Inhalt
Frank ist ein junger erfolgreicher Anwalt bei einer großen Versicherungsgesellschaft, dessen Privatleben und Ehe jedoch eher trostlos sind. Als er ein Schlupfloch entdeckt, das seinem Arbeitgeber die Auszahlung einer großen Versicherungssumme erspart, winkt eine Beförderung. Sein Freund und Kollege Jeff überredet ihn daraufhin, den Erfolg am Abend gebührend zu feiern. In einer Bar stoßen die beiden auf die Freundinnen Natalie und Theresa. Nach ein paar Drinks ziehen alle gemeinsam weiter zu einer privaten Party, auf der Frank und Theresa auf den mysteriösen Aeolus treffen, der die beiden zur Einnahme einer speziellen halluzinogenen Droge überredet. Frank findet sich unversehens auf einem Trip wieder, der nicht nur sein gesamtes Leben, sondern anscheinend auch das Raum- und Zeitgefüge auf den Kopf stellt.
Kritik
Jedem ist doch das Gefühl geläufig, aus einem Traum zu erwachen, der sich so real angefühlt hat, dass es beinahe eine Ewigkeit benötigt, um wieder zurück in die Realität zu finden. Regisseur Gille Klabin stellt mit The Wave nun gewissermaßen die Frage, warum man überhaupt immer wieder dem sklavischen Streben nachgibt, zwangsläufig aufwachen zu müssen? Was erwartet einen schon, im Hier und Jetzt, in der Gegenwart? Frank (Justin Long, Galaxy Quest – Planlos durchs Weltall) hat jedenfalls zur Genüge am eigenen Leibe erfahren müssen, dass die Wirklichkeit nicht immer begehrenswerter Natur ist. Vor allem, wenn man sich wie er, in einem Hamsterrad befindet, dessen Achse sich immer und immer wieder nur um den Job, die Frau und den Hund dreht. Eine (Realitäts-)Flucht muss her, dringend.
Man kann The Wave auch als Ausbruchsfilm beschreiben. Frank ist Unternehmensanwalt, dessen Leben sich als Partner in diesen kalten, gesichtslosen Kanzleien abspielen. Jene anonymen Großraumbürokomplexe, wie man sie in all ihrerer sinistren Bedrohlichkeit aus den Romanen von John Grishman kennengelernt hat. Zuhause erwartet ihn eine Frau (Katia Winter, Knight of Cups), die ihm scheinbar schon lange kein Rückhalt mehr geben kann – oder nur bis zur Belastbarkeit der Kreditkarte. Gille Klabin hat dabei vor allem mit der Besetzung seines Protagonisten einen echten Coup gelandet. Justin Long mag zwar kein unbeschriebenes Blatt in der Filmbranche sein, über seine schauspielerischen Qualitäten, die über Nebenrollen in Komödien hinausgehen, scheinen sich jedoch nur die wenigsten zu wissen. Dementsprechend angenehm ist es, Long nicht nur in der Hauptrolle, sondern auch gefordert zu sehen.
Der interessanteste Punkt, den The Wave dann letztlich auch relativ konsequent (und enigmatisch) bis zum Ende ausspielt, ist der Gedanke, dass unsere Realität schlichtweg nur eine Wahlmöglichkeit ist. Wo Zeit ein Konzept ist, scheint auch das Bewusstsein eine Maßeinheit, die sich nach und nach potenzieren lässt – im Zweifelsfall eben auch mit halluzinogenen Substanzen. Dass sich The Wave aber weder an die alptraumhafte Immersion eines Enter the Void herankommt, noch die rauschartige Kater-Melancholie eines Fear and Loathing in Las Vegas aneignet, liegt vor allem daran, dass er trotz seines Odyssee-Charakters merkwürdig tiefstapelt. Ein Film über Risiken, wenn man so möchte, der sich letztlich aber dafür scheut, wirkliche Risiken einzugehen. Das Transzendentale ist hier ein schriller Bildersturm, doch The Wave weigert sich, sich von den Farben und Pinselstriche dieses Bildes durchdringen zu lassen.
Fazit
Gut besetzt, interessante Gedanken, aber letzten Endes dann doch etwas zu handzahm und risikoscheu, als dass er zu einer neuen Referenz im Drogen-Kino avancieren könnte. "The Wave" allerdings hat dennoch seine Daseinsberichtigung, weil er dem nach wie vor sträflich unterschätzten Justin Long endlich wieder die Chance gibt, in einer Hauptrolle zu überzeugen.
Autor: Pascal Reis