Inhalt
Franz Beckenbauer, Pelé, Carlos Alberto, Giorgio Chinaglia – Namen, bei denen das Herz jedes Fußballfans höher schlägt. Ende der Siebziger Jahre schafften diese „galaktischen“ Fußballstars das, was zuvor niemand für möglich gehalten hätte: den Fußballsport in die Herzen der amerikanischen Sportfans zu tragen. Ihr Verein New York Cosmos wurde innerhalb weniger Jahre nicht nur zu einem legendären Fußballclub, sondern zum heißesten Treffpunkt der Partyszene einer pulsierenden Weltmetropole. Reporter-Legende Jörg Wontorra erzählt die unglaubliche Geschichte eines wahren Fußballmärchens, wie es Hollywood nicht besser hätte erzählen können. Sommer 1977: Der US-Medienunternehmer Steve Ross beschließt, die in den USA exotische Sportart Fußball in seinem Land zu etablieren. Mit spektakulären Spielereinkäufen und intelligentem Marketing schafft er es binnen weniger Jahre, die New York Cosmos zur angesagtesten Sport-Adresse der USA aufzubauen. Vor allem der sportliche Erfolg nach dem Zukauf der Superstars Pelé und Beckenbauer zieht so viele Stars aus der Welt des Sports und Entertainments an, dass das Cosmos-Stadion schon bald dem legendären ‚Studio 54‘ Konkurrenz machen kann. Nicht umsonst bezeichnet Franz Beckenbauer seine Jahre bei den New York Cosmos als „die schönste Zeit seines Lebens“. Erleben Sie Glanz, Glamour und Genialität eines Vereins, wie es ihn so nie wieder gegeben hat.
Kritik
Fußball war in den USA jahrelang ein Fremdwort und fristete ein Schattendasein als Randsportart. Trotz des weltweiten Siegerzuges des Ballspiels brauchte es Jahrzehnte, bis auch in Amerika die Popularität stieg. Beliebt ist die Sportart dennoch heute eher im Jugend- und Frauenbereich, obwohl mittlerweile die Männernationalmannschaft einige Erfolge vorweisen kann und selbst die heimische Liga durchaus beliebt ist. Natürlich reichen die Zuschauerzahlen hier nicht an die Big 4 heran und selbst der Collegefootball kann mehr Besucher anlocken, doch im Vergleich mit europäischen Topligen kann ein Zuschauerschnitt von über 20.000 pro Spiel sich in jedem Fall sehen lassen. Zu diesem Erfolg tragen und trugen die vielen Weltstars und Topspieler aus aller Welt bei, die mittlerweile die Major League Soccer bereichern. Die klangvollen Namen wie Lionel Messi, Bastian Schweinsteiger, David Beckham oder David Villa ziehen auch in den Vereinigten Staaten das Publikum an. Ehrlicherweise muss man aber eingestehen, dass diese Superstars erst nach dem Höhepunkt ihrer Karriere in die MLS wechseln und ihre glanzvolle Karriere üppig entlohnt dort ausklingen lassen. Eine reine Rentnerliga ist die MLS trotzdem nicht, denn viele einheimische Talente erhalten so die Gelegenheit, mit ihren Idolen zu spielen und von diesen zu lernen, bis sie dann selbst den Sprung über den großen Teich nach Europa wagen. Es ist ein Modell entstanden, das weltweit mal mehr, mal weniger erfolgreich kopiert wird, wie derzeit etwa in Saudi-Arabien und in der Vergangenheit in China und Indien.
Dieses Konzept entstand derweil bereits in den 70er Jahren durch den Medienunternehmer Steven Ross, der mit seinem Konzern Warner Communications das legendäre Team von New York Cosmos finanzierte und sein Team ab Mitte der 70er Jahre mit einigen internationalen Stars ausstattete. Dank des spendablen Mäzens, zu dessen Firmenverbund u.a. Warner Bros., Atlantic Records und Atari gehörten, konnten Spieler wie Pelé, Franz Beckenbauer, Carlos Alberto und Giorgio Chinaglia verpflichtet werden, die für einen ersten Fußballboom in den USA sorgten. Die Dokumentation Fußball vom anderen Stern – Die Geschichte von Cosmos New York widmet sich dieser Mannschaft und erzählt ihre Geschichte von der Gründung bis zum bitteren Ende Mitte der 80er. Zugleich wartet die Doku mit Hintergrundinformationen zur Geschichte des Fußballs in den USA auf und zeigt die Bedeutung von Cosmos für die heutigen Mannschaften. Die Darstellungen sind sehr faktenreich und informativ und werden dank zahlreicher Archivaufnahmen durchaus unterhaltsam dargeboten. Es ist eine Reise in das New York der 70er Jahre und passend dazu erhält man einen Soundtrack, der diese Reise musikalisch untermauert. Gemischt mit Interviews von damaligen Spielern, Beteiligten und prominenten Fans wie dem früheren Außenminister Henry Kissinger wird die Dokumentation von Paul Crowder (The Blue Angels) und John Dower aufgelockert, denn dadurch bekommt man einen ebenso interessanten Einblick in das Innenleben der Mannschaft und der Führungsetage.
Hier werden Anekdoten preisgegeben, die einerseits amüsant und manchmal etwas skurril sind und andererseits auch solche, die ein Verständnis dafür geben, warum das Projekt New York Cosmos und mit ihm letztendlich die Liga gescheitert sind. Vor allem in den Anfangsjahren des Vereins, der 1970 gegründet wurde, findet man solche lustigen Geschichten, denn hier klafften Anspruch und Wirklichkeit oft weit auseinander. Man wollte den US-Sport aufmischen und Fußball zur neuen Sportart Nummer 1 machen (so zumindest der tollkühne Plan von Steven Ross), hatte hierfür allerdings nur Halbprofis zur Verfügung, die mit dem Sport noch nicht einmal einen lukrativen Nebenerwerb hatten. Eine feste Spielstätte hatte man ebenso wenig und spielte in Baseballstadien und zwischenzeitlichen auf einem Platz, bei dem hierzulande jeder Bolzplatz eine bessere Qualität aufweist und der eher als Müllkippe betitelt werden konnte. Als Pelé erstmals in New York aufschlug, besprühte man den Platz mit grüner Farbe, um einen ordentlichen Rasenplatz vorzutäuschen. Doch der Plan von Ross ging schließlich auf und die Spieler der damaligen Boomzeit teilen ihre Eindrücke vom Verein genauso, wie es zuvor die Halbprofis taten. Einziger Wermutstropfen dabei ist, dass der große Pelé sich nicht bereit erklärt hatte, sich für die Doku interviewen zu lassen. Hier geht dem Film viel verloren, denn Pelé stellt einen zentralen Faktor in der Geschichte dar und nimmt in der Mitte der Doku viel Raum ein.
Auch der bereits 1992 verstorbene Steven Ross kommt lediglich durch Archivmaterial zu Wort, dafür darf aber sein Sohn über seinen Vater und dessen Herzensprojekt sprechen. Viele der Interviews haben nicht nur dank ihres amüsanten Inhalts einen Unterhaltswert, sondern auch deshalb, weil man dank eines gelungenen Schnittes die manchmal widersprüchlichen Erinnerungen der Beteiligten aneinanderreiht und so offenbart, wie es wohl auch seinerzeit zum großen Zerwürfnis innerhalb der Führungsebene kam. Diese auflockernden Interviews sind letztendlich Gold wert für die Dokumentation, denn ansonsten wäre die faktenreiche Erzählung doch sehr eintönig geraten, da die Doku kaum emotionale Höhepunkte kreiert. Fußball selbst lebt von den Emotionen der Spieler, der Trainer und vor allem der Fans und eine Fußballdokumentation braucht diese Emotionen ebenso. Dabei hat man für die deutsche Fassung als Erzähler mit Jörg Wontorra eine Kommentatorenlegende gewählt (in der Originalfassung spricht Schauspieler Matt Dillon, Verrückt nach Mary). Wontorra kommentiert und erzählt hier aber nicht mit der gleichen Leidenschaft, wie man es vielleicht sonst als Fußballkommentator von ihm gewohnt ist. Dennoch ist die Dokumentation für Fußballfans sehenswert, weil man den Einblick in selbst hierzulande eher unbekanntes Kapitel des Fußballs erhält und vielleicht auch Verständnis dafür bekommt, warum Fußball in den USA nicht den gleichen Stellenwert hat, wie in Europa. Die Amerikaner lieben die Show und die Doku nimmt sich zugleich genug Zeit auch diese Aspekte zu beleuchten und zu zeigen, welche Bedeutung New York Cosmos für heutige Generationen von Spielern und Spielerinnen hat.
Fazit
Die Dokumentation "Fußball vom anderen Stern - Die Geschichte von Cosmos New York" aus dem Jahre 2006 ist immer noch aktuell und bietet für das fußballbegeisterte Publikum in jedem Fall viel Informatives, lustige Anekdoten und mit Sicherheit einige Geschichten, die bisher nicht bekannt waren. Für Nicht-Fußballfans kann die Doku sicherlich genauso interessant sein, doch sollte vielleicht ein gewisses Interesse an dem Sport vorhanden sein, da hier klar der Fußball dominiert. "Fußball vom anderen Stern" ist eine lehrreiche Zeitreise in das New York der 70er Jahre, die nicht nur die Geschichte von New York Cosmos erzählt, sondern genauso das Verhältnis der Amerikaner zu diesem Spiel thematisiert. Schade ist lediglich, dass die Fußballlegende Pelé selbst hier nicht zu Wort kommt und es der Doku an emotionalen Höhepunkten fehlt. Wer es aber eher sachlich mag, ist hier jedoch bestens aufgehoben.
Autor: Andy Mieland