Das sogenannte soft reboot, die Fortschreibung eines Franchisefilms, die gleichzeitig nostalgische Neuaufbereitung ist, hat sich im Verlauf der letzten Jahre als Glücksfall für einige Filmreihen erwiesen. Jurassic World und Star Wars: Das Erwachen der Macht schielten beide nervös in Richtung ihrer Ausgangs(meister)werke, schwelgten in reproduzierter Kino-Ikonographie. Auch James Gunn möchte The Suicide Squad, der nur fünf Jahre nach David Ayers Suicide Squad in den Kinos erscheint, als ein soft reboot verstanden wissen. Soll heißen: Sein Film schließt vorsichtig an Ayers finanziell erfolgreiche, bei Kritikern aber reihenweise durchgefallene Comicverfilmung an, ist eigentlich aber ein erneuter Startversuch für das Selbstmordkommando. Im DC Extended Universe regiert auch weiterhin Chaos.
Zuerst das Wichtigste: The Suicide Squad (2021) ist ein in beinahe allen Belangen besserer Film als Suicide Squad (2016). James Gunn, der nach seiner kurzzeitigen Marvel-Entlassung von Konkurrenzunternehmen DC angeheuert wurde, scheint bei der Realisation seiner Vision viel Freiheit gelassen worden zu sein. Sein Film folgt derselben Prämisse – eine Reihe von entbehrlichen Anti-Helden müssen gegen ihren Willen die Welt retten – und verschafft einigen Figuren aus Ayers Film erneute Auftritte. Tonal wie auch erzählerisch setzt sich The Suicide Squad jedoch deutlich von seinem Vorgänger ab – nicht zuletzt dank der höheren Altersfreigabe, die der ehemalige Troma-Regisseur wiederholt bis zur Schmerzgrenze ausnutzt.
Mit reichlich Gefluche, genüsslichen Splatterszenen und Protagonisten, die eben auch mal ausversehen ein ganzes Camp an unschuldigen Freiheitskämpfern auslöschen, schließt The Suicide Squad mehr an den zynisch-sadistischen Ton früherer James-Gunn-Filme an. Das beinahe ausschließlich auf einen Handlungsort reduzierte Geschehen nutzt Gunn, um sich von der CGI-Lastigkeit seiner Marvel-Produktionen zu trennen und etwas erdigere Actionsequenzen zu inszenieren. Actiontechnisch behält DC auch weiterhin die Nase vorn: The Suicide Squad beglückt mit aufwendigen Stunts, sauber geschnittenen Prügeleien und einem ordentlichen Schuss digitalem Gekröse.
Ähnlich wie der früher dieses Jahr veröffentlichte Zack Snyder’s Justice League, der dem ursprünglichen Architekten des DC-Kinouniversums die Möglichkeit gab, seine Vision ohne Kompromisse wiederherzustellen, ist The Suicide Squad ein erzählerisch nahezu schwelgerischer Film. Die "men on a mission"-Dramaturgie wird von Gunn zerdehnt, wo es ihm möglich ist, um albernen Nebengedanken nachzujagen und vollständig auszukosten. Anders als Suicide Squad, der vor allem grässlich inkohärent war, ist Gunns Film genüsslich mäandernd und nimmt dadurch, zumindest bis das furiose Finale beginnt, nie wirklich Tempo auf.
Das wäre verschmerzbar, wie zum Beispiel beim ähnlich strukturierten Guardians of the Galaxy Vol. 2, wenn es denn genug Spaß machen würde, sich für zehn Minuten vom Haupthandlungsstrang zu lösen und einfach nur Zeit mit den Figuren zu verbringen. Leider gelingt Gunn es dieses Mal nicht, eine ähnlich rührende Außenseiterromantik zu beschwören, nicht zuletzt weil mindestens die Hälfte seiner Suicide Squad ausgemachte Psychopathen sind. Anstatt die Unangepasstheit dieser Figuren auszureizen – und damit unsere Bereitschaft, ihnen ohne Vorbehalt ins Abenteuer zu folgen, auf die Probe zu stellen –, greift Gunn auf die bewährte Marvel-Formel zurück, die mit Trauerblick vorgetragene Kindheitstraumata und familiären Zusammenhalt diktiert.
Das hat zur Folge, dass sich The Suicide Squad trotz aller zerrissenen Körper und abgetrennten Köpfe immer ein wenig gehemmt und letztendlich auch nicht sonderlich frisch anfühlt. King Shark, ein humanoider Hai mit der Stimme von Sylvester Stallone, ersetzt den wortkargen Groot, Bloodsport (Idris Elba) und Peacemaker (John Cena) das dauerzankende Antihelden-Duo Star-Lord und Rocket Racoon. Ein Gefühl, dass es sich hier um Figuren handelt, die in ihrer gemeinsamen Ausgrenzungserfahrung Trost finden, stellt sich nie ganz ein. Herzlich und zynisch-sadistisch – Gunn weiß seine zwei großen Stärken hier nicht wirklich zusammenzubringen.
Auch der Humor, eines von Gunns wichtigsten Markenzeichen, möchte nie vollständig zünden. Sein Hang, ernsthaften Momenten mit einem ironischen Bruch den Boden unter den Füßen wegzuziehen, hatte schon in Guardians of the Galaxy Vol. 2 mit Abnutzungserscheinungen zu kämpfen und lädt hier nur noch ab und an zu einem müden Schmunzeln ein. Erst im spektakulären Finale, das wie der Trailer bereits vorwegnimmt ein Kaiju auf den Plan bestellt, findet der Film erzählerisch wie auch humoristisch zu einem stimmigen Rhythmus – und auf seinen spielfreudigen Cast kann sich Gunn sowieso jederzeit verlassen.