Mit über 1400 Seiten und einer Wortanzahl, die den Bereich der halben Million streichelt (467.000 Wörter, um genau zu sein), stellt The Stand – Das letzte Gefecht das literarische Mammutwerk im Schaffen von Stephen King (Friedhof der Kuscheltiere) dar – noch vor Es, Die Arena und Der Anschlag. Eine filmische Aufbereitung für die Leinwand wäre in Anbetracht des gigantischen Umfangs des Romans also nicht sonderlich angemessen gewesen. Eine Serie musste her, beziehungsweise der Mittelweg: Ein für das Fernsehen produzierter Mehrteiler, der die erzählerischen Kapazitäten hergibt, um Stephen Kings ausschmückend-immersiver Schreibe den nötigen Raum zur Entfalten zu ermöglichen. Inzwischen gilt The Stand – Das letzte Gefecht nicht nur als maßgebliche Inspirationsquelle für Lost oder The Walking Dead, sondern auch als Paradebeispiel dafür, sich einen Eindruck davon zu verschaffen, welch begnadeter Geschichenerzähler King doch ist.
Während Stephen King in der Vorlage beweist, wie man den roten Faden der Handlung trotz Unmengen an Charakteren und unzähligen Schauplätzen nicht außer Acht lässt, krankt die Adaption von Mick Garris (The Shining, Sleepwalkers) genau an diesem Aspekt. The Stand – Das letzte Gefecht ist eine so umfangreiche, vielseitige und weitreichende Saga, dass es weit mehr benötigt hätte, als eine Laufzeit von sechs Stunden, um der Vorlage ansatzweise gerecht zu werden. Mick Garris, der sicherlich kein unfähiger Filmemacher ist, sich aber nur selten in die Rolle des Epikers einfühlen kann, transferiert das von Stephen-King-Fans immer wieder als sein Opus magnum gefeierte Buch nicht in die Tiefe, sondern nahezu ausschließlich in die Breite. Dass die Adaption dennoch ihren Reiz hat, lässt die überlange Seherfahrung letztlich nicht gänzlich scheitern.
Die ungeheure Strahlkraft des Ausgangsmaterials schwappt natürlich auch zu einem gewissen Teil in die Verfilmung über. Stephen King hat mit The Stand – Das letzte Gefecht nicht nur den Kampf zwischen Gut und Böse beschrieben, sondern sich vielmehr für die Leerstellen und Grauzonen inmitten dieser Fronten interessiert. Kein Charakter war auf den ersten Blick zu durchschauen, keine Motivation galt nur den Beweggründen einer himmlischen oder teuflischen Agenda. Stattdessen ging es um die gleichermaßen beflügelnden wie erschreckenden Abstufungen der Menschlichkeit. Mick Garris würde dieser Komplexität immer wieder gerne gerecht werden, verlässt sich allerdings etwas zu sehr auf wortgetreu übernommene Passagen aus der Vorlage. Wenn die Schauspieler die wuchtigen Bonmots von Stephen King wiedergeben dürfen, dann mäandert eine rhetorische Brillanz durch das Geschehen, der letzten Endes der Kontext fehlt.
The Stand – Das letzte Gefecht wirkt wie eine Umsetzung nach Baukasten-Prinzip. Der Versuch, die wichtigsten Stationen des Romans unter einen Hut zu bekommen, endet damit, dass weder die Akteure, noch die Geschichte an und für sich ausreichend konturiert und grundiert werden. Aus der Bestandsaufnahme eine dem Untergang geweihten Welt, wird ein Fantasy-Melodrama, das sich der Reflexion über Glaubensfragen, moralischen Konflikte, demokratischen Grundsätze und zivilisatorischen Normen weitestgehend entzieht. The Stand – Das letzte Gefecht illustriert nur, er ergründet nicht. Die Stärke des TV-Mehrteilers liegt indes immer wieder in der Darstellung eines Alltags, der vom Grauen verseucht wurde. Mit Leichen gepflasterte Landstriche, leergeräumte Städte, still liegende Blechlawinen. Genau hier funktioniert The Stand – Das letzte Gefecht als einnehmendes Porträt einer Prophezeiung, die sich am besten niemals bewahrheitet hätte.
Darüber hinaus verbliebt The Stand – Das letzte Gefecht dem Status einer obligatorischen Fernsehproduktion treu, was sich bereits unschön in der flachen TV-Optik niederschlägt. Die Schauspieler sind größtenteils durchschnittlich, manchmal namhafter Durchschnitt (u.a. Rob Lowe, Ed Harris, Kathy Bates, Molly Ringwald), manchmal nichtssagender Durchschnitt. Die Ausnahme in diesem weitestgehend ausdruckslosen Ensemble ist nicht nur Gary Sinise (Forrest Gump), der sich wie gewohnt als sichere Bank beweist und den Film mühelos in der Hauptrolle zu tragen versteht, sondern auch James Sheridan (Homeland, Spotlight), der als Randall Flagg in Erscheinung tritt. Seine Performance des Apostat der Hölle ist von einer dämonischen Süffisanz gezeichnet, die wirklich Laune bereitet und den Zuschauer oftmals darüber hinweg sehen lässt, dass Mike Garris dieser ikonischen Figur über weite Strecken kaum mehr abverlangt, als niederträchtige Zaubertricks.