Inhalt
Yoshii, ein junger Mann, der Waren online weiterverkauft, steht im Mittelpunkt einer Reihe mysteriöser Ereignisse, die sein Leben aufs Spiel setzen.
Kritik
„Bist du nicht einfach nur ungestüm, weil du jung bist, aus irgend so einem willkürlichen Drang heraus, besser dran zu sein als andere?“, fragt sein Vorgesetzter den ambitionierten Anti-Helden (Suda Masaki, Cube) des neusten Thrillers aus dem hyperproduktiven Hirn Kiyoshi Kurosawas (Chime). Der war schon immer exzellent im Kreieren surreal Szenarien und spukhafter Suspense, die sich ideal mit dem Titel eines seiner unterhaltsamsten Werke beschreiben lassen: Creepy. Genau die Atmosphäre weckt der erste Akt des dissonanten Diptychons.
Das beginnt mit einem klassischen Fall von Habgier und Hybris, wie aus einem der Films Noir, für die der Regisseur ein sein Œvre durchziehendes Faible hat. Der frustriert Fabrikarbeiter Yoshi Ryosuke will nach dem Vorbild eines Kumpels mit einem Online-Business materielle und professionell unabhängig werden. Dazu investiert er in Waren, die er profitabel weiterverkaufen will. Doch nicht nur seine Freundin Akiko (Furukawa Kotone, Pending Train) merkt schnell, dass die Business-Idee so mies ist wie die angebotenen Produkte.
Mit den Ramschartikeln macht sich „Ratel“, so Ryosukes Online-Nickname, schnell eine Menge Feinde. Die organisieren sich ihrerseits im Internet, dessen Funktion als Katalysator aufgestauter Mikroaggressionen ist der faszinierende Fokus einer Handlung, deren exorbitante Eskalation im actionlastigen zweiten Akt die aufgebaute Spannung erstickt statt krönend abzuschließen. Dabei streift die angesichts realer Episoden von Online-Vendetta wie die Jagd auf Luke Magnotta keineswegs so absurde Story die spannendsten Aspekte ihrer originellen Materie nur, um sich dem superlativen Spektakel hinzugeben.
Fazit
Eine Prise Noir-Fatalismus, makaberer Humor und ein bestechendes Gespür für die grotesken Grusel-Elemente einer zunehmend absurden Alltagsrealität: Kiyoshi Kurosawa charakteristisch maliziöser Mix aus Psychothriller, Geschäftssatire und Action ist ein Paradebeispiel seiner charakteristischen Stärken und Schwächen. Von der erfrischenden Exzentrizität bis zum Hang zu anstrengenden Action-Ausbrüchen. Suda Masaki ist mit seiner subtilen Soziopathie ein passend unsympathisches Ziel für den Zorn eines Mobs, dessen sozialpsychologische Profil das des Protagonisten spiegelt. Ein aberwitziger Sturz in Abgründe des Alltags.
Autor: Lida Bach