Inhalt
Mitte des 19.Jahrhunderts. Es ist noch genügend Platz in den wilden Bergen der Rocky Mountains - eine Herausforderung für Abenteurer, für Männer, die die Nase voll haben. Männer wie Jeremiah Johnson. Opfer schrecklicher Massaker der Indianer, gebrandmarkte, zurückgelassene Bewohner, der Trapper Del Gue und ein stummer Junge kreuzen seinen Weg. Als er die Tochter eines Häuptlings zur Frau nimmt, scheint die Idylle vollkommen - bis eine Armee-Patrouille erscheint und ihn um Hilfe bittet. Jeremiah kehrt nach einer gefährlichen Aktion zurück und findet Frau und Jungen tot. Erfüllt von Hass zieht er los, um unerbittlich Rache zu nehmen Jeremiah Johnson, der harte Abenteurer aus den Rocky Mountains, der aus Rache zum Indianer-Killer wurde. Superstar Robert Redford fasziniert und überzeugt in der Rolle des legendären Mountain Man.
Kritik
Sydney Pollack konnte sich für viele Klassiker verantwortlich zeigen, ob Die drei Tage des Condor, Der elektrische Reiter, Tootsie oder auch seinen größten Erfolg Jenseits von Afrika. Nur gehörte Pollack immer zu diesen Regisseure, die ein gar formidables Händchen dafür besaßen, Geschichten in ihrem ruhigen Aufbau adäquat zu inszenieren, ihnen aber nie einen solch charakteristischen Stempel aufdrücken konnte, der es dem Zuschauer leicht machen würde, einen seiner Filme problemlos als ein echtes Pollack-Werk zu identifizieren. Ist dies der künstlerischen Vielfältigkeit geschuldet oder liegt es dann doch eher daran, dass Pollack die Drehbücher zu seinen Produktionen nie selber verfasst hat, sondern ausschließlich auf die schöpferische Arbeit verschiedener Autoren zurückgriff? Überdurchschnittlich war seine Ägide nahezu immer, genau wie seine Auftritte vor der Kamera. Gerne, aber grundlos oft fällt in der Auflistung von Pollacks Sternstunden sein Western Jeremiah Johnson unter den Tisch.
Dass Jeremiah Johnson bis heute nicht den Weg in das Rampenlicht findet, ist gerade deshalb schade, weil Pollack und seine Drehbuchautoren John Milius und Edward Anhalt ein ungemein differenziertes Bild der Indianerstämme zeichnen und der Romanvorlage The Mountain Man von Vardis Fisher diesbezüglich treu geblieben sind, nicht aber Crow Killer von Raymond W. Thorp und Roberts Bunker, in dem Jeremiah Johnson nach seinem finalen Rachefeldzug auch noch zum Kannibalen wurde und die Lebern seiner Widersacher verspeist hat. Jeremiah Johnson steht für einen Wendepunkt innerhalb des Western-Genres, denn er lässt die heroischen Romantisierungen des Männerbildes im staubigen Wilden Westen hinter sich und eignet sich eine realistische und durchaus liberale Perspektive an. Jeremiah Johnson (Robert Redford, Ein Gauner und Gentleman) ist ein Mann, dessen klare Vergangenheit im Dunkeln verweilt und nur sein vorheriges Dasein als Soldat an den Hosen zu erkennen ist: Jeremiah Johnson ist ein Film, der sich in der Mitte des 19. Jahrhundert mit dem Hier und Jetzt beschäftigt.
Jeremiah gehört zu den Menschen, die ihre Existenz in der Zivilisation nicht mehr ertragen – Warum er sich in die Rocky Mountains zurückziehen möchte, bleibt unklar, wie er es tut, ist jedoch nicht frei von ironischen Zwischentönen. Und genau dieser Schritt ist es dann, der Jeremiah an einen Punkt bringt, an dem er akzeptieren muss, dass auch eine autarkes (Über-)Leben in den Weiten der unberührten Natur nicht gänzlich ohne Fremdhilfe zu bewerkstelligen ist, egal wie laut der Schrei nach Freiheit durch die Gehörgänge poltert. Vom exzellent bebilderten Survival-Abenteuer, in dem noch auf eigene, diplomatische und raffinierte Faust für die alltäglichen Mahlzeiten gesorgt werden muss, rutscht Jeremiah in die Rolle des Familienvaters wider Willen, lernt die Kulturen der Ureinwohner kennen und muss sich schließlich auch als Rächer wiederfinden, der seine Menschlichkeit aber nie unter den Bergen von Schnee vergräbt. Jeremiah Johnson ist eine Geschichte über den Aufbruch und die Kehrseite eines solchen, über einen Neuanfang, der Vergangenes immer wieder evoziert. Wenn der Abspann doch nur 10 Minuten früher eingesetzt hätte…
Fazit
Ein sträflich übergangener Western von Sydney Pollack. Sträflich deshalb, weil "Jeremiah Johnson" einen Werte- und Paradigmenwechsel innerhalb des Genres offenbart und nicht mehr in Verklärungen verweilt, sondern eine gleichermaßen wahre wie fiktive Geschichte über den Aufbruch und die Kehrseite eines solchen erzählt. Eindrucksvolle Landschaftsaufnahmen und ein gewohnt famoser Robert Redford in der Hauptrolle machen diesen Film zu einem bildgewaltigen wie einfühlsamen.
Autor: Pascal Reis