MB-Kritik

Was uns hält 2020

Drama

Alba Rohrwacher
Luigi Lo Cascio
Laura Morante
Silvio Orlando
Giovanna Mezzogiorno
Adriano Giannini
Linda Caridi
Giulia De Luca
Joshua Francesco Louis Cerciello
Sveva Esposito
Giovannino Esposito
Francesca De Sapio
Vito Vinci
Antonella Monetti
Adele Gallo
Ignazio Senatore

Inhalt

Neapel Anfang der 1980er Jahre. Aldo (Luigi Lo Cascio) hat gerade seine Kinder Anna und Sandro ins Bett gebracht und ihnen eine Gutenachtgeschichte erzählt. Nun steht er in der Küche neben seiner Frau Vanda (Alba Rohrwacher) und gesteht ihr, dass er sie betrogen hat. Vanda verliert den Boden unter den Füssen und weiß nicht, wie sie reagieren soll. Was bedeutet das für sie und die Kinder? Dreißig Jahre später sind Vanda und Aldo noch immer verheiratet…

Kritik

Bleiben oder gehen? Um diese rotiert Daniele Luchettis (Anni Felici - Barfuß durchs Leben) zermürbendes Ehedrama auf jeder Ebene. Der von „festhalten oder loslassen“- eine der Doppelbedeutungen des wohlgewählten, wenn auch wie alles an diesem elliptischen Exposé einer Mittelstandsehe einen Tick zu plakativen Titels - wohl auch für den Verleih, der nach vier Jahren doch einen Kinostart ansetzte. So steht nun das Saalpublikum vor der gleichen Entscheidung, wie die betrogene Familienmutter Vanda (Alba Rohrwacher, Finally Dawn) und ihr untreuer Gatte Aldo (Luigi Lo Cascio, Nowhere).

Der hat in der in den 80ern angesiedelten Zeitschiene eine Affäre mit seiner jungen, attraktiven Arbeitskollegin Lidia (Linda Caridi, Die letzte Nacht in Mailand), die nicht nur aufgrund ihrer unglaubhaften Hingabe an den Radio-Moderator nicht wie eine lebendige Persönlichkeit erscheint, sondern ein wandelnder Trigger des Konflikts zwischen den Hauptfiguren. Die sind selbst so klischeebelastet, das ihre Aktionen gerade in den tragischsten Momenten oft bizarr komödiantisch wirken. Insbesondere die emotional erpresserische, hysterisch selbstmitleidige Vanda rettet einzig Alba Rohrwachers grandiose Darbietung.

Letzte ist das fesselnde künstlerische Momentum eines Dramas, dessen patriarchalische Paradigmen es auch inszenatorisch in der Vergangenheit der Rückblenden verankern. Während Vanda die histrionische Hausfrau ist und Lidia das schöne Sexobjekt, ist Aldo der rückgratlose Möchtegern-Intellektuelle, dessen Unentschiedenheit das Dilemma provoziert. Die Frage, mit welcher Frau er alt wird, beantwortet früh die Rahmenhandlung, die den vermeintlichen Triumph als Pyrrhussieg untergräbt. Gewinner gibt es ohnehin nicht in der psychologisch pervertierten Partnerschaft zweier einander leidenschaftlich hassender.

Fazit

Also Bleiben oder gehen? Bei der Angetrauten, der Geliebten, den Kindern, dem Kater, in der Wohnung, im Kino? Die Antwort Daniele Luchettis effektiv strukturierten, mokant akzentuierten Familiendramas ist kurioserweise stets die Gleiche. Besser gar nicht erst kommen, aber ist man da, dann bleiben bis zum Schluss. Der setzt einen unerwarteten kraftvollen Schlusspunkt in einem absurden Trauerspiel, das ironischerweise an der gleichen Mutlosigkeit krankt wie seine Charaktere und wider besseren Wissens am Ideal der Institution festhält.

Autor: Lida Bach
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