7.1

MB-Kritik

Fellinis Roma 1972

Comedy, Drama – Italy, France

7.1

Peter Gonzales Falcon
Fiona Florence
Britta Barnes
Pia De Doses
Marne Maitland
Renato Giovannoli
Elisa Mainardi
Stefano Mayore
Galliano Sbarra
Anna Magnani
Ginette Marcelle Bron
Gore Vidal
Marie Párová
Alfredo Adami
Sbarra Adami
Bireno

Inhalt

Episodenhaft erzählter Film, der halb-autobiographisch Fellinis Umzug von Rimini nach Rom erzählt. Die Stadt selber spielt dabei die größte Rolle, Verkehrschaos, U-Bahn-Bau, Prostitution und Vergnügungssucht im Rom der 30er Jahre. Mit Peter Gonzales in der Rolle des jungen Fellini.

Kritik

Nachdem er sich zuvor mit Satyricon und Die Clowns eher fragmentarischen Erzählungen gewidmet hat, die teils aus lose aneinandergereihten Sequenzen bestehen, setzt Frederico Fellini (Die Schwindler) in Roma auf einen ähnlichen Stil mit diesmal nahezu dokumentarischen Anspruch. Schon seit längerem schwebte ihm vor, eine Dokumentation über die Stadt Rom zu drehen, die dann im Rahmen einer immens teuren Produktion doch zur Fiktion wurde. Entstanden ist eine Aneinanderreihung von Eindrücken, deren einziger Zusammenhang die Perspektive Fellinis selbst zu sein scheint, dessen jüngeres Ich als Protagonist auftritt. 

Wir begleiten ihn bei seiner Ankunft in den späten 30er-Jahren in Rom und lernen mit ihm als junger Mann und als Erzähler aus dem Off das faschistische Italien, die beeindruckenden Bauten, die einnehmende Kultur und die Mentalität der Anwohner kennen. Festgehalten ist das in ruhigen Bildern, die genügend Zeit einräumen, um sich an den Eindrücken der Metropole zu ergötzen. Doch auch die Störungen, staatsgewaltliche Übergriffe, eine verkommene Religion oder die Rauheit einer Generation, die stetig den Blick für das Schöne verliert, werden eingefangen. In diesem Zusammenhang passt es wunderbar, dass Fellini selbst als Schauspieler einen von vielen prominenten Gastauftritten hat, bei dem Studenten ihn dazu auffordern, seinen Film der sozialen Ungleichheit oder studentischen Problemen zu widmen. Fellini scheint angetan von den eifrigen jungen Menschen, beharrt jedoch auf seiner eigenen Vision. 

Daran zeigt sich, wie Roma zu verstehen ist: Nicht etwa als gesamtheitliches Porträt, er gesteht sogar, dass es wahrscheinlich wichtigere Probleme in der Stadt zu zeigen gibt, sondern als subjektives Porträt, das zwar vieles am Rande erkennt, aber in erster Linie einer Entwicklung entgegenwirken will. In einer Zeit, in der Menschen immer weniger wahrnehmen, verstärkt den Blick für das Schöne verlieren, möchte er genau diesen Blick wieder schulen. In einer der letzten Szenen bei Nacht, wo bereits alle schlafen und endlich absolute Ruhe herrscht, schlägt der Erzähler einen Abendspaziergang vor. Noch während des Sprechens wird er von einer Bande Motorradfahrern unterbrochen, die durch ganz Rom rasen, ohne einen Blick auf die Schönheit der Stadt zu werfen. Mit diesem pessimistischen Eindruck lässt er uns zurück. 

Und dennoch ist der Film nicht als reine Anprangerung des Zeitgeistes oder als Postkarte von Rom zu verstehen, sondern als Anthologie einzelner Alltagsszenen, die für den Regisseur von besonderer Bedeutung sind. Das bringt den Reiz mit sich, dass das Gesehene ungewohnt und darin eigenartig organisch erscheint, aber auch die Gefahr, dass wir das Besondere in einigen Momenten einfach nicht erkennen können. Es ist uns nicht möglich, Rom gänzlich durch die Augen Fellinis zu sehen, weshalb sich einige Szenen schnell abnutzen und der Film streckenweise unzugänglich bleibt. Das sind Wermutstropfen in einem sonst gelungenen Porträt, das weit über eine plakative Lobeshymne hinaus geht und viel Gespür für Ambivalenzen und Zwischentöne aufweist. 

Fazit

"Roma" ist ein Porträt Roms, in dem Fellini seine eigenen Erfahrungen und Eindrücke ab den späten 30er-Jahren einfängt und dabei hin und hergerissen ist zwischen der Schönheit dieser Stadt und den negativen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen vor dem Hintergrund des Faschismus. Dabei verzichtet er auf eine kohärente Handlung und fügt Alltagsszenen aneinander, was über weite Strecken einen anregenden Reiz mit sich bringt, oftmals aber auch unzugänglich bleibt. In letzter Konsequenz ist es eben doch nicht möglich, das zu fühlen, was der Regisseur damals gefühlt haben muss. Dennoch ein persönliches und vor allem beachtliches Werk.

Autor: Maximilian Knade
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