Inhalt
Die von Geburt an querschnittsgelähmte Nica lebt inzwischen wieder bei ihrer psychisch labilen Mutter Sarah. Kurz nachdem ihnen ein Unbekannter eine „Good Guy“-Puppe zugeschickt hat, begeht Sarah (vermeidlich) Selbstmord. Nica’s Schwester Barbie reist samt Gefolge an - und die Falle macht schnapp…
Kritik
„It’s a doll. What’s the worst that can happen?“
Wohl kaum jemand ist so exklusiv mit seiner Schöpfung verheiratet wie Don Mancini. Bis auf das Script zu dem lausigen Underground Werewolf und Episoden-Ausflügen im TV-Bereich (Geschichten aus der Gruft & Hannibal) ist der geistige Vater von Plastik-Plagegeist Chucky ausschließlich für seine Kreation da. Zu jedem Teil des bis dahin fünf Titel umfassenden Franchise steuerte er mindestens das Drehbuch bei, ab 2004 und Chucky's Baby übernahm er erstmalig auch direkt den Regieposten. Nach einer längeren Auszeit fiel das Comeback erstaunlich unspektakulär aus: Wurde bisher jeder Film der Serie für die große Leinwand ausgewertet, ploppte Curse of Chucky nur auf dem DTV-Markt auf. Zwar mit relativ großem Medieninteresse, ist ja schließlich Chucky, dennoch ein deutlicher Schritt zurück. Aber vielleicht auch kein schlechter. Denn Back to the Roots, das steht über allem beim sechsten Chucky-Film und wenn das nur im kleinen Rahmen profitabel zu realisieren ist, dann soll es so sein. Das Ergebnis spricht, Gott sei dank, für sich.
-„He says, there is no god.“
-„Who said that?“
-„Chucky did. He said that life is a bitch and then you die, bleeding like a stuck pig!“
Im Konzert der populären Horrorfilm-Serientäter ist das Chucky-Franchise allein aus einem Grund schon ein kleiner Außenseiter und deshalb in seiner beharrlichen Beständigkeit umso bemerkenswerter: Ihm fehlt sein unbestrittener, alles weitere überragender Klassiker. Egal, ob Halloween - Die Nacht des Grauens, Nightmare - Mörderische Träume, Freitag der 13., Hellraiser - Das Tor zur Hölle oder sogar Saw: Jede dieser gefühlten Endlosschleifen hat mindestens einen Beitrag (bei allen wenigstens das Original), der ihren zeitlosen Ruhm absolut rechtfertigt. Wohingegen Chucky – Die Mörderpuppe von 1988 qualitativ da nicht mithalten kann. Das hausinterne Highlight bildet definitiv Chucky 2 – Die Mörderpuppe ist zurück, aber selbst der ist trotz seiner individuellen Klasse nicht auf dem Niveau der Prunkstücke der direkten, namenhaften Konkurrenz. Warum also ist der kleine, fluchende Kinderschreck mit der Seele von Serienmörder Charles Lee Ray einfach nicht totzukriegen und trotz schwankender Qualität zwischen gut, nett und uninteressant immer noch einen weiteren Film wert? Die Grundidee bleibt reizvoll, da kindliche Urängste kitzelnd, mit einem subversiven Gedanken behaftet – und seine Figur hat definitiv etwas Ikonisch-Einzigartiges.
Nach der ersten (gelungenen) Reanimation durch die Comedy-Schiene mit Chucky und seine Braut war Mancini direkt in Doppelpersonalie verantwortlich für den überdrehten Meta-Unfug Chucky's Baby und erkannte daraufhin wohl, das nun die berühmte Reisleine fällig war. Dementsprechend lange dauerte es bis zur trotzdem unvermeidlichen Rückkehr, diesmal aber sich besinnend auf die Anfänge. Es erinnert narrativ deutlich an das Original, toppt es in seiner ursprünglichen Intention sogar massiv, indem er alles in teilweise astrein vorgetragenen Suspense investiert. Keine Jumpscares, kein Splatter- und Bodycount-Festival (es gibt hier und da mal was, aber es besitzt dadurch spontanen Highlight-Charakter), nicht die Spur von Comedy, dafür lieber subtile, trockene Ironie, wenn es die Situation einfach ermöglicht. Bestände die theoretische Chance, dass jemand völlig unvorbereitet hier in das Universum einsteigt, er würde mit einem hervorragenden, ersten Akt konfrontiert werden. Und da wir uns gerne in dieses „Was-wäre-wenn-Szenario“ einfügen, verblüfft Curse of Chucky mit seiner zurückgenommenen, aber schaurigen und handwerklich stellenweise exzellenten Vorgehensweise.
Home Invasion durch eine Puppe, denn das Geschehen verlagert sich grundsätzlich nie aus den irgendwann Gefängnis-ähnlichen vier Wänden hinaus, was die eingeschränkte Mobilität der Protagonistin Nica (Fiona Dourif, The Purge, Tochter von Chucky-Stimme Brad Dourif) geschickt begreifbar macht. Geschickt ist das Stichwort für die erste Hälfte von Curse of Chucky, die es versteht die Aktivität seines Antagonisten auf ein Minimum zu beschränken und trotzdem ihn und sein meist unsichtbares Treiben als allgegenwärtig zu etablieren. Das ist wirklich gutes Suspense-Kino, da wir natürlich alle wissen, was am Ende blühen wird. Gipfelnd in sogar richtig clevere Sequenzen (das perfekte Chilli-Diner), fortgeführt durch ein paar interessante Einfälle, effektiv begleitet durch eine schleichend-gleitende Kamera, die jeden Winkel des Herrenhauses als mögliche Gefahrenquelle auslotet und entsprechend als quasi narratives Mittel nutzt. Die dadurch geschürten Hoffnungen erweisen sich dann leider als etwas zu hoch für ein im Umkehrschluss zu beliebiges Finale, das zwar versucht eine sinnvolle Brücke zum Gesamtuniversum zu schlagen, aber daran auch irgendwie scheitert. Dieser Chucky hätte wunderbar ohne irgendwelche dusseligen Rechtfertigungen allein wegen seiner Umsetzung funktioniert, so werden Querverweise drangenagelt, über die man als Kenner gerne lächelt, die jedoch die Wirkung des individuell anmutenden Vorlaufs wieder abfedern. Trotzdem ein erstaunlich guter Neuanfang, der eigentlich nur über seinen scheinbar als wichtig erachteten Fanservice stolpert.
-„Chucky, i’m scared!“
-„You fuckin‘ should be!“
Fazit
Eine gelungen Frischzellenkur bzw. Rückbesinnung. „Curse of Chucky“ dreht den Karneval-Regler wieder auf null und versucht sich als reiner Spannungsfilm neu (wieder)zu erfinden. Das er am Ende dem Reiz erliegt, sein ernsthaftes Anliegen wieder durch Zugeständnisse und etwas Bauchpinselei für das eigene Schaffen leicht zu verwässern ist bedauerlich, aber nicht richtig schlimm. Es ist ja nicht unverständlich. Passt nur nicht ganz in den Rahmen, der lange erstaunlich gut wirkt. Insgesamt ein gelungenes Wiedersehen mit sehr gutem Ansatz, der nicht konsequent verfolgt wird.
Autor: Jacko Kunze