Inhalt
Revolverhelden und Rache dominieren „Desperados“ aus dem Jahr 1955, einem stahlharter Western, der einen methodischen Weg zur Rache untersucht. George Montgomery spielt einen Cowboy auf einer besonderen Mission, der sich mit Viehdieben anlegt und dabei einen zwielichtigen Komplizen (Richard Boone) trifft, während ein anderer (Peter Graves) geradezu antagonistisch ist, was die Jagd nach dem untröstlichen Helden erschwert. „Desperdos“ ist kein komplexer Genrefilm, sondern begnügt sich mit den Grundlagen von Einschüchterung und gewalttätigem Verhalten, lässt Schießereien und Faustkämpfe nicht aus, während Regisseur Sidney Salkow die Spannung gekonnt aufbaut und am Laufen hält.
Kritik
In den 1950er Jahren war der Western-Boom in Hollywood auf seinem Höhepunkt und das wohl US-amerikanischste Genre überhaupt lieferte ab wie am Fließband. In Zeiten von Kalter Krieg und der paranoiden Angst von kommunistischer Unterwanderung war das genau der Wohlfühlzonen-Stoff, bei dem man sich nicht mit den echten Problemen der Realität auseinandersetzen musste und sich lieber in der Welt von echten Männern und wahren Helden verlieren konnte. Da war natürlich nicht alles hochkarätig, erfüllte seinerzeit aber absolut seinen Zweck. Ein solcher Film ist auch Desperados, beruhend auf der im Original gleichnamigen Novelle Robber’s Roost aus der Feder von Zane Grey (Wagon Wheels), der die Vorlage für etliche Westernadaptionen lieferte. Auch diese Geschichte wurde bereits 1932 verfilmt, unter der Regie von Veteran Sidney Salkow (The Last Man on Earth) entstand 1955 diese Neuinterpretation.
Die Story ist relativ schlicht gehalten und das Ganze wird in damals meist üblichen < 90 Minuten sehr kompakt erzählt. Da der nach einem Unfall an den Rollstuhl gefesselte Viehbesitzer Herrick (Bruce Bennett, Der Schatz der Sierra Madre) Angst um seine Herde hat, greift er zu einer eher sonderbar anmutenden Methode: er engagiert mit Hays (Richard Boone, Am Abend des folgenden Tages) und Heesman (Peter Graves, Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug) genau die beiden Ganoven, vor denen er sich am meisten fürchtet, um die Herde zu beschützen. Damit glaubt er, die beiden spinnefeinde Konkurrenten würden sich und ihre Männer gegenseitig in Schach halten. Minus mal Minus ergibt Plus…oder so. Dieser seltsame Plan scheint zunächst sogar aufzugehen, da keiner dem anderen die Beute gönnt und eine Kooperation unmöglich erscheint (obwohl sie ja auch FÜR Herrick zusammenarbeiten, aber nun gut…). Das oder besser die Zünglein an der Waage sind ein Fremder namens Tex (George Montgomery, Der Rebell von Palawan), der sich kurz zuvor der Bande von Hays angeschlossen hat, und Helen (Sylvia Findley, Black Tuesday), die Schwester von Herrick. Als sich Hays schlussendlich doch entschließt, die Herde seines wehrlosen Arbeitgebers zu stehlen (na so was), entführt er nämlich auch Helen. Dies erhält insgeheim Unterstützung von Tex, der scheinbar mit Hayes noch eine Rechnung offen hat.
Wie man vielleicht schon rausgehört hat, die Grundprämisse von Desperados steht von Anfang an auf wackeligen Beinen. Bevor mir die beiden größten Viehdiebe der Gegend die Herde klauen, setze ich sie prophylaktisch auf die Lohnliste, dann passiert schon nichts. Noch merkwürdiger als das ist, wie lange das tatsächlich funktioniert. Liegt auch daran, dass dieser Film ganz klar ein Kind seiner Zeit ist und selbst die hier dargestellten Schurken im wahren Wilden Westen kaum fünf Minuten überlebt hätten. Da kabbeln sich die rivalisierenden Parteien wie Banden auf dem Schulhof. Statt sich gegenseitig auszuschalten, wird nur etwas rumposaunt und sogar beim letztendlichen „Dolchstoß“ werden die Kontrahenten nur brav ans Bett gefesselt, anstatt sie eiskalt über den Haufen zu schießen. Ein Glücksfall auch für Geisel Helen. Man mag sich gar nicht vorstellen, was ein Haufen von Banditen wirklich mit einer bildhübschen Frau in ihrer Situation angestellt hätte, das hier hat mehr was von einem etwas missglückten Blind Date mit Campingausflug. Immerhin gibt es mit Happy Jack sogar den Troubadix der Gruppe, der andauernd eine liebliche Ballade säuselt, damit die Stimmung nicht kippt. Erst am Ende wird tatsächlich mal scharf geschossen und Protagonist Tex erläutert fünf Minuten vor Schluss, warum er sich denn wirklich der Bande von Hayes angeschlossen hat, während alle Zusehenden sich fragen, warum er denn bis jetzt damit gewartet hat. Macht wenig Sinn, aber in dieser Welt wartet der sterbende Schurke auch noch mit dem Abnippeln ganz artig, damit er auch ja noch den eintrudelnden Gesetzeshütern seine Schandtaten gestehen kann. So gehört sich das.
Wie man lesen kann, nach heutigem Maßstab ist Desperados leider in vielerlei Hinsicht hoffnungslos veraltet. Dabei geht es gar nicht mal um das Handwerkliche, das in im zeitlichen Kontext absolut in Ordnung und wer sich mit Filmen dieser Zeit öfter auseinandersetzt, wird diesbezüglich dieser nicht gerade riesigen Produktion wenig vorwerfen können. Dank der kurzen Laufzeit kommt auch keine echte Langeweile auf, nichtsdestotrotz wirkt das meiste narrativ sehr antiquiert und bieder, wie leider so einige Beiträge dieser Epoche heutzutage. Insgesamt ist und war das auch nie schlecht, besitzt inzwischen aber kaum noch eine Notwendigkeit in irgendeiner Form.
Fazit
Beinharte Western-Fans bekommen mit „Desperados“ generell grundsolide Kost auf dem gehobenen B-Movie Standard der 50er Jahre abgeliefert, aber mehr als dieses Publikum wird damit aus heutiger Sicht mit Sicherheit nicht mehr abgeholt. Das hat man alles schon deutlich besser gesehen, auch zur damaligen Zeit. Ein Film für Liebhaber- und Sammler*innen, eine vergessene Perle schlummert hier leider nicht.
Autor: Jacko Kunze