Inhalt
Im Auftrag einer Frau beschattet Privatdetektiv Miles Archer einen Mann. Doch schnell entwickelt sich der anfängliche Routineauftrag für Archers Partner, den hartgesottenen, zynischen Sam Spade (Humphrey Bogart), zu einer heimtückischen Falle: Als sowohl Archer als auch der zu beschattende Mann ermordet werden, gerät Spade selber unter Mordverdacht. Bei seinen Recherchen stößt er auf eine Gruppe zwielichtiger Gestalten, die alle einer wertvollen Statue hinterherjagen: dem geheimnisvollen Malteser Falken.
Kritik
Einen Monat haben wir uns nun dunklen Gassen, langen Schatten und zwiespältigen Ganoven gewidmet. Haben euch durch Klassiker und Geheimtipps, Abseitigem und Kult geführt. Was zum Ende noch übrigbleibt ist paradoxerweise der Anfang. Der Film Noir mit dem alles Begann, John Hustons (African Queen) Meilenstein Die Spur des Falken. Ein Film, der nicht nur Humphrey Bogarts (Casablanca) Ruf als Weltstar gefestigt, sondern auch den Hollywoodfilmen der 1930er mutig entgegengesteuert hat. Es ist nicht schwer zu erkennen, warum dieser Film so viele anderen Werke nach ihm beeinflusst hat, denn tatsächlich ist Die Spur des Falken beinahe ein Musterbeispiel für einen rundum gelungenen Film. Im Gegensatz zu vielen anderen Werken, die in bestimmten Kategorien herausstechen, vereint Hustons Regiedebüt wohl beinahe alle formalen wie inhaltlichen Qualitätsmerkmale, nach die ein Zuschauer sich sehnen könnte. Und dabei beginnt alles mit einer simplen Beschattung.
Schon bald entpuppt sich die Handlung als komplexer als zunächst angenommen, kleine Gesten und nebensächliche Erwähnungen finden sich plötzlich in zentraleren Rollen wieder und sorgen für ein undurchsichtiges Figurengeflecht. Ähnlich wie Sam Spade muss auch der Zuschauer ein Mosaik aus Fährten, Falschaussagen und zwielichtigen Gestalten zusammensetzen um letztlich die komplette Bedeutung der Geschichte zu entschlüsseln. Wer sagt die Wahrheit und wer lügt? Wer benutzt wen und in welcher Beziehung stehen diese lose verbundenen Ereignisse zueinander? Die Spur des Falken stellt diese Frage komplex genug um durchgehend Spannung zu erzeugen und nicht zu komplex um seine Zuschauer zu verwirren. Auch Sam Spade werden diese Fragen gestellt und in beinahe stoischer Ruhe scheint er die Antwort darauf zu suchen. Von Beginn an erweckt er den Eindruck bereits mehr von dieser Welt gesehen zu haben, als ihm lieb wäre. Zu viel um nicht daran zu zerbrechen.
Und so scheint er mit den Ereignissen bereits abgeschlossen zu haben, komme was wolle. Die Liebe hat er längst gegen Vorsicht und Bargeld getauscht, sein Lächeln gegen undurchsichtige Ruhe. Ein gebrochener Antiheld wie er im Buche steht. Und wie fängt John Huston diesen Mann ein? Natürlich in den mittlerweile so vertrauten schwarz-weiß Bildern voller Destruktion und Pessimismus, welche die schwarze Serie über Jahre hinweg prägen sollten. Damals waren sie neu und unverbraucht, doch auch heute bleibt ein Teil ihres Glanzes bestehen. Diese von leichter Jazzmusik unterlegten Momente wirken beinahe so, als wollen sie über das Kommende spotten. Denn leicht fällt Sam Spade dabei nichts, auch wenn er sich augenscheinlich recht gut aus der Affäre ziehen kann. Letztendlich ist es wahrscheinlich seine langsam durchdringende Selbsterkenntnis, die ihn nach dem Abspann wohl irgendwann zugrunde richten wird.
Fazit
Noch heute funktioniert „Die Spur des Falken“ ausgezeichnet und ist gleichermaßen Gründungsstein und früher Höhepunkt des Film Noirs. Das liegt an vielen Gründen, allen voran John Hustons zeitloser Regie und Humphrey Bogarts lethargischer Darstellung eines gewieften Detektivs. Herrlich unaufgeregt greifen alle Zahnräder ineinander und ergeben ein angenehm vielschichtiges Gesamtbild rund um Vertrauen, Verrat und Doppelbödigkeit.
Autor: Dominic Hochholzer