Inhalt
Privatdetektiv Philip Marlowe wird von Millionär Sternwood beauftragt, eine Bande von Erpressern unschädlich zu machen. Bevor er mit seiner Arbeit beginnt, trifft er auf die beiden exzentrischen Töchter Sternwoods, Vivian und Carmen. Kurz darauf, nachdem er einem schwunghaften Handel mit pornographischer Literatur auf die Spur gekommen ist, findet er die unter Rauschgift stehende Carmen neben der Leiche eines der Erpresser. Im Anschluss häufen sich die Leichen und Marlowe selbst entgeht nur knapp dem Tod, bevor er schließlich Vivian in seine Arme schließen kann.
Kritik
Tote schlafen fest zählt wohl zu den ewigen Klassiker, denen ein ureigener Zauber innewohnt, der Ungereimtheiten neutralisiert und ein Filmerlebnis auf die Beine stellt, welches sich so prägnant gestaltet, dass man niemals Zweifel daran hegen könnte, warum Howard HawksFilm Noir, der 1997 in das National Film Registry aufgenommen wurde, in unzähligen Bestenlisten einen Platz an der Sonne ergattern konnte. Kurios ist allerdings tatsächlich der Umgang mit Unstimmigkeiten, die im Falle von Tote schlafen fest beinahe schon also handlungsimmanentes respektive -relevantes Element auftreten. Begründet werden lässt sich das wohl in erster Linie mit Raymond Chandlers Vorlage Der tiefe Schlaf von 1939: Chandler zählt zu den Ikonen der amerikanischen Hardboiled-Literatur und wurde sogar zu einem der 100. einflussreichsten Autoren des 20. Jahrhundert erkoren. Warum gewisse Dinge in seinen Geschichten derartig geschehen, konnte aber auch er nicht erläutern.
Dieses 'Warum' und auch das 'Wie' ist in Tote schlafen fest gar nicht mal so tonangebend. Tote schlafen fest ist eine beinahe ausschließlich ästhetische Erfahrung, die sich durch die wachsamen Augen des Privatschnüfflers Philip Marlowe (Humphrey Bogart, Casablanca) entwickelt. Unsere Wahrnehmung entspricht Marlowes Wahrnehmung. Dieser streng subjektive Blickwinkel auf eine Welt, in die Marlowe nicht versetzt wurde, sondern, die sich vielmehr um Marlowes Persönlichkeit herum errichtet hat, verbucht viele interessante Effekte für das Narrativ: Zuvorderst ist da natürlich der Aspekt, dass wir immer genauso schlau sind, wie die Spürnase – Von Suspense ist in Tote schlafen fest jedenfalls nicht zu reden. Marlowes persönlicher Blick ermöglicht der Stimmung des Films aber auch einen leicht surrealistischen Anstrich, was nicht zuletzt dem Umstand geschuldet ist, dass wir es hier mit einer reinrassigen Studioproduktion zu tun bekommen, dessen künstliches Flair diesen Ansatz akzentuiert. Es ist eine Nacht der langen Schatten, in die man sich als Zuschauer in Tote schlafen fest verliert.
Zigaretten und der ihr zugesprochene Qualm ziehen in die nächtliche Schwärze. Der Duft von Tabak verharrt in der Luft, Alkohol in rauen Mengen glich einem Statussymbol und die Gesellschaft schien in Ungerechtigkeit und Unbehagen zu versinken. Marlowe hat es längst aufgegeben, sich Illusionen über das Leben zu machen, aber er glaubt noch an das Gute im Menschen. Seine Figur ist packend, nicht nur, weil Bogart sie mit einem markanten Charisma füllt, sondern weil sie immer von einer romantischen Melancholie umflort scheint, die seinem Charakter eine attraktive Tiefe schenkt. Dieser klassische Film Noir, der in Dialogsequenzen Howard Hawks Screwball-Vergangenheit herausstellt, sollte gesehen werden, mehrfach. Nicht zuletzt, weil er verstanden hat, was einer Stadt am meisten schadet: Zu viele Waffen und zu wenig Hirn.
Fazit
Ein Film, der seine Größe wohl erst nach mehrfacher Sichtung entfalten kann. In jedem Fall aber steht fest: Dieses Monument aus der war time period des Film Noir ist vollkommen zu Recht eines der glanzvollen Aushängeschilder der Schwarzen Serie. "Tote schlafen fest" interessiert sich nicht sonderlich für ein akkurates Storytelling, stattdessen ist das hier vor allem ein ästhetisches Erlebnis. Eine einprägsame Nacht der langen Schatten, die man, auch dank der tollen Performances, immer wieder entdecken sollte.
Autor: Pascal Reis