Inhalt
Dr. Mabuse wird sicher in einem Irrenhaus verwahrt. Dennoch spielen sich geheimnisvolle Überfälle ab, die an die Praktiken des genialen Verbrechers erinnern. Ausführendes Werkzeug ist die Gangsterbande um den snobistischen Mortimer. Den eigentlichen Chef der Bande kennt niemand. Seine Befehle erteilt er stets hinter einem Vorhang. Doch Inspektor Lohmann und sein Assistent Krüger sind der Bande schon auf der Spur und erkennen bald, dass Dr. Mabuse in der Irrenanstalt hypnotische Fähigkeiten entwickelt hat, die auch den mysteriösen Chef von Mortimers Bande beeinflussen.
Kritik
Mit Dr. Mabuse, der Spieler hat Fritz Lang im Jahre 1922 – basierend auf dem gleichnamigen Roman von Norbert Jacques – wahrlich ein Meisterwerk erschaffen: Nicht nur, dass der Film den Urtypus eines Superbösewichtes offenbart, auch mit Stil, Kamera sowie Inszenierung war der Stummfilm weit seiner Zeit voraus. Was folgt war der internationale Durchbruch von Fritz Lang, der somit unter anderem zeitlose Klassiker wie Die Nibelungen-Reihe, Metropolis, Spione sowie schlussendlich einen der ersten deutschen Tonfilme M - Eine Stadt sucht einen Mörder. Letzterer warf indes Fragen von Moral auf und entschleierte die Fratze der verkommenden Weimarer Republik sowie das Emporsteigen des Nationalsozialismus: „Diese Bestie hat kein Recht zu existieren, die muss ausgerottet werden.“. Während so die Kriegshysterie immer mehr in Deutschland zunahm und auch Fritz Lang dies deutlich zu spüren bekam, entschied er sich dennoch eine Fortsetzung von Dr. Mabuse zu drehen, wobei er sogar Norbert Jacques selbst dazu anregte, einen weiteren Roman zu schreiben und diesen erst nach der Verfilmung zu veröffentlichen. Das Testament des Dr. Mabuse war geboren.
Als Tonfilm konzipiert, hatte unterdessen Fritz Lang gleich von Beginn an verschiedene Motive und Ideen im Kopf (leider sind einige Teile des Films im Laufe der Jahre aber verschollen), die den Film in mehrfacher Weise besonders machen und auszeichnen: Während gerade Mabuse und sein entworfenes Transkript – welches er in Gefangenschaft schreibt und damit nicht ohne Grund an Mein Kampf von Adolf Hitler erinnert – als körperloses Wesen erscheint, was dazu aufruft die Herrschaft des Verbrechens zu erschaffen, erscheint sein Verbrechersyndikat wie eine Firma mit gesichtsloser Führung. Und somit hinterfragen die Handelnden auch niemals ihre Anweisungen oder bringen die Befehle in einen Kontext. Gehorsam, Terror und Macht sind die treibenden Beweggründe, die hier das kriminelle Netzwerk sichtbar machen. Eine Wahl gibt es dabei scheinbar nicht: Denn wenn zum Beispiel Thomas Kent (Gustav Diessl) seine Geschichte erzählt und fiebrig die Stimmung auf dem Arbeitsamt beschreibt und wie es ihn ins kriminelle Milieu getrieben hat, bekommt der Zuschauer an vielen Stellen eine Ahnung, wie es Anfang der 30er Jahre in Deutschland aussah. Dem gegenüber steht allerdings Inspector Karl Lohmann (hervorragend von Otto Wernicke gespielt), der als Urtypus eines markanten wie brachialen Kommissars unentwegt dem Mysterium von Mabuse hinterherjagt und sich Recht und Ordnung verschrieben hat.
„Verbrechen die niemandem Nutzen bringen, die nur den einen Sinn haben: Angst und Schrecken zu verbreiten!“
Während sich so Das Testament des Dr. Mabuse an vielen Stellen wie ein Kriminalfilm anfühlt, gibt es immer wieder glorreiche Momente, die regelrecht einen Krieg heraufbeschwören. Angst und Schrecken: Hier kann vor allem Fritz Lang mit seiner intensiven Inszenierung überzeugen. So zum Beispiel, wenn am Ende beispielsweise Thomas Kent gemeinsam mit seiner Liebe ums Überleben kämpft, eine komplette Chemiefabrik eindrucksvoll den Flammen zum Opfer fällt oder sich Inspector Karl Lohmann auf eine beispielslose Verfolgungsjagd begibt. Der Film bietet für seinen Jahrgang unglaubliche Schauwerte, die selbst heute noch beeindruckend sind. Gerade die rasante Auto-Jagd ist mit seinen surrealen Elementen ganz klar noch der expressionistischen Inszenierung zuzuzählen. Ansonsten gibt sich Das Testament des Dr. Mabuse aber durchaus ruhiger als sein Erstling, auch wenn bereits am Anfang scheinbar dramatische Szenen sowie Explosionen das Bild bestimmen. Und Dr. Mabuse? Nun, neben seinem Testament – oder eben der Anleitung für Terror, Chaos und Verbrechen – erscheint er wie ein Geist, der gleichsam den Zuschauer wie auch die Figuren heimsucht. Und wenn am Ende der schweigsame wie stoische Prof. Dr. Baum (Oscar Beregi Sr.) in der gleichen Zelle endet wie einst Dr. Mabuse, dann schließt sich ein Kreis der so beeindruckend wie erschreckend ist. Als Dr. Mabuse kann indes noch einmal – zumindest bei einigen wenigen Szenen - Rudolf Klein-Rogge brillieren, der noch einmal seinen irren Blick und die unglaublich intensiven Augen offenbart. Gänsehaut pur.
Am 29. März 1933 wurde schließlich Das Testament des Dr. Mabuse nach Zensurkarte verboten. Joseph Goebbels vermerkte dazu nüchtern in seinem Tagebuch: „Sehr aufregend. Aber kann nicht freigegeben werden. Anleitung zum Verbrechen“. Somit kamen deutsche Zuschauer erst im Jahre 1951 in den Genuss des Films. Ein zeitgeschichtliches Meisterwerk mit Brisanz, die selbst heute noch spürbar ist.
Fazit
"Das Testament des Dr. Mabuse" wirkt heute mehr wie ein klassischer Kriminalfilm als ein großangelegtes Epos über ein kriminelles Genie. Dies liegt wahrlich auch daran, dass es auch hier Fritz Lang erneut gelungen ist, viele Genretypische Elemente zu erfinden, zu definieren oder auszubauen. Doch auch abseits davon, ist der Film ein historisch wichtiges Meisterwerk: Neben dem Aufkommen des Nationalsozialismus, wird hier auch das blinde Gehorchen sowie die Verführung thematisiert. Schrecken und Angst mit Verbrechen ohne Sinn. Dies zusammen mit einer teils atemberaubenden Inszenierung, machen aus dem Film ein wichtiges Kulturgut.
Autor: Thomas Repenning