Inhalt
Für ein Wochenende fahren Peter und Marcia an die australische Küste, fernab der Zivilisation - nur sie, das Meer, der weiße Strand und die Wildnis - ein Traum. Doch dieser wird sehr schnell zum Alptraum. Da es in ihrer Beziehung kriselt, verwandelt sich das ursprüngliche Paradies nach und nach zur leibhaftigen Hölle. Unheimliche Geräusche, dunkle Schatten im Meer und das bedrohliche Verhalten der Tiere steigert die innere Unruhe der beiden. Hysterisch beginnt Peter auf alles zu schießen, was sich bewegt. Marcia dreht durch und flüchtet mit dem Auto, um dem Wahnsinn zu entkommen, aber das undurchdringbare Dickicht gibt den Weg nicht frei. Verzweifelt versucht sie, zu Fuß weiterzukommen. Da fällt plötzlich ein Schuss...
Kritik
Obwohl Colin Eggleston’s „Long Weekend“ schon vor einigen Jahren durch den Remake-Fleischwolf gedreht wurde (auch nicht sonderlich erfolgreich), seinem eigenen Bekanntheitsgrad hat dies wenig geholfen. Bis heute ein weitestgehend unbekanntes und/oder vergessenes Kleinod des psychologischen Horrorfilms, das scheinbar zumindest ein Lars von Trier wohl schon öfter gesehen hat. Die Parallelen zu seinem „Antichrist“ sind eigentlich unübersehbar. Dort wie hier begibt sich ein Pärchen in die Wildnis, um ihre derangierte Beziehung zu kitten. Daraus entwickelt sich das pure Grauen. Wunden werden langsam, dafür schonungslos aufgerissen, die Selbstzerfleischung nimmt ihren Lauf und führt zum unausweichlichen Ende.
Als wäre das als Ansatz nicht schon reizvoll genug beschreitet „Long Weekend“ noch einen ganz anderen Weg. Hinter der augenscheinlich so wunderschönen, idyllischen Naturkulisse schlummert eine unsichtbare, subtile Bedrohung, die sich schon früh andeutet, dennoch nie gänzlich demaskiert. In wie weit diese tatsächlich als Ursprung und treibende Kraft für das folgende Geschehen verantwortlich gemacht werden kann, bleibt Auslegungs- und Interpretationssache. Passiert all dies wirklich oder manifestiert sich in den teils bizarren Momenten nur die angespannte, zwischenmenschliche Situation? Schlägt die Natur zurück oder sind es nur merkwürdige Zufälle, Einbildungen oder lediglich der Ausdruck psychischer Grenzerfahrungen? Eggleston beantwortet diese Frage bewusst nicht eindeutig und tut gut daran.
Als reiner 70er Öko-Horror – zu der Zeit ja eine gerne genutztes Thema – würde sich „Long Weekend“ lange nicht so eindrucksvoll und verstörend-beängstigend von der Maße abheben. Die typischen Ansätze sind alle vorhanden: Der Mensch als einziges, massiv fremd- und selbstzerstörerisches, rein auf sich bedachtes Element in einem sonst perfekt abgestimmten, homogenen System, das es auszurotten gilt, um das Gleichgewicht wieder herzustellen. Doch anstatt selbst aktiv zu werden muss die Natur sich nur an dem bedienen, was der Mensch in sich trägt. Es herauskitzeln, provozieren, ihm und seinem Wesen freien Lauf lassen, dann regelt und erledigt sich „das Problem“ von ganz allein.
Voller Symbolik und Methapern beschwört „Long Weekend“ so langsam wie bestätig ein beunruhigendes Szenario herauf, das sich gnadenlos hochschaukelt und mit so unheimlichen Momenten irritiert und verschreckt, wie sie es in dieser Form nur selten zu erleben gab. Was allein so grandiose, schauderhaft-eindringliche Soundarrangements bewirken können. Ohne sich durch eine finale, der Massenkompatibilität förderlichen Erklärung selbst seiner Faszination zu berauben, lässt einen „Long Weekend“ mit einem extrem beklemmenden Gefühl zurück. Man ist gerade Zeuge eines Kammerspiels auf weitem Raum geworden, das sich trotz aller geographischen Freiheiten wie eine kleine Gefängniszelle angefühlt hat. So unerklärlich und nicht greifbar wie ein Albtraum. Wenn das ein Horrorfilm schafft, hat er ja wohl alles richtig gemacht.
Fazit
Leider unterschätzter oder zumindest zu selten erwähnter Klassiker des intelligenten Horrorfilms. Wer sich lediglich auf den kurzen Genre-Kick freut, könnte leicht bis stark vor den Kopf gestoßen werden. Darauf sollte man eingestellt und vor allem offen für jedwede Interpretationen sein, dann dürfte einen "Long Weekend" noch länger beschäftigen.
Autor: Jacko Kunze