie ein paar ordentliche Brocken im Weg liegen, die zu toppen es einer wahren Meisterleistung bedarf. Mit Danny Boyle als ausstrebendem Regisseur der Marke „unkonventionell“ könnte eine neue Variante des Weltall-Stoffes durchaus gelingen, wenn ein Feuerball wie unsere Sonne als Reiseziel auserwählt wird und dadurch eine Weltenrettergeschichte etabliert wird. Doch inwiefern ist das Vorhaben gelungen, und wie verkraftete der Film nun Boyles Ausflug in die Tiefen unseres Sonnensystems? Dass „Sunshine“ keine leichte Kost werden würde, ist alleine schon dem Umstand geschuldet, dass sich Danny Boyle persönlich des Films angenommen hatte. Noch seltsamer wird es, dass sich die Story ganz im Fahrwasser oben genannter Klassiker aufhielt und den Bogen gar weiter spannen wollte. Nun ist als Zwischenfazit aufzuführen, dass alleine diese Punkte gereicht hatten, dem Film vieles von der Faszination zu rauben, die er hätte inne haben können. Der reine Handlungsaufbau zieht sich zu wirr nach oben, bleibt zu vage im Aufbau und baut kleine Spannungsbögen auf, wo er keine gebraucht hätte. Zwar verspricht ein Defekt in der Ikarus II Spannung, verkommt aber durch das Herumgeheule des Verursachers zu einer nervigen Angelegenheit. Danach holt die Reparatur gerade wieder zur Wiedergutmachung aus, um dann durch weitere Vorkommnisse nur weiteres Chaos hervorzurufen. So werden letztlich so viele Baustellen eröffnet, die entweder im Sonnenfeuer verbrennen oder nur halbgar ausgearbeitet wurden. Wie übermotiviert Alex Garland als Drehbuchautor zu Werke gegangen war, zeigte sich demnach an allen Ecken und Kanten. Nicht nur, dass er „seinem“ Schiff mit aller Gewalt die Heimreise verwehren will (was er durch allerlei dubiose Einfälle auch irgendwann schafft), sondern dass die Anleihen an den Klassikern zu jeder Zeit erkennbar sind. Da reagiert der Schiffscomputer in Schlüsselszenen genauso verwegen wie sein berühmtes Konterfei HAL 9000, Mark Strong könnte in einem anderen Film auch Sam Neill alias Dr. Weir heißen, oder Physiker Capa „surft“ gar selbst (ähnlich wie einst Doolittle in „Dark Star“) als Anhängsel an die Bombe in die Sonne. Irgendwo sind immer irgendwelche Parallelen zu erkennen und verschleiern schnell die Sicht des Zuschauers auf einen eigenständigen Film. Das kommt dadurch zur Schau, wenn die anfängliche „2001“-Anleihe die der von „Event Horizon“ Platz macht, zwischendrin ein bisschen „Alien“ offenbart und mit überdimensionierten Bränden bzw. Effektszenen der Marke „grotesk überzeichnet“ sich einen Blockbuster-Anstrich anzueignen versucht. Einzig in diesem visuellen Stil kann Boyle ein paar Register ziehen, die dem ein oder anderen Klassiker in einem Remake eventuell gut zu Gesicht stünden. Die hochwertigen Bilder in ungewöhnlichen Kamerawinkeln können etwas Spannung erzeugen, und gar der verwaschene Anblick des vermeindlichen Bösewichtes hat etwas Unverwechselbares an sich. Leider unterstützt diese Art der Inszenierung den Eindruck, frischen Wind in alte Ideen pumpen zu wollen. Mitunter werden zu viele Schnitte angesetzt, wo die beabsichtigte Spannung durch ruhige Passagen besser unterstützt worden wären. Die Bildverfremdungen haben irgendwann ihren Zenit überschritten, so dass es letztlich keinen Spaß mehr macht, Gewackel oder Hang zum unkonventionellen Filmen über sich ergehen zu lassen. Leider trägt auch die Überladung des Drehbuchs dazu bei, dass besonders zum Finale hin die Schnitte die Zusammenführung der Elemente vollends zerhackstückeln. Auch die Figuren und die damit verbundene Schauspielerleistung kann man nur als deplatziert bezeichnen, da selbst die beabsichtigte Zickenschlacht nicht so richtig funktionieren will. Immer wieder stehen die Charaktere für sich selbst, ohne ihre Abhängigkeiten erkennen zu lassen, und letztlich scheint auch die Zwei-Klassen-Gesellschaft im Cast ordentlich durch. Zum einen können Cillian Murphy, Michelle Yeoh oder Mark Strong (mit Abstrichen aufgrund fehlender Leinwandpräsenz sowie totaler Bildverfremdung) eine routiniert gute Performance abliefern, was im schweren Kontrast zu manch anderen Akteuren steht, die leidlich versuchen, so ernst wie möglich dreinzublicken und dann doch wieder unfreiwillig komisch wirken.
Fazit
Sehr ambitioniert, sich der alten SciFi-Klassiker zu bedienen, war die Realisation von „Sunshine“ ganz bestimmt. Dennoch gerät der Streifen regelmäßig an den großen Vorbildern ins Hintertreffen, da die Geschichte keine wahre, erkennbare Linie aufzeigt und sich zu sehr inhaltliche Last aufhalst. Danny Boyles eigensinniger Filmstil sorgt ebenfalls dafür, dass das Werk einen zu chaotischen Eindruck hinterlässt, um erstens als gelungene Hommage oder zweitens als eigenständiges Werk durchzugehen.
Autor: Sascha Wuttke