Inhalt
Louise ist scharf auf das Erbe ihrer Schwiegermutter. Als ihr Gatte John an einem Herzinfarkt stirbt sieht sie ihre Felle davon schwimmen, denn in seiner Familie genießt sie keinen hohen Stellenwert. Sie lässt die Leiche verschwinden und täuscht eine plötzliche Geschäftsreise vor, um Schwiegermama in der Zwischenzeit weich zu kochen. Denn gerade steht die alljährliche Trauerfeier für die vor 6 Jahren ertrunkene Tochter Kathlen an. Eine Zeit, in der ihre Mutter psychisch äußerst labil und leicht zu manipulieren ist.
Kritik
Der manchmal etwas despektierlich als Trash-Papst bezeichnete Roger Corman (Das Pendel des Todes) dürfte trotz zahlreicher fraglos anspruchslosen und teilweise wahnsinnig billigen Low-Budget-Produktionen einer der wichtigsten Eckpfeiler des modernen Kinos sein. Unabhängig von seinen visionären Methoden und cleveren Konzepten, allein wer ihm alles seine Karriere zu verdanken hat. Der vielleicht größte Name (neben Jack Nicholson): Niemand geringeres als Francis Ford Coppola (Der Pate). Dieser lernte sein Handwerk von der Pike auf bei Corman, arbeitete sich von Nebentätigkeiten hoch zum Second Unit Director, bevor ihm der Lehrmeister irgendwann komplett selbst machen ließ. Dementia 13 ist einer von Coppola’s ersten eigenständigen Regiearbeiten, zu der er gemeinsam mit Jack Hill (Spider Baby) auch das Drehbuch verfasste. Corman war selbstverständlich als Produzent mit an Bord und ermöglichte dem späteren Oscapreisträger somit den Schritt dorthin, wo am Ende einige Meisterwerke stehen sollten.
Die Inspirationsquellen zu Coppola’s einzigen Horrorfilm/Psychothriller (schon seltsam, dass er diese Linie nicht wenigstens kurzfristig weiter verfolgte), sie liegen deutlich auf der Hand. Besonders beim Blick auf seinen Entstehungsjahrgang. Sehr markant lässt man sich von Genre-prägenden Klassikern dieser Tage beeinflussen, von Die Teuflischen über Schloss des Schreckens und ganz massiv von Hitchcock’s Psycho. Alles natürlich im kleinen Rahmen, denn bei Corman bekommt man nichts geschenkt und darf erst recht nicht mehr Geld ausgeben, als das was man entweder selbst mitbringt oder in eine handelstypische Hosentasche passt. Bevorzugt in Münzen. Dementia 13 ist unverkennbar mit sehr schmalen Mitteln angefertigt und hat seine größten Kritikpunkte eindeutig in der offenkundigen Unerfahrenheit seiner Kreativen. Wobei diese sich eher im Drehbuch bemerkbar machen. Mit flotten 75 Minuten kommt keine Langeweile auf, allerdings wirkt der Plot im Gegenzug etwas zu hurtig montiert, da könnte man sich ruhig mehr Zeit lassen und diese mit narrativer Qualität aufspritzen. Dazu sind speziell die Dialoge hölzern und wollen oft Dinge schnell erklären, die man auch wunderbar elegant aus dem Kontext erschließen lassen könnte. In dem Punkt wirkt das alles schlicht und sogar leicht primitiv, allerdings hat der Film auch einige Vorzüge, die letztendlich klar überwiegen.
Allein die Figureninstallation ist spannend, wird (zunächst) doch eine durchtriebene, berechnende und bösartig-unsympathische Person als Protagonistin initialisiert und so recht weiß man als Zuschauer erst gar nicht, wohin die Reise überhaupt gehen soll. Da wird einiges angedeutet und wenig konkret gemacht, werden falsche Fährten gelegt in diverse Richtungen und schließlich kommt es zu einer relativ überraschenden Wendung in etwa der Mitte, die dem Ganzen wiederum einen neuen Impuls gibt. Kennt man so zwar von einem großen Klassiker, ist aber in dieser Interpretation auch nicht uninteressant und definitiv spannend, denn klüger ist man auch mit dessen Kenntnis an dem Punkt auch nicht. Das ganz große Plus bleibt aber die Inszenierung, die bereits das große Talent von Coppola unweigerlich zu Tage fördert. Atmosphärisch mitunter hervorragend, mit einer großartigen Bildsprache voller stimmungsvoll-schattierte Schwarzweiß-Fotographien und einem guten Riecher für partiell sehr effektive Spannungssequenzen. Trotz dem notorischen Loch im Corman-Sparstrumpf versteht es der gerade mal 24jährige Coppola seine sich noch im Wachstum befindenden Fähigkeiten ausgiebig zur Schau zu stellen.
Fazit
Ein kostengünstiges und etwas zu überhastet abgefertigtes B-Movie, welches aber voller Ambitionen steckt, die teilweise sicher nicht zur vollen Entfaltung kommen (können). Aber dennoch nicht nur filmhistorisch aufgrund der Personalien Corman und besonders Coppola von Interesse. Hier treffen sich viele gute Ansätze, solide Kopien (nennen wir es mal Hommage) und eine bereits erstaunlich auffällige Handwerkskunst. Kein Klassiker und nicht mehr als ein erster eigenständiger Gehversuch, dafür bemerkenswert aufrecht, selbstbewusst und irgendwie auch anmutig.
Autor: Jacko Kunze