Am 11. Juli erscheint mit Yesterday der neue Film von Oscar-Preisträger Danny Boyle in unseren Kinos. Unser Stu hat das zum Anlass genommen eine Top 10 von Boyles besten Filme zu machen. Damit versuchte er wohl auch die Trauerphase zu überwinden, dass der britische Filmemacher doch nicht Regie beim neuen Bond führen wird.
Was haltet ihr von Boyle? Welche Filme sind eure Favoriten?
10: Kleine Morde unter Freunden
Das Kinodebüt von Boyle erweist sich als kleine, mit lauter spitzen Garstigkeiten ausgestatte Komödie. Ohne große Aufregung, dafür mit spielfreudigen Cast und dem Willen es eben nicht allen recht zu machen gelang Boyle kein fulminantes Debüt, aber eines, bei dem man bereits gut erkennen konnte, dass der Filmemacher mal ein ganz großer werden könnte.
9: Slumdog Millionär
Fiebriges Feel-Good-Movie in dem Boyle seinen rauen, dynamischen Stil mit farbenfroher Lebensfreude vermengt. Der Film macht es sich oft zu einfach mit seiner Erzählung, allerdings versteht sich der reiche Ghettohund vor allem als Märchen und genau als dieses funktioniert der Oscar prämierte ganz wunderbar. Man sollte aber ganz klar keinen neuen City of God erwarten.
8: 127 Hours
Sightseeing und Überlebenskampf. So schön, so beeindruckend und dann so schmerzhaft und grausam. Danny Boyle verhaspelt sich zwar mit seinen Bildern und lässt vor allem zu Beginn den Gedanken aufkommen, hier gehe es eigentlich nur um hübsche Szenen und Schnitte, aber dank James Franco und der dargebotenen Ausweglosigkeit, findet der Film schnell zu seinem eigentlichen Ziel. Was folgt ist ein Kampf, phantastisch gespielt, nahegehend und drastisch. Kein Zuckerschlecken, aber trotz aller Grausamkeit am Ende optimistisch und voll Freude.
7: The Beach
Mit The Beach zeichnen sich Danny Boyle, sein Drehbuchautor John Hodge und Vorlagengeber Alex Garland für nichts anderes verantwortlich, als die ultimative Abrechnung mit dem gockeligen, selbstbesoffenen Rucksacktourismus. Der grelle, in seiner Montagetechnik subversive und bisweilen ins Experimentelle ausufernde The Beach macht eine zynische Freude daraus, Fernweh darüber zu generieren, ganz gezielt allgemeingültige Postkartenmotive aufzubereiten und Leonardo DiCaprio tatsächlich einen Platz in diesem Garten Eden zuzusprechen, an dem er sich abseits einer Gesellschaft, die von Krebsgeschwüren befallen ist, verwirklichen kann. Angeblich. Danny Boyle blickt dem Zuschauer dabei immer wieder ganz tief und umso provokativer in die Augen.
6: Trance - Gefährliche Erinnerung
Danny Boyle spielt mit den Erwartungen. Genüsslich wandelt er seinen Thriller von einem smarten Heist-Movie in stark bebilderten Humbug. Wahrscheinlich einer der raffiniersten Edeltrash-Bomben der letzten Jahre. Alleine wenn James McAvoy beim Anblick von Rosario Dawsons... ach, das müsst ihr euch selbst ansehen.
5: T2: Trainspotting
Wer sich hier eine Kopie oder einen Epigonen des ersten Teils erhofft hat und wer den Vorgänger weder kennt oder mag, für den ist T2: Trainspotting vor allem eines: ungeeignet. Statt einfach nur plump prägende Szenen zu wiederholen, kümmert sich das Sequel um die Aufarbeitung der Vergangenheit, ohne dabei die Gegenwart zu vernachlässigen. Das ist tolles, ehrliches aber auch bitteres Kino, dass kein Rausch mehr sein will, sondern mehr eine Entgiftung - dabei aber dennoch Spaß macht. Sag ja zum Sequel!
4: Sunshine
Einen überaus faszinierenden Trip zur Sonnen hat dieser Sci-Fi Film zu bieten. So versteht es der Film immer an den richtigen Momenten zu schweigen und den Zuschauer mit einer wunderschöne Bilderflut zu übergießen, aber Sunshine hat noch mehr in Petto: Da wären die guten Darsteller, die grandiosen Toneffekte und vor allem die Atmosphäre, die trotz des fiktionalen Hintergrunds realistisch und bedrückend wirkt. Sunshine hätte das Zeug gehabt zu einen der besten Sci-Fi aller Zeiten zu werden, doch der stilistische Kurswechsel im letzten Drittel stört die Balance des Films und dennoch reicht es aus den Film in bester Erinnerung zu behalten, als intelligenten wie packenden Trip ins All.
3: Steve Jobs
Jedes Wort ein surrendes Projektil, jede Atempause ein Waffenstillstand. Das ist zwar höchst anstrengend, verfehlt dennoch aber nicht seine narrative Wirkung. Gewiss, kein normaler Mensch redet so, aber das Thema Realität wird bei Steve Jobs recht offen ausgelegt, was ohne Zweifel nicht nur die Angehörigen des Apple-Mitbegründers auf die Barrikaden treibt. Steve Jobs beweist was man mit einem guten Drehbuch, tollen Akteuren und einer versierten Regie erreiche kann: Ein energiegeladener und forscher Film, dessen Kraft und Qualität teils sogar berauschende Züge annimmt. Es sollte nur klar sein, dass Steve Jobs kein Biopic ist, sondern ein unglaublich redseliges, treibendes und vitales Charakterdrama.
2: 28 Days Later
Danny Boyle und sein Alex Garland bringen subtile Spannung und reißerische Geschwindigkeit ins Lager der Zombie-Filme. Beibehalten ist die Sozialkritik und die pessimistische Grundstimmung, aus der hier unterhaltsame zwischenmenschliche Szenen gestrickt werden, die aus den Figuren nicht nur bloße Schaufensterpuppen machen die lediglich da sind um zu rennen oder zu sterben, sondern wahre Charaktere mit denen man, auch dank der Darsteller, mitfiebert und vor allem mitleiden kann. Diese Eigenschaft, die besonders im Horrorfilm oft stiefmütterlich behandelt wird, macht aus 28 Days Later einen König des Genres. Natürlich erfindet der Film das Rad nicht neu. Er kopiert oft und offen, aber in der Art und Weise wie er Altbekanntes und scheinbar Neues zusammenstellt macht der Film einfach alles richtig. Sei es nun der fulminanten Beginn, der den Film schon vom Zombie- Einerlei abhebt, die gespenstische Musik oder die Kamera, die mit fiebrigen Bildern die direkt aus den dänischen Dogma- Filmen der 1990er Jahren her stammen könnten. Alles in allem ein geglücktes Experiment von verschiedenen Genre- Konventionen, gebündelt in der Welt des Horrorfilms.