Inhalt
Nachdem sie von der menschlichen Welt abgeschirmt wurden, machen sich die Turtles mit ihrem Lehrmeister Splinter auf, um die Herzen der New Yorker zu erobern und durch ihre heldenhaften Taten endlich als normale Teenager akzeptiert zu werden. Ihre neue Freundin April O’Neil hilft ihnen dabei, ein berüchtigtes Verbrechersyndikat zu bekämpfen. Doch schon bald geraten sie in Schwierigkeiten, als eine Armee von Mutanten auf sie losgelassen wird …
Kritik
Die Unterhaltungsindustrie war nicht immer nett zu den vier Turtles. Damit ist nicht gemeint, dass sie aus dem eigentlich schwarzweißen, durchaus brutalen Comic ein farbenfrohes Marketinginstrument zum Verkauf von Spielzeug gemacht haben, welches seit 1987 Generationen von Kindern begeisterte. Viel mehr ist damit gemeint, dass Fans und Zuschauer*innen über die Dekaden hinweg diverse Varianten der Kampfschildkröten erlebt haben und auch durchstehen mussten. Dass es so viele Varianten der Turtles gibt, ist verständlich. Jedes narrative Produkt, welches die Zeiten überstehen soll, muss sich anpassen. Dennoch fiel es wahrscheinlich selbst hartgesottenen, der positiven Seite stets zugewandten Turtles-Kennern schwer, wirklich etwas Gutes an den letzten beiden Live-Action-Filmen von Produzent Michael Bay zu finden, die 2014 und 2016 veröffentlicht wurden.
Jetzt hat sich aber Seth Rogen dem Projekt Heroes in a Half-Shelf als Produzent angenommen. Mit seiner Firma Point Grey, die mit Sausage Party - Es geht um die Wurst bereits einen bemerkenswerten, weil wunderbar atheistischen Animationsfilm realisierten, versucht er die vier Turtles mitsamt Anhang wieder relevant zu machen – zumindest stilistisch. Und was diesen Punkt angeht, sollten die Macher rund um die Regisseure Jeff Rowe (Die Mitchells gegen die Maschinen) und Kyler Spears beglückwünscht werden. Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem sieht sensationell aus. Ein rougher Look, der sketchy und cartoony geraten ist und den man hämisch auch als Gekrakel bezeichnen könnte. Visuell ist die neuste Kino-Wiederbelebung der Schildkröten absolut gelungen. Die Stilistik bleibt dabei konstant und wechselt nicht, wie etwa dieses Jahr beim gefeierten Spider-Man: Across the Spider-Verse. Der mag optisch also immer noch eine Stufe darüber sein, dafür ist die Gefahr bei Mutant Mayhem wesentlich geringer, dass man mit Kopfschmerzen und dem Gefühl der Überforderung aus dem Kinosaal kommt.
Es ist nicht nur dieser frische Anstrich, der dem Film guttut. Auch die Geschichte erweist sich als Glücksgriff, weil eben nicht schon wieder die alten Gegenspieler wie Shredder vorkommen. Stattdessen bekommen es Leonardo, Donatello, Raphael und Michelangelo mit Widersachern zu tun, die Fans natürlich auf dem Effeff kennen. Die Teile des Publikums, für die Turtles und Shredder aber so unabdingbar verbunden sind wie Pizza und Käse, dürfen sich aber auf frische Figuren freuen. Wobei auch die bekanntesten Charaktere eine Frischzellenkur verpasst bekommen haben.
April O‘Neil ist nun eine wenig geliebt Schülerin, die mit Lampenfieber und einem schwachen Magen zu kämpfen hat, die vier Helden sind wie der Titel vorgibt Jugendliche, die verzweifelt versuchen ihren Platz in einer Welt zu finden, welches für sie scheinbar nur die Kanalisation bietet und Meister Splinter (im US-Original von Jackie Chan gesprochen) ist mehr der liebenswürdige, tapsige, allein erziehende Vater, als der unfehlbare, weise Sensei. Auch in Mutant Mayhem gibt es Ninjitsu, Martial Arts und was sonst noch zum Franchise gehört. Aber es wird stets eher gelockert übermittelt und vor allem in die Welt integriert. Der Film nimmt die Sorgen seiner Figuren (die überaus universell sind und wahrscheinlich dem jungen Zielpublikum nur allzu bekannt vorkommen wird) durchaus ernst und behandelt diese entsprechend, gleichsam gelingt es den Machern aber auch einige Aspekte des Turtles-Universums augenzwinkernd und amüsant aufzubrechen.
Teenage Mutant Ninja Turtles: Mutant Mayhem ist der beste Film rund um die vier Pizza-Liebhaber seit dem ersten Live-Action-Ableger von 1990. Ja, einige können mit diesem nicht viel anfangen, weil er in der deutschen Fassung mit Mickey-Mousing-Effekten verweichlicht wurde. Dem neusten Kinofilm bleibt das erspart, leider gibt es aber auch hier in der deutschen Fassung unschöne Facetten, die sich in der Synchronisation finden lassen. Vor allem die Turtles selbst klingen teilweise etwas platt. Und wenn wir schon bei Dingen sind, die nicht wirklich richtig funktionieren: Das Drehbuch braucht ein wenig zu lange, bis es die Geschichte wirklich richtig ins Rollen bringt. Im Gegenzug wirkt das Finale ein wenig gehetzt und so toll es auch ist, dass weniger bekannte Figuren vorkommen, so muss doch konsterniert festgestellt werden, dass es dann doch zu viele sind, um allen innerhalb der Handlung einen adäquaten Raum zu geben. Ist das schlimm? Nein. Ein wenig schade, aber insgesamt nur kleinere Kratzer auf der Oberfläche des Comebacks des Jahres.
Fazit
"Mutant Mayhem" ist der beste "Turtles"-Film seit 1990! Vermutlich kein Ableger der Puristen schmecken wird, dafür aber stilistisch erfrischend ungewöhnlich sowie kreativ und erzählerisch nicht auf den allzu platt getrampelten Pfaden unterwegs. Kurz: Ein Cowabunga-Comeback!
Autor: Sebastian Groß