7.8

MB-Kritik

Der Schatz der Sierra Madre 1948

Action, Adventure, Drama, Western – USA

7.8

Humphrey Bogart
Walter Huston
Tim Holt
Bruce Bennett
Barton MacLane
Alfonso Bedoya
Arturo Soto Rangel
Manuel Dondé
José Torvay
Margarito Luna
Robert Blake
Guillermo Calles
Roberto Cañedo
Spencer Chan
Jacqueline Dalya
Ralph Dunn

Inhalt

Drei Abenteurer treffen sich in dem mexikanischen Nest Tampico, um gemeinsam auf Goldsuche zu gehen. In der gottverlassenen Einöde der Sierra Madre finden die drei tatsächlich den gelben Schatz - aber er wird ihnen kein Glück bringen. Das Gold verändert sie. Vor allem Dobbs sät Misstrauen unter den Männern und verdächtigt die anderen zwei, ihn hereinlegen zu wollen. Auf dem Rückweg entzweien sie sich, Dobbs, der durch einen Lotteriegewinn die Ausrüstung ermöglicht hatte, zieht mit dem Gold davon. Die Partner finden ihn in der Wüste, ermordet von Banditen.

Kritik

Regisseur, Autor und Produzent John Huston ist wohl ohne Zweifel einer der Pioniere des modernen Kinos. Seine Filme sind zeitlose Klassiker, die nicht nur das Genre des Film-Noir prägten, sondern auch bis heute nachwirken und unzählige Filmemacher in ihrer Arbeit beeinflussen. Egal ob Die Spur des Falken, Gangster in Key Largo, Asphalt-Dschungel oder African Queen. Was Huston anzog war das Menschliche, das raue Leben mit all seinen Facetten und Konsequenzen und eben damit verbunden auch die Tragik des Seins an sich. Kein Wunder also, dass er sich schon früh in seiner Karriere als Regisseur dem Stoff des mysteriösen Buchautors B. Traven annahm und sich ins Abenteuer der Goldsuche mit Der Schatz der Sierra Madre (OT: The Treasure of the Sierra Madre) stürzte. Was folgte war nicht nur eine der aufwendigsten Produktionen der damaligen Zeit (gedreht wurde an Originalschauplätzen), sondern auch eine gekonnte Gesellschaftskritik, eine treffsichere sozialpsychologische Analyse sowie absolut fantastische Darsteller, die zwischen Gier und Wahnsinn hin und herschwanken. Kurzum: Ein absolutes Meisterwerk der Filmkunst und einer der besten Filme aller Zeiten.

„Wasser ist kostbar. Manchmal noch kostbarer als Gold."

Der Schatz der Sierra Madre musste indes bereits früh – und zwar schon zu Beginn des Drehs – einiges an Ablehnung einstecken: Die offen propagierte Kapitalismuskritik, die bereits im Originalroman von B. Traven treffend formuliert wird, sollte abgemildert werden und auch die finstere Figur von Humphrey Bogart war dem Studio deutlich zu heikel. Doch John Huston konnte sich durchsetzen und so den Roman mit all seinen finsteren Abgründen erzählen. So bekommt der Zuschauer nicht nur zu Beginn eine Gesellschaft präsentiert, in der das Überleben eine Frage von Stehlen, Betrügen und Lügen ist, sondern in der scheinbar das Glück einzig in der Ferne liegt – mit verheißungsvollen Versprechungen nach Gold, Gewinn und damit verbunden Macht. Schnell stellt sich für Dobbs (Humphrey Bogart) sowie den Zuschauer aber heraus, dass die Versprechungen ebenso inhaltsleer sind, wie die Frage nach dem Glück durch Besitz. Gerade die Figur des Howard (fantastisch von Walter Huston – dem Vater von John Huston – gespielt) wird hier zum Orientierungspunkt. Schon früh erzählt er von Märchen der Goldsuche, von Abenteuern, aber eben auch vom Gold, welches ein aberwitziges Konzept des Kapitalismus ist und einzig besteht, weil es eben so rar ist. Gold als Sinnbild für Hoffnung auf ein besseres Leben. Eine Farce – wie auch das Trio von Dobbs, Curtin (Tim Holt) und Howard schnell in der Wildnis der Sierra Madre erfahren müssen.

Und so wird dann Der Schatz der Sierra Madre auch schnell zum psychologischen Spiel: Spätestens wenn das Abenteuer in den rauen, undurchdringbaren wie lebensfeindlichen Gebirgszügen beginnt, startet auch bei den Figuren eine Abwärtsspirale, die wenig Menschliches übriglässt. Neid, Missgunst und Habgier werden zu den treibenden Motiven und gerade Humphrey Bogart kann hier als psychisch labiler wie paranoider Dobbs brillieren. Die Parabel funktioniert eben auch gerade daher so gut, weil nicht nur der Film so authentisch gedreht wurde (die Schweißperlen sind ebenso echt wie die Anstrengung), sondern die Figuren sich gekonnt der Prämisse annehmen und so immer größere Fragen stellen. Was ist überhaupt Glück? Wie weit würde ein Mensch für Gold, Macht und Besitz gehen? Was ist Freundschaft wert und wie schnell bleiben gesellschaftliche Konventionen im Wahnsinn des Goldes verschollen? Regelrecht feinfühlig und dabei zudem herausragend mit der dichten Kamera eingefangen, wird so der Film zum psychologischen Experiment, welches aber auch aufzeigt, was für Konsequenzen pure Habgier haben kann.

Hier fügt sich auch passend die Figur des Cody (Bruce Bennett) ein, dessen Frau ihm per Brief ausrichtet, dass doch das wahre Glück in der Schönheit der Obstgärten besteht, welche ihre Heimat so wunderschön machen. Und während so Dobbs sich selbst und die Welt verliert, scheinen zumindest Curtin und Howard einen Anker gefunden zu haben, der Leben beinhaltet. Die Konsequenzen sind schließlich ebenso brutal wie die Vorstellung der Gier an sich. Am Ende gibt es zumindest hier doch aber Gerechtigkeit.  An den Kinokassen wurde schließlich Der Schatz der Sierra Madre aber ein Flop. Dies lag zuweilen nicht am Film selbst – immerhin folgten 4 Oscarnominierungen sowie 3 Oscars (für Walter Huston als bester Nebendarsteller, John Huston als bester Regisseur sowie als bester Drehbuchautor) – sondern an der gezeigten Stimmung des Films. So kurz nach dem zweiten Weltkrieg war ein so starker Pessimismus mit einer damit verbundenen rauen wie bitteren psychologischen Gewalt wenig erwünscht. Dennoch hat der Film die Zeit überdauert und zählt heute nicht umsonst als einer der besten Abenteuerfilme überhaupt.

Fazit

"Der Schatz der Sierra Madre" ist ein ebenso imposanter wie wichtiger Film: Seine Botschaften sind zeitlos, die tiefgreifende psychologische Charakteranalyse brillant und die Darsteller – allen voran Humphrey Bogart sowie Walter Huston – absolut fantastisch. Nur wenige Filme können ihre Zuschauer so unter ihrer Tiefgründigkeit begraben wie die gelungene Parabel von John Huston. Jeder Filmfan sollte sich einmal in die Sierra Madre gewagt haben, denn so schnell lässt einen der Film danach nicht mehr los.

Autor: Thomas Repenning
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