Inhalt
An einer südkalifornischen Highschool fristet Brendan Frye ein selbst gewähltes Außenseiter-Dasein. Als eines Tages seine Ex-Freundin auf mysteriöse Weise verschwindet, begibt er sich auf Spurensuche und seziert das Cliquensystem der Highschool. Dabei wird er von betörenden Girls betrogen, bekommt es mit einem brutalen Schläger zu tun, und landet in den Armen des Drogenbarons The Pin. Doch Einzelkämpfer Brendan denkt gar nicht daran, sich jemandem unterzuordnen. Er sucht so lange weiter, bis er der grausamen Wahrheit gegenüber steht.
Kritik
Für einen Film wie Brick braucht es eine ordentliche Portion Mut und idealistisches Durchhaltevermögen. Regisseur und Drehbuchautor Rian Johnson brachte beides auf und kratzte über einen Zeitraum von sechs Jahren genug Geld zusammen, um sein 1997 entstandenes Drehbuch in die Tat umzusetzen. Obwohl sein Erstlingswerk es dem Zuschauer nicht gerade einfach macht, einen Zugang zu finden, gewann es eine ganze Reihe an Preisen. Von seiner Familie finanziell wie künstlerisch unterstützt, schuf Johnson mit seiner ungewöhnlichen Aufbereitung einer Teenager-Geschichte einen film noir, wie er im Buche steht. Und doch wird man das Gefühl nicht los, etwas so Eigenwilliges gesehen zu haben, dass es eine übereilte und achtlose Genrezuweisung nicht verdient hat.
In Brick schickt Rian Johnson seinen großartig aufgelegten Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt in der Rolle eines Einzelgängers im High-School-Alter ins Fahrwasser krimineller Machenschaften. Brendan erhält einen konfusen Anruf seiner Ex-Freundin Emily (Emilie de Ravin), der einen Strudel an Ereignissen nach sich zieht, die ausschließlich auf der dunklen Seite der Welt stattfinden. Selbst Szenen im strahlenden Sonnenschein fängt die Kamera so geschickt ein, dass sie schaurig und kalt wirken. Wenn Brendan im Keller eines Hauses das durch ein Fenster hereinfallende gleißende Licht mit einem großen Spiegel in die dunklen Ecken reflektiert, dann wird dem Zuschauer die Düsternis dieses Films einmal mehr bewusst. Der Filmheld stellt auf eigene Faust Ermittlungen an, die ihn ins Drogendealer-Milieu und Angesicht zu Angesicht mit dem Gangsterboss The Pin (Lukas Haas) führen. Obwohl er dabei gelegentlich Unterstützung von seinem Freund Brain (Matt O´Leary) bekommt, vermittelt der Film über weite Strecken ein ungeheures Gefühl der Verlassenheit und des Alleinseins. Die Welt scheint sich gegen Brendan verschworen zu haben und des Rätsels Lösung in weiter Ferne zu liegen.
Bei einem ersten flüchtigen Blick mutet die Geschichte wie ein unspektakuläres High-School-Detektivspiel an. Mit fortschreitender Laufzeit schnürt einem die Inszenierung jedoch mit einer solchen Unnachgiebigkeit die Kehle zu, dass man glaubt, sich gemeinsam mit Brendan in den höchsten Mafiakreisen zu bewegen. Die Spurensuche führt uns von einer Begegnung zur nächsten, von einer Höhle des Löwen in eine andere. Es entspinnt sich ein Reigen an Mysterien, der mit seinen zynischen und ominösen Untertönen eine geradezu magische Atmosphäre kreiert. Handwerklich fährt Johnson dabei alles auf, was einem jungen Kreativen so einfallen kann. Die Szenen fließen nahtlos ineinander über und dabei wurde der Film wohlgemerkt an einem heimischen PC vom Regisseur selbst geschnitten. Musik und Bilder ergeben eine selten formvollendete Gesamtkomposition. Und wenn das Geräusch eines gezielten Faustschlags mit dem Rauschen eines vorbeirasenden Autos synchron aufbrandet, zeigt sich auch das Sounddesign über alle Zweifel erhaben.
Das Außergewöhnliche an diesem Erstlingswerk dürfte die ungewohnte Kombination aus Form und Inhalt sein. Ein Teenie-Film im Stile eines waschechten film noir, der an Bezügen zu den Klassikern des Genres nicht spart. In der Eigenart der Figuren und der Rätselhaftigkeit der Ereignisse schimmern Einflüsse eines David Lynch hindurch. Und doch findet Rian Johnson seinen ganz eigenen Weg, indem er die Elemente des film noir neu verknüpft und ein Gesamtkunstwerk schafft, das nach Eigenständigkeit schreit.
Fazit
Das Erstlingswerk von Rian Johnson ist eine mutige Mischung, die so abschreckend wie anziehend wirken kann. Mit klassischen Mitteln des film noir erzählt „Brick“ die Geschichte eines High-School-Schülers, der nahezu im Alleingang geheime Ermittlungen um das Verschwinden seiner Ex-Freundin anstellt. Wer sich auf diesen gewagten Trip eines experimentierfreudigen Regisseurs einlässt, wird mit einem atmosphärisch dichten und vor Originalität strotzenden Ritt in die Finsternis belohnt. Ein nahezu makelloses Juwel des Neo-Noir.
Autor: Jonas Göken