Inhalt
Ein Großteil der Meeresfrüchte, die wir täglich konsumieren, von Sushi und Krabbencocktails bis zu den riesigen Mengen Fisch, die man zu Tiernahrung verarbeitet, werden von Sklaven gefangen. Thailand ist einer der weltweit größten Exporteure von Meeresfrüchten und hat eine Fischfangflotte, die unzählige Arbeiter benötigt. Nach jahrzehntelanger Überfischung haben sich die Bestände in der Region dezimiert, und der Golf von Thailand zählt zu den unbelebtesten Gebieten des Pazifischen Ozeans. Kapitäne reißen sich um Besatzungsmitglieder, die bereit sind, auf der Suche nach Fisch Tausende Meilen zu fahren. Doch inzwischen haben Menschenhändler begonnen, diese Lücke auf dem Arbeitsmarkt zu schließen: Für wenige Hundert Dollar pro Person verkaufen sie Männer aus Myanmar, Laos, Kambodscha und anderen verarmten Ländern an Fischereibetriebe.
Kritik
Wie ein Horrorfilm klingt und beginnt Shannon Service’ enthüllender Report. Junge Männer werden mit dem Versprechen von Arbeit geködert oder nachts von der Straße weggefangen. Sie sind Fische im Netz und volle Netze bedeuten Geld. Thailands Fischereiindustrie ist ungeachtet der katastrophalen Überfischung eine der größten der Welt. Ein Milliardengeschäft, in dem Menschen billig sind und ein Leben wertlos. Ein Arbeiter kostet 800 Dollar. Wie viele Jahre dieses Kopfgeld abdeckt, hängt ab von den Bedingungen auf dem Schiff. Das wird zum schwimmenden Gefängnis für die Verschleppten. Für sie ist kein Land mehr in Sicht, physisch, psychisch und praktisch.
Wie lange die Fangschiffe auf See bleiben, fragt Patima Tungpuchayakul, Gründerin der Labor Rights Promotion Network Foundation (LPN), einige der über 4000 Sklaven, die ihre Organisation aus Gefangenschaft oder beständigem Versteck befreite. Zwei Jahre, fünf Jahre, 12 Jahre: Albtraumhafte Zahlen, die sich immer weiter steigern. Über 25 Jahre ist einer der entflohenen Sklavenarbeiter bereits fort, ohne eine realistische Aussicht auf Rückkehr. Vom Leben, das er einmal führte, ist nichts mehr übrig und nicht von der Person, die er einst war. Niemand könne ermessen, wie es auf den Sklavenschiffen sei, sagt die furchtlose Aktivistin, selbst sie nicht.
Viele Überlebende sind physisch von dem Martyrium gezeichnet. Ein Arm, ein Bein, ein Auge … Vier Finger waren es bei Tun Lin, der seit seiner Befreiung mit Tungpuchayakul kämpft. Er ist einer der wenigen, denen vor Gericht eine Entschädigung zugesprochen wurde. Doch der gebrochene Blick der Opfer macht unmissverständlich, dass kein Geld das durchlebte Grauen aufwiegen kann. Bevor sie zahlen, hetzen die Konzerne Schläger und korrupte Polizei auf die Menschenrechtskämpfer_innen. Manche werden ermordet. Doch die moralische Leitfigur der gespenstisch-eindringlichen Komposition fürchtet sich nicht: „Angst ist eine Art Tod“, sagt Tungpuchayakul, „Wir sollten nicht zu oft sterben.“
Fazit
Für ihr verstörendes Kinodebüt packt Journalistin und Regisseurin Shannon Service das vertuschte Thema von Sklaverei und Menschenhandel von Fischereikonzernen in einen ebenso prononcierten wie konzisen Dokumentarfilm. Zeugenberichte, Original-Footage und nachgestellten Szenen eröffnen den Blick auf eine monströse Industrie, die weit über den Schauplatz Südostasiens hinausreicht, angetrieben durch den unersättlichen Hunger der Konsumenten nach billigem Sea Food. Das Problem schwimmt nicht weit weg draußen im Ozean, es liegt hier bei uns in der Kühltheke. Aber denen, die dort einkaufen, ist das scheißegal.
Autor: Lida Bach