Wer den Namen Stephen King hört, muss zwangläufig an seinen Roman „Es“ denken. Vielleicht ist es sogar das bekannteste Werk des Autors, doch darüber kann man streiten. Der Roman selbst ist eine Abhandlung über Freundschaft, das Böse und wie Zusammenhalt über das Böse triumphiert. Eine tolle Geschichte über eine Gruppe von Freunden, welche zwar von der Gesellschaft nicht akzeptiert werden, jedoch einander so lieben, wie sie sind; eben ein „Club der Verlierer“. Nicht nur Hardcore King Fans werden zugeben müssen, dass er mit „Es“ einen Epos geschaffen hat, welcher seines gleichen sucht. Bei so einer Hammervorlage ist es natürlich nicht einfach, einen Film daraus zu drehen und den Fans gerecht zu werden. Ein weiteres Problem ist die Länge des Romans. „Es“ ist nämlich das zweitlängste Werk von Stephen King. Mit ca. 453000 Wörtern ein Mammutwerk. Wie soll man so eine komplexe Geschichte in nur einen Film stecken? Wo kürzt man? Worauf setzt man den Fokus? Schnell war klar, in nur 120 Minuten kann man die Geschichte einfach nicht erzählen.
Doch bringen lange Laufzeiten auch immer ein gewisses Risiko bei Kinofilmen mit sich. So wurde ein anderer Lösungsansatz gesucht. Es erschien als TV-Zweiteiler, häufig auch als Miniserie bezeichnet. Dies war insofern sinnvoll, da man in 180 Minuten viel mehr erzählen kann. Doch machen wir uns nichts vor. Die Romanvorlage bietet so viel mehr und Skepsis machte sich schnell unter den Fanboys breit. Kann eine TV-Verfilmung überhaupt die Qualität erreichen, welche dieses Werk verdient? Kann die Geschichte sinnvoll und logisch erklärt werden, ohne allzu viel wegzulassen? Wie kann man die fast schon kranke Phantasie von Stephen King überhaupt auf Film festhalten (besonders in Hinblick darauf, dass King hier viele Grenzen sprengt)?
Fragen über Fragen und arge Zweifel ließen Regisseur Tommy Lee Wallace jedoch kalt. Er nahm sich Es zur Brust und verfilmte den Roman, so gut es eben ging. Dies soll hier extra so stehen, da es selbst heute unglaublich schwierig wird, „Es“ vernünftig und angemessen zu verfilmen. Die komplexe Story mit diversen Zeitsprüngen, phantastischen Wesen und unwirklichen Realitäten bietet Material für eine mehrstündige Serie. Doch hat Wallace hier einen klasse Job gemacht. Die Story ist plausibel, beinhaltet die wichtigsten Aspekte und wurde an den richtigen Stellen gekürzt. Bevor dem Autor dieser Kritik nun an die Gurgel gegangen wird… Die Verfilmung von Es ist vergleichbar mit einem Torso. Nur die Personen sowie der Grundgedanke wurden wirklich übernommen. So viele Aspekte des Buches werden außen vor gelassen, sodass diese gar nicht mehr aufzählbar sind. Auch die gezeigten Szenen weichen arg von der Vorlage ab.
Doch versetzen wir uns in das Jahr 1990. Die Technik war noch nicht so weit wie heute. Viele Sachen galten als nicht umsetzbar. Des Weiteren handelte es sich um einen TV Film. Somit musste man die Gewalt in Grenzen halten. Das Buch selbst strotzt nur so von Gewalt, auch von Gewalt gegen Kinder. Dies zu zeigen war damals einfach nicht möglich. Bevor wir also in die eigentliche Kritik gehen, muss noch gesagt werden, dass diese sich ausschließlich auf die Verfilmung bezieht und kein Vergleich gezogen wird. Selbstverständlich sollte eher zum Buch gegriffen werden, um Es in seiner Gänze zu genießen.
Zurück also zu Tommy Lee Wallace. Er agierte nicht nur als Regisseur, sondern verfasste auch das Drehbuch. Und besonders hier lag die erste Hürde, welche Wallace überwinden musste. Wie kann man diese komplexe Geschichte überhaupt auf 3 Stunden verpacken? Wallace reduziert das Material aufs Wesentliche und fährt damit die richtige Schiene. Die Grundaspekte des Romans werden übernommen und sinnvoll auf Zelluloid gebannt. Dabei hat er unglaublich viel Material, was er verarbeiten muss. Dies gelingt ihm aber sehr gut. Auch hat es einen Vorteil; Es wird nie langweilig. Fast immer passiert irgendwas und über die 3 Stunden Laufzeit wird der Zuschauer gut unterhalten. Dies ist nicht die Regel. Zu oft schleichen sich Längen ein und man verliert die Lust. Hier ist dies etwas anders. Der böse Clown Pennywise ist allgegenwärtig und lauert den Protagonisten zu jeder Zeit auf. Er ist immer präsent.
Dies führt uns direkt zur Performance von Tim Curry als sadistischer Clown. Er spielt nicht nur gut, sondern herausragend. Man fragt sich heute noch, ob irgendjemand die Rolle so gut spielen könne wir Curry es getan hat. Auf ihm liegt der Fokus und mit seiner Darstellung überzeugt er selbst heute noch. Ein herrlich sprunghaftes Schauspiel zwischen kinderlieben Clown und kinderfressendes Monster. Gerade ist man noch geneigt, einen Ballon vom tanzenden Clown Pennywise entgegen zu nehmen, so wird man sekundenspäter eines besseren belehrt. Tim Curry ist Pennywise durch und durch. Er hat es geschafft, einer ganzen Generation von Kindern, den Spaß an Clowns zu nehmen. Zwar überragt Curry alle anderen Schauspieler um Längen, jedoch ist deren Leistung alles andere als zu verachten.
Besonders die Kinderdarsteller machen ihre Sache mehr als Gut. Nicht nur optisch, sondern auch vom Schauspiel her, sind sie „Der Club der Verlierer“, den King in seinem Roman beschrieben hat. Der Dicke, der Stotterer, der Jude, die Brillenschlange, der Schwarze, die Arme und der Schwächling. Alle hervorragend besetzt. Eigentlich ist es schade, dass fast allen Darstellern der große Durchbruch verwehrt wurde. Doch auch die erwachsenen Schauspieler sind passend besetzt. Alleine von der schauspielerischen Leistung aller Beteiligten mag man gar nicht meinen, dass es sich um einen TV-Zweiteiler handelt.
Auch von der Ausstattung und von den Effekten her, mag man im ersten Moment nicht annehmen, dass Es lediglich fürs TV produziert wurde. Sofern man sich vor Augen hält, dass der Film 1990 entstand, so ist er selbst heute immer noch relativ ansehnlich. Klar sieht man, dass die CGI Effekte nicht mit heutigen Effekten vergleichbar sind. Klar merkt man, dass Wallace bewusst viel im Off geschehen lässt, weil sich diverse Dinge nicht darstellen ließen. ABER; dass was wir zu sehen bekommen ist in Anbetracht der Produktion und des Entstehungsjahres durchaus vorzeigbar. Einzig das Finale wirkt ziemlich albern.
Auch atmosphärisch kann Es überzeugen. Kinderalbträume inklusive. Nicht umsonst hat die Verfilmung damals große Wellen geschlagen und zählt heute immer noch irgendwie zu einer Art Kultfilm. Warum also ist Es nicht die Genrereferenz im Horrorbereich, wenn doch vermeidlich alles stimmt? Leider ist Es schlecht gealtert. Nur die eingefleischten Filmfans werden über die Tatsache mit den (vermeidlich) „schlechten“ Effekten hinweg sehen können. Heutzutage bekommt die Zielgruppe weitaus mehr geboten. Da sich vieles bei Es im Off abspielt, wird der Phantasie des Zuschauers viel abverlangt. Doch heute sind viele dazu nicht mehr in der Lage. Ohne ein ordentliches Blutgekröse oder Jumpscares am laufenden Band ist die Zielgruppe nicht mehr zufrieden zu stellen. Es selbst hat seine Schocksequenzen und bei einigen Szenen läuft es einem immer noch kalt den Rücken runter, aber ist man mal ehrlich. Sieht man sich die Geschichte von Es an, sollte schnell klar werden, dass die TV-Verfilmung einfach nicht düster und böse genug ist. Auch wird viel Potential liegen gelassen. Selbstverständlich liegt dies auch an der „knappen“ Laufzeit, doch wäre noch einiges mehr drin gewesen.
Irgendwie möchte man Es und dem Team dahinter keinen Vorwurf machen, doch ist der Film einfach schlecht gealtert. Daher könnte das Remake eine Chance sein, den Geist der Geschichte wieder hervorzurufen. Auch Fans des Buches werden zwar über den Cast und die Darstellung glücklich sein, doch fehlt einfach zu viel. Nichts desto trotz ist Es eine immer noch hervorragende TV-Verfilmung und gehört vielleicht zu den besten Stephen King Verfilmungen. Besonders in den 90gern kam man um Es nicht herum. Kinder tuschelten auf dem Schulhof über DEN Horrorfilm und vielleicht über den fiesesten Clown der Filmgeschichte (bis dato). Ja, Es polarisierte und Tim Curry hat sich in der Rolle des Pennywise in das Gedächtnis einer gesamten Generation gespielt. Alles in allem also eine mehr als passable Interpretation des Stoffes aber eben mit Luft nach oben.