Inhalt
Durch die Spätfolgen einer vor 20 Jahren geschlossenen Giftmülldeponie sind Nacktschnecken zu fleischfressenden Killern mutiert, die nun durch die Kanalisation über eine Kleinstadt herfallen. Mike Brady, Inspektor beim Gesundheitsamt, heckt Verdacht nach einigen ungeklärten Todesfällen, nur will natürlich niemand seiner Theorie Glauben schenken. Er muss auf eigene Faust handeln, bevor es zu spät ist.
Kritik
Der Moviebreak Horroctober: 30.10.2015 (Sonstiges)
Der Horroctober neigt sich dem Ende. In der vorletzten Runde werfen wir mal einen Blick auf einen Exoten im schier endlosen Bereich des Tierhorror-Genres. Fast jede halbwegs bedrohliche Gattung wurde schon mehrfach auf die Menschheit losgelassen. Raubkatzen, Wölfe, Hunde, Bären, Schlangen, Spinnen, Krokodile, Ameisen und natürlich Haie. Selbst an sich total harmlose, knuffige Knuddel-Tiere wie Schafe und Biber verfielen schon dem Blutrausch. Aber selbst die wirken von Natur aus noch aggressiv gegen das wohl langweiligste und lahmste Viehzeug, das wir in unseren Gärten und manchmal auch auf den Tellern gehobener Restaurants finden: Schnecken. „Slugs“ öffnet dem Zuschauer die Augen vor dieser unterschätzen Gefahr und ist allein deshalb eine Besprechung in dieser Reihe wert.
Genauer gesagt handelt es sich um Nacktschnecken, die obdachlose, noch unbeliebtere Version der gemächlichen Schleimer. Wie können die den bitte zur ernsten Bedrohung werden? Nun, natürlich ist der Mensch wieder selbst schuld, irgendwo Giftmüll entsorgen und den Mantel des Schweigens drüberlegen, geht oft nach hinten los. Über die Jahrzehnte sind dadurch aus nervigen, aber gemütlichen Plagegeistern gnadenlose Killer geworden, die in Sekundenbruchteilen ihren Opfern das Fleisch von den Knochen futtern, da sieht jeder Piranha alt aus. Entstanden ist dieser kuriose Genrebeitrag nicht etwa in den USA, sondern in Spanien, obwohl man wie zu dieser Zeit oft üblich so tut, als würde es sich um eine US-Produktion handeln. Es spielt in einer typisch-amerikanischen Kleinstadt und für die Hauptrollen wurden (maximal) mittelmäßig-erfolgreiche Amis engagiert. Wie z.B. Michael Garfield („Die Warriors“) als der Held von der Gesundheitsbehörde, dem als einzigen die Schleimspur an den Tatorten bestialischer Morde auffällt und nachdem ihm eine Schnecke brutal in den Finger beißt messerscharf schlussfolgert, wo der Hase im Pfeffer liegt. Das wollen ihm selbstverständlich der pedantische Sheriff und der geldgeile Bürgermeister nicht glauben (was man ihnen bei aller Liebe nicht ernsthaft verübeln kann), somit liegt es an ihm, die schleichende Gefahr zu vernichten.
Regisseur Juan Piquer Simón („Das Geheimnis der Monsterinsel“) geht diese grandios bekloppte Idee sehr interessant an. Während es heute zum lukrativen Trend geworden ist, ausschließlich mit dem eigenen Schwachsinn offensiv hausieren zu gehen und somit sogar eine angebliche Legitimation schafft, jeden noch zu unzumutbaren, lieblos-billigen Schrott als Trash-Party-Knaller erfolgreich zu verhökern (siehe „Sharknado“), versucht er zumindest (halbwegs) daraus einen spannenden, bedrohlichen Film zu machen. Beim Versuch bleibt es (natürlich). Selbst ein Alfred Hitchcock („Die Vögel“) könnte aus Nacktschnecken kaum ein ernstzunehmendes Terrorszenario zaubern und ganz kann sich auch „Slugs“ einen kleinen Anflug von Selbstironie nicht verkneifen - was ihm außerordentlich gut steht -, aber er ist deshalb sympathisch, sich nicht seiner eigenen Doofheit kampflos geschlagen zu geben. Natürlich funktioniert es nicht, wenn Schnecken durch eingespielte Spannungs-Musik zur Bedrohung stilisiert werden sollen, aber der Gedanke zählt. Manchmal klappt es beinah. Dafür sind die Viecher einfach zu ekelig und in der Vielzahl schon erschreckend, besonders wenn man direkt in einen Schnecken-Teppich fällt und diese nicht nur zwicken, sondern in einen wahren Blutrausch verfallen. Bald überraschend gibt der Film bei seinen Gore-Effekten Vollgas, da wird nicht abgeblendet und das Innere gerne nach außen gekehrt.
Über ernsthafte Spannung muss hier nicht diskutiert werden, über überdurchschnittliche Leistungen (außer der Make-Up-Abteilung) erst recht nicht, aber alles in allem hat der Film einen ganz kruden Charme. Manche Szenen sind erstaunlich rabiat, manche irre komisch. Die schon erwähnte Beißattacke gegen den Protagonisten, ein Ringkampf zwischen Schnecke und Hamster oder eine sensationelle Szene, in der sich das Kruppzeug in einen Handschuh geschlichen hat und der bemitleidenswerte Hobbygärtner es nicht schafft sich diesen auszuziehen, sondern lieber gleich die eigene Hand mit einem Beil abhackt. Man kann dem Film mühelos viel vorwerfen, den Unterhaltungswert gleichzeitig kaum absprechen. Der ist wenigstens nicht so ein heuchlerischer Dreck wie die selbsternannten Trash-Perlen der letzten Jahre, die nur mit ihrem Peinlichkeitsfaktor kokettieren, anstatt was zu versuchen.
Fazit
Der Tod lauert im Kopfsalat. Liebenswerter Blödsinn, der seine Restqualität durch sein ambitioniertes Hantieren mit den eigenen Fähigkeiten und Unfähigkeiten generiert. Nicht gut, aber selten.
Autor: Jacko Kunze