Inhalt
Earl Stone ist ein fast 90-Jähriger Mann, dessen Geschäft kurz vor der Zwangsschließung steht. In diesem Moment wird ihm ein scheinbar einfacher Job als Fahrer angeboten – tatsächlich wird Earl damit aber zum Drogenkurier eines mexikanischen Kartells. Seine Arbeit macht er so gut, dass er danach eine noch größere Ladung transportieren soll – wofür er allerdings auch einen Aufpasser des Kartells zur Seite gestellt bekommt. Darüber hinaus ist der mysteriöse neue Drogenkurier auch auf dem Radar des kompromisslosen DEA-Agenten Colin Bates aufgetaucht. Und auch wenn Earls Geldprobleme nun Geschichte sind, lasten doch andere Fehler der Vergangenheit schwer auf ihm, und es ist ungewiss, ob ihm noch genug Zeit bleibt, um diese wiedergutzumachen, bevor die Hand des Gesetzes – oder die Auftragskiller des Kartells – ihn erwischen.
Kritik
Eigentlich sollte Gran Torino das letzte Mal sein, dass Oscar-Preisträger Clint Eastwood (Million Dollar Baby) vor der Kamera aktiv ist. Doch bereits vier Jahre später sah man ihn an der Seite von Amy Adams(American Hustle) und Justin Timberlake (In Time - Deine Zeit läuft ab) in Back in the Game. Dort agierte der ehemalige Westernheld allerdings nicht als Regisseur. Bei The Mule ist Eastwood nun aber wieder in beiden Position aktiv. Das passt es durchaus, dass das Script wie bei Gran Torino wieder von Autor Nick Schenk (Der Richter - Recht oder Ehre) stammt, der für sein Drehbuch auf eine wahre Geschichte zurückgriff, diese aber natürlich ordentlich aufpolierte.
Mit dem Duo Eastwood und Schenk sind natürlich gewisse Erwartungen verbunden, immerhin gilt Gran Torino als einer der besten Hollywood-Dramen der letzten Jahre. Doch mit The Mule überraschen die beiden ihr Publikum durchaus, denn der Film folgt gewiss den Wegweisern eines Dramas, wirkt die meiste Zeit aber eher wie eine recht vergnügliche Komödie. Das liegt vor allem an Earl Stone, den Eastwood so tatrig wie einnehmend verkörpert. Earl war Jahrzehnte lang für sein Floristengeschäft unterwegs. Das entfremdete ihn zwar von seiner Familie, bescherte ihm dafür aber großen Erfolg und gute Menschenkenntnisse. Doch nun, mit 90 Jahren, ist vom Erfolg nur noch ein Zwangsversteigerungsschild vor seinem Laden und eine Tochter übrig, die nicht mehr mit ihm redet. Um wieder das Geld zu kommen, nimmt Earl einen Lieferantenjob an – für ein mexikanisches Drogenkartell.
Aus dieser Dissonaz, Drogenkartell und Rentner, extrahiert The Mule eine Menge wirklich putziger Pointen und Momente. Dazu kommt, dass Earl ein greiser Casanova ist und mit seinem oftmals naiven Charme schnell die Sympathien seiner Mitmenschen gewinnt. Gerne auch die von bewaffneten Gangmitgliedern, die Earl schnell in ihr Herz schließen. Dazu erweist sich er Senior als erfolgreicher Fahrer, der mühelos auch große Pakete durch die USA manövriert, ohne dass jemand Verdacht schöpft. Nicht falsch verstehen, der Film ist kein pures Lachfest, aber eine homogene Aneinanderreihung lauter Schmunzler.
Um als Tragikomödie wirklich funktionieren zu können, fehlt The Mule aber eine bessere Dramaturgie. Immer dann, wenn ernstere Töne angeschlagen werden, wird das Ziel verfehlt. Mit der groben Kitschkeule, steifen Wendungen und uninteressanten Nebenfiguren (u. a. A Star is Born-Regisseur Bradley Cooper und Ant-Man-Kumpel Michael Peña) macht sich der Film keine Freunde. Dabei ist es absolut verständlich, dass Eastwood und Schenk nicht bloß auf Lacher abzielen, aber wie sie versuchen Tragik und Tränen zu genieren ist dann doch zu plump. Zum Glück stört es den Rhythmus des Films nur am Ende. Dennoch ist es eine deutlich spürbare Verfehlung. Wer also auf einen dramaturgischen ähnlich starken Film wie Gran Torino gehofft hat, wird enttäuscht, und zwar immens.
Dafür hat The Mule eine andere Ähnlichkeit mit Gran Torino und das ist die Thematik des Rassismus. Earl Stone ist kein wirklicher Rassist, aber er denkt durchaus in Schubladen. Dieses Denken gewöhnt er sich im Laufe der Handlung ab, da er durch sein Agieren mit anderen Ethnien erkennt, dass Menschen eben Menschen sind. Eine feine Nuance des Films, die vor allem Earl Stone zu einem differenzierten Charakter macht. Darüber hinaus besitzt das Ganze auch eine recht amüsante Meta-Ebene. Wenn Earl Stone mit seinem Rassismus konfrontiert wird, wirkt es fast so, als ob Clint Eastwood selbst sich mit der Thematik beschäftigt und das Resümee zieht, dass er nicht immer richtig gehandelt hat. Nicht weil er ein schlechter Mensch wäre, sondern weil er es nicht besser wusste. Ob dem wirklich so ist, steht auf einem anderen Blatt Papier.
Fazit
Mit seiner neuen Regiearbeit liefert Clint Eastwood eine Tragikomödie ab, die ihre Stärken deutlich im komödiantischen Bereich hat. Immer dann, wenn „The Mule“ rühren will, schießt er nämlich übers Ziel hinaus, bietet zu simple Erklärungen und eindimensionale Figuren. Wenn der Film aber einfach nur belustigen und/oder seine Story wiedergeben will, dann gelingt ihm das ohne längere Talfahrten. Alleine Eastwoods Rolle als tattriger Womanzier sollte eine Sichtung wert sein. Nach dem grottigen "The 15:17 to Paris" ist "The Mule" jedenfalls wieder ein ordentlicher und vorzeigbarer Qualitätsnachweis des ewigen Dirty Harry.