Seine erste größere Rolle spielte er Mitte der 1980er in diesem eher etwas abseitigem Coming-of-Age-Drama, in dem es mehr um seelischen Schmerz und soziale Verwahrlosung geht, als um die Frage, ob das beliebteste Mädchen der Schule einem zum Abschlussballd begleitet. Es schien so, als ob Reeves eine Zukunft als Darsteller vor sich hatte, der in eher anspruchsvollen Produktion zu sehen ist. Filme wie Bodycheck, Gefährliche Liebschaften oder auch Eine Wahnsinnsfamilie bestätigten diese Vermutung, doch dann kam ...

... das Jahr 1989 und diese Komödie, in der er mit Alex Winter durch die Zeit reist. Die beiden spielen die titelgebenden Airheads. Diese sind sympathisch, sogar sehr liebenswert und noch heute lässt sich ein gewisser Unterhaltungswert nicht absprechen, aber es lag vermutlich an diesem Film, dass Keanu Reeves plötzlich den Ruf des netten Dummkopfs inne hatte. Ein Image dass mit Ich liebe Dich zu Tode sowie dem Sequel Bill & Ted's verrückte Reise in die Zukunft verfestigt wurde und sein wir ehrlich so richtig losgeworden ist er es erst viel später.

Nach den Excellent Adventure bewies er mit dieser Perle aus dem Sektor des Independent-Films, dass er auch hier immer noch eine Heimat hat. Eine Heimat die er auch zu späteren Zeiten immer wieder besuchte, wenn es auch nur in Nebenrollen wie z. B. Pippa Lee oder Thumbsucker war. Dazu ist der Film auch wegen River Phoenix einen Blick wert. Beide Schauspieler wurden Freunde, so dass My Private Idaho (leider) nicht nur als Schwanengesang für Phoenix funktioniert, sondern auch als Abbild einer viel zu kurzen Freundschaft. Die Tragik des Verlustes, sie war schon damals bereits ein stetiger Begleiter von Keanu Reeves.

Kathryn Bigelow erschuf mit diesem Film den ersten großen Actionklassiker der 1990er Jahre. Das Jahrzehnt bot einige davon und Keanu Reeves ist Teil von insgesamt drei. Ein sehr guter, nein, ein herausragender Schnitt. Ähnlich herausragend wie Gefährliche Brandung, der zehn Jahre später unter dem Titel The Fast and the Furious quasi neuverfilmt wurde, auch wenn die PS-Version nie die Intensität des Originals erreichte.

Hier auch gleich schon der zweite Action-Meilenstein in seiner Karriere. Diese Fahrt mit dem Bus ist immer noch ein waschechtes Brett des Genres. Reduziert auf absolute Effektivität und dabei immer noch so spannend und unterhaltsam wie beim ersten Mal. Was auffällt: Keine andere Figur aus einem Actionfilm, scheint dem echten Reeves so sehr zu ähneln, wie die Rolle des Cop Jake Traven. Der ist nämlich nicht nur ein Actionheld, sondern beweist innerhalb des Films auch immer wieder seine menschliche Seite. Achtet bei der nächsten Sichtung mal darauf. Es lohnt sich. Sowieso lohnt sich Speed immer, also der Film. Finger weg von Drogen - und dem Sequel.

John Grisham-Thriller trifft auf Teufelshörner-Horror. Damals ging der satanische Anwalt unter, konnte sich über die Jahre aber einen starken, guten Ruf aufbauen. Der Film steht stellvertretend für einige Werke mit Reeves, die erst nach und nach das Publikum erreichten. Von diesen ist Im Auftrag des Teufels aber wahrscheinlich der größte und vermutlich auch beste - immerhin spielen hier auch Al Pacino und die damals noch recht unbekannte Charlize Theron mit.

Kein anderer Film sprengte die Leinwände damals so imposant wie auch überraschend wie der Beginnn der Matrix-Saga. Klar, die Sequels sind streitbar, aber der erste Teil ist ein Meisterwerk, Meilenstein, Kultfilm, Evergreen und dazu der erste Film, der Reeves mit Martial-Arts in Verbindung brachte. Eine Liebe, die ihn seit dem Dreh zu Matrix begleitete und ihn mit Leuten bekannt machte, die ihm ein fulminates Comeback bescherte. Nicht sein erstes. Auch Matrix war ein Comeback-Film. Ganz ehrlich: Niemand Außenstehender hätte damals gedacht, dass Reeves nochmal eine große Nummer sein wird ... sie haben sich geirrt. Nicht zum letzten Mal.

Nach langer Wartezeit soll nun tatsächlich eine Fortsetzung entstehen. Der erste Teil war der letzte ganz große Hollywood-Erfolg von Reeves, nach dem die Matrix-Fortsetzungen (nett ausgedrückt) gemischt ankamen. Klar, es kamen auch noch Das Haus am See oder Street Kings, aber da Constantin ebenfalls kein riesiger Hit war, war Reeves danach erst einmal keine Person von besonderem Interesse für Hollywood. Noch nicht ganz weg vom Fenster, aber eben auch nicht mehr direkt davor. Keine Sorge, mittlerweile sollte eines bekannt sein: Comebacks kann er.

Sein Regiedebüt ist kein guter Film, überhaupt nicht. Aber er macht deutlich wie viel ihm das Action- und Martial-Arts-Kino und deren Mitstreiter*innen bedeutet. Das Ergebnis ist keine empfehlenswerte Erfahrung, aber ein respekt- und würdevolles Werk, mit dem er seine Hingabe fürs Genres mehr als deutlich macht. Als Film eine Enttäuschung, als Liebeserklärung aber zumindest charmant. Es war nicht das erste Mal, dass Reeves den oftmals Unsichtbaren des Films eine Bühne bietet. Nicht unerwähnt sollte die von ihm mitproduzierte Doku Side by Side sein, die sich um die Arbeit im Schnittraum dreht.

Wie bereits erwähnt, hatte er mehr als nur ein Comeback hingelegt. Mit dem ersten John Wick konnte er sich aber aus einem sehr tiefen Sumpf befreien. Zwar spielte er auch immer noch in Kinofilmen mit, aber trotzdem war seine hauptsächliche Heimat in den Jahren vor John Wick der Direct-to-DVD-Sektor. Ein toter Welpe, geklautes Muscle Car und viele präzise Kopfschüssen sorgten dafür, dass Keanu Reeves nach und nach wieder eine Größe wurde. Eine Größe wohlgemerkt, der sich nicht verbiegen lässt und die immer gewillt ist, immer noch ein bisschen mehr zu bieten. Das sieht man in den bislang drei Fortsetzungen sehr gut. Ohne Mister Wick hätten viele Reeves sehr wahrscheinlich vergessen. So auch Hollywood, die ihn seit dem mit diversen Rollen versorgen. Von Arthouse (The Neon Demon), über Animation (Toy Story 4) bis hin zu einem geglückten (Bill & Ted retten das Universum) sowie einem  gescheiterten (Matrix Resurrections) Revival war alles dabei.