Inhalt
Deutschland, zu Beginn des 20. Jahrhunderts: in der Gemeinde Vandorf kommt es seit fünf Jahren zu einer Reihe ungeklärter Todesfälle. Das besondere Merkmal: die Opfer sind zu Stein erstarrt. Als auch sein Vater und Bruder diesem Fluch zum Opfer fallen, begibt sich Paul Heitz aus Leipzig dorthin, um der Sache auf den Grund zu gehen. Die Spur führt in ein seit Jahrzehnten verlassenen Schloss, in dem sich scheinbar eine mystische Kreatur herumtreibt.
Kritik
Heimlich, still und leise läutete Die brennenden Augen von Schloss Bartimore – seinerzeit auch völlig unabsichtlich – das Ende einer Ära und somit auch den Neuanfang wie die schleichenden (erste) Neuausrichtung der Hammer-Studios an. Seinen Ruhm begründete die B-Movie-Schmiede anfangs durch die Neuinterpretationen klassischer Horror-Motive, was 1962 mit Das Rätsel der unheimlichen Maske (ihre Version von Das Phantom der Oper) auserzählt schien. Bereits jetzt war man auf eher unorthodoxer (um nicht zu sagen „panischer“) Suche nach neuem Input, weswegen Hammer-Chef James Carreras in der Zeitschrift The Daily Cinema öffentlich dazu aufforderte, ihnen Ideen für neue Projekte zu pitchen. Angenommen wurde das Manuskript eines Kanadiers namens J. Llewellyn Devine, der selbst gar kein professioneller Autor war. John Gilling (Nächte des Grauens) machte daraus ein Skript und wollte dies ursprünglich auch selbst verfilmen, dies wurde aber in die Hände von Terence Fisher (Dracula) gegeben, dem wohl unbestritten besten Regisseur des Studios. Im Nachhinein die goldrichtige Entscheidung, denn ohne ihn wäre das Projekt vermutlich sehr deutlich gescheitert, was die (mal wieder) chaotische Entstehungsgeschichte vermuten lässt.
Gilling war nicht zufrieden mit der Adaption seines Skripts und beschuldigte Produzent Anthony Hinds, markante Änderungen vorgenommen zu haben. Co-Star Christopher Lee (The Wicker Man) hatte nach knapp drei Jahren Hammer-Auszeit sowieso nur zugestimmt, da er wieder mit seinem guten Freund Peter Cushing (Draculas Hexenjagd) drehen wollte und kritisierte das gesamte Vorhaben bereits im Vorfeld. Das daraus überhaupt noch ein grob anschaubarer Film herausgekommen ist, mag wie ein Wunder erscheinen – oder mal wieder der Tatsache geschuldet, dass bei Hammer damals eigentlich verdammt viel Qualität versammelt war, die man sich selbst kaum eingestehen konnte bzw. wollte. Und auch deshalb ist Die brennenden Augen von Schloss Bartimore teilweise sogar famos, aber in weiten Teilen leider auch etwas verschenkt. Ein ambivalentes Erlebnis, was eben genau diese Schnittstelle von der Golden Era des Studios hin zur Trial-and-Error-Phase ab Mitte der 60er darstellte. Das Ende dieser Ära wurde allein durch die Personalien verdeutlicht: es war der letzte (Hammer)Film des Trios Fisher/Cushing/Lee. Sie sollten unter anderer Schirmherrschaft nochmal gemeinsam drehen, aber speziell für Hammer war dies ein bedeutender Schlusspunkt.
Geprägt war diese erste Hammer-Periode (die 1957 mit Frankensteins Fluch richtig zur Marke wurde) durch minimalistischen, aber ungemein stimmigen Gothic-Horror, orientiert an klassischen Motiven. Die heilige Dreifaltigkeit des Studios war da allgegenwärtig und maßgeblich beteiligt an den Greatest Hits. Für Die brennenden Augen von Schloss Bartimore wurde sie noch einmal zusammengeführt, die Inspiration war diesmal aber in der griechischen Mythologie begründet. Ein schöner Einfall, wenn diese in das erprobte Setting transportiert wird. Die Geschichte der Medusa präsentiert im Umfeld eines verlassenen Schlosses in der deutschen Provinz, was speziell in der ersten halben Stunde hervorragend aufgebaut wird. Insbesondere die inszenatorischen Fähigkeiten von Terence Fisher kommen zur Geltung, wenn in Schlüsselszenen das Grauen schleichend und trotzdem effektiv auf den Punkt gebracht wird. Das sieht und hört sich viel besser an, als es realistisch betrachtet sein sollte. In dieser wahnsinnigen Stärke liegt leider auch die eindeutige Schwäche begründet, die abseits des inszenatorischen Geschicks liegt.
Fern der bärenstarken Sequenzen rund um die tatsächliche Präsenz der Dame mit der eigenwilligen Haarpracht und dem stechenden Blick verläuft sich ein (angeblich ja massiv) abgeändertes Skript in der zweiten Hälfte zu oft in narrativ ungünstigeren Dialog-Passagen, die die Geschichte zwar erzählen, aber zu wenig erleben lassen. Das wird immer dann besonders deutlich, wenn das Erlebnis Raum bekommt. Das viel zu knapp gehaltene 5-Minuten-Finale ist viel besser als die 25 Minuten zuvor. Pacing-Probleme ist eindeutig das Stichwort bei diesem Film, der rein handwerklich und von seiner partiellen Atmosphäre locker in der oberen Garde des Studio-Outputs mitspielen könnte. Das rückt die Schwächen zwar sehr ersichtlich in den Vordergrund, gleichzeitig wird aber genauso deutlich, was bei Die brennenden Augen von Schloss Bartimore eigentlich unglaublich gut funktioniert. Im MCU-Zeitalter würde man eventuell wirklich vom (versehentlichen) Ende von Phase Eins sprechen. Vielleicht nicht der beste denkbare Schlusspunkt, aber einer, der nochmal die großen Qualitäten dieses Abschnitts verdeutlicht. Später wurde es anders. Nicht immer zwangsläufig schlechter – gerade im Vergleich mit diesem Film –, aber eindeutig anders. Phase zwei war dann auch noch gesegnet mit dem ein oder anderem Hit, selbst Phase drei (ab Anfang der 70er) noch – aber das waren nur noch reine Sonntagsschüsse. Mit dem Ende der heiligen Hammer-Ménage-à-trois ging etwas verloren, was sich selbst rückwirkend kaum erklären lässt. Und was in dieser Form nie wieder rekreiert werden konnte.
Fazit
Nach einem großartigen Beginn flacht „Die brennenden Augen von Schloss Bartimore“ leider deutlich ab, was eindeutig an dem Qualitätsunterschied zwischen Inszenierung und Narration liegt. Auf rein handwerklicher Eben für seine Kategorie mustergültig und partiell unfassbar stimmungsvoll, die unnötig schleppende Erzählung bremst diese Vorzüge speziell im Schlussakt leider massiv aus. Trotz aller Kritik aber ein Film, den sich Fans des Studios nicht entgehen lassen dürfen. Ein leicht verhinderter Klassiker, der über wahnsinnig viel Potential verfügt.
Autor: Jacko Kunze