7.7

MB-Kritik

Skunk 2024

Drama

7.7

Thibaud Dooms
Colin Van Eeckhout
Pascale Braeckman
Elise Goedertier
Sarah Vandeursen
Dirk Roofthooft
Natali Broods
Boris Van Severen
Soufian Farih
Bilal Abdulkader
Reda Vercammen
Sem Cuypers
Flo Pauwels
Jarne Van Wemmel
Senna De Smaele
Ahmed Afryad

Inhalt

Ein misshandelter Jugendlicher setzt sich zur Wehr. EX DRUMMER-Regisseur Koen Mortier taucht einmal mehr ab in die asozialsten Untiefen menschlicher Existenz – und nicht wieder auf.

"Skunk" gehört zum Programm des 38. Fantasy Filmfest (siehe Infos)

Kritik

Vielleicht bevor wir beginnen ein paar Worte als Warnung: Es gibt Filme, die gehen definitiv ins Fleisch. Und dann gibt es noch Filme, die gehen sogar noch einen Schritt weiter und behandeln solche intensiven Trigger-Themen, dass einfach klar davor gewarnt werden muss. Skunk von Regisseur und Autor ist so ein Film und auf jeden Fall nicht für jeden geeignet. Sexuelle Gewalt, Gewalt gegen Kinder, psychische Gewalt zwischen Jugendlichen und noch vieles mehr steht auf dem Programm des 100 Minuten Films, das nicht nur sehr explizit daherkommt, sondern auch Bilder produziert, welche einen so schnell nicht loslassen. Koen Mortier ist dabei kein unbekannt, immerhin hatte er bereits mit Ex Drummer im Jahre 2007 einen Film produziert, der das Prädikat Skandalfilm trägt und durchaus ambivalent bei Kritikerinnen und Kritiker (und seinem Publikum) aufgenommen wurde. Im Falle von Skunk hat sich Mortier aber weiterentwickelt. Noch mehr Gespür dafür entwickelt, was seine Figuren aussagen sollen, wollen und auch, warum sie so sind, wie sie vielleicht sind. Zumindest für den jungen Liam (Thibaud Dooms) kann diese Aussage vollends getroffen werden.

Skunk macht bereits in den ersten Minuten keine Gefangenen: Wir lernen so den jungen (wie älteren) Liam kennen, der durch seine Eltern nicht nur jede Menge Gewalt erfährt, sondern auch eine Umwelt, welche mit offener Sexualität (im Keller gibt es Sex treffen), Unterdrückung und einer gesellschaftlich verdrehten Ohnmacht nur so um sich wirft. Während Liams Eltern um den Preis „Eltern des Jahrtausends“ kämpfen, ihn beschimpfen, schlagen und emotional verkrüppeln, kommt Liam durch Überführung der Polizei in ein Heim. Allerdings ist hier die Spirale aus Alkohol, Gewalt und Sex nur der Anfang für eine düstere Reise, aus der Liam immer wieder versucht herauszubrechen, schlussendlich aber seiner eigenen Hilflosigkeit nicht entkommen kann. Dass schlussendlich Skunk – trotz seiner übertriebenen Bebilderung – so gut funktioniert, liegt dabei an Hauptdarsteller Thibaud Dooms. Als Newcomer schafft er es unvergleichlich die innere Zerrissenheit, Hoffnungslosigkeit und seine Suche nach Anerkennung, Wärme und Liebe nach außen auf die Zuschauerinnen und Zuschauer zu übertragen. Dooms lässt das „Based on true Stories“ am Ende des Films lebhaft werden.

Der Rest von Skunk kämpft ein wenig um Aufmerksamkeit und seinen Fokus: Zwar ist der Schnitt gelungen und schafft die Brücke aus Vergangenheit, Gegenwart, Angst, Wut und Gewalt hervorragend, doch ein wenig bleibt offen, was Koen Mortier abseits des Martyriums eigentlich erzählen möchte. Ist es ein Versagen des Systems? Ist es eine gewisse Ohnmacht des Systems, welches es nicht schafft Fälle wie Liam aufzunehmen und entsprechend einer guten Betreuung zu helfen? Oder ist es Liam selbst, der einfach dazu verdammt ist die Taten seiner Eltern zu wiederholen? Ist es die Frage von Gewalt, die sich selbstreproduziert? Es schmerzt auf jeden Fall diese Geschichte in all seinen Facetten zu erleben. Gerade der Heimalltag wird so realistisch in Szene gebracht, dass wir keinen Zweifel daran haben, dass es genau so abgelaufen ist. Und dennoch bleiben am Ende die Fragen offen. Der größte Ankerpunkt bleibt wohl die Beziehung zwischen der Sozialarbeiterin Pauline (Natali Broods) und Liam. Sie schafft es an verschiedenen Stellen die Fassade aufzubrechen und ins Innenleben unseres Protagonisten zu sehen. Am Ende zeigt uns Skunk dann aber nur noch eine Richtung. Eine, die wie der ganze Film, einem dem Atem raubt. 

Fazit

"Skunk" ist ein Film, der einen so schnell nicht wieder loslassen wird: Die Spirale aus Gewalt, Unterdrückung, Hoffnungslosigkeit und bitterer Erkenntnis ist regelrecht niederschmetternd. Daher ist der Film von Regisseur und Autor Koen Mortier keineswegs für jeden geeignet. Allerdings schafft es Skunk auch nicht immer seinen Fokus zu halten oder eine klare Frage zu formulieren. Er fließt mit seiner Brutalität nur so hin und überlässt sich dem Publikum seiner selbst. Durch Hauptdarsteller Thibaud Dooms und seiner ebenso erschreckenden wie realen Erzählweise, ist Skunk aber definitiv einer der erschütterndsten Filme des Jahres und daher absolut sehenswert.

Autor: Thomas Repenning
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