Inhalt
Mittfünfziger Tony ist ein einsamer Wolf wie er im Buche steht: Morgens tingelt er als lässig rauchender Schulbusfahrer durch das Pariser Umland, abends träumt er von der großen Freiheit im fernen Amerika. Nachdem ihm ein Herzinfarkt die Vergänglichkeit des Lebens bewusst macht, beschließt der mürrische Einzelgänger, seine Tochter Maria aufzusuchen, die in Paris als Tanzlehrerin arbeitet und deren Mutter er vor Marias Geburt sitzen ließ. Tony möchte seiner Tochter näher kommen, scheut sich aber, sich zu erkennen zu geben. So meldet er sich unter falschem Namen zum Rumba-Kurs an. Doch Maria nimmt in ihren Kurs nicht jeden auf. Talent ist gefragt! Mit seiner Nachbarin Fanny (Marie-Philoméne Nga) trainiert Tony Tag und Nacht Hüftschwünge, Leidenschaftsposen und Cha-Cha-Rhythmen und ergattert sich einen Platz in Marias Rumba-Klasse. Doch lässt sich die jahrelange väterliche Abwesenheit so einfach wegtanzen?
Kritik
„Chauvinismus la vie“ wäre ein treffenderer Titel für Franck Dubosc (Disco) zweite Regiearbeit. Deren Wert- und Weltbild ist so rückständig wie der vom Regisseur und Drehbuchautor passenderweise persönlich verkörperte Hauptcharakter. Seine vorgebliche Wandlung vom mürrischen Macho zum fürsorglichen Gemeinschaftsmenschen markiert tatsächlich eine Festigung seiner gestrigen Grundsätze. Selbige vertritt anscheinend nicht nur Duboscs Leinwand-Alter-Ego Tony. Durch einen Herzinfarkt an seine Sterblichkeit erinnert, sehnt sich der Schnauzer tragende Schulbusfahrer nach der Zuwendung seiner vor zwanzig Jahren zurückgelassenen Tochter.
Maria (Louna Espinosa) arbeitet - man ahnt es - in Paris als Rumba-Lehrerin, in deren Kurs sich Tony unter falschem Namen einschreibt. Dieses Übergriffigkeit Ausspionieren ist noch harmlos im Vergleich zu den inzestuösen Implikationen, aus denen die abgenutzte Story Lacher zu schinden versucht. Nicht genug, dass die Leidenschaft des erotisierten Tanzes als Gleichnis für Tonys Sehnsucht nach Maria dient. Maria flirtet mit Tony. Auf den fliegen nicht nur sämtliche Kursteilnehmerinnen, sondern sein langjähriger Kumpel Gilles (Jean-Pierre Darrousin, Gloria Mundi).
Wie Tonys afro-französische Nachbarin Fanny (Marie-Philomène Nga, OSS 17 - Liebesgrüße aus Afrika) ist seine einzige dramatische Funktion der unermüdliche Einsatz für den weißen straighten Cis-Mann, der im Gegenzug seine Vorurteile minimal zügelt. Letztes gilt als großartige Leistung des Hauptcharakters, dessen Egoismus nicht kritisiert, sondern als mutige Authentizität gefeiert wird. Marias Gefühle und die ihrer Mutter Carmen (Karina Marimon, Zehn Tage ohne Mama) sind hier so bedeutungslos, dass sogar Tonys zukünftiger Schwiegersohn ihn auffordert, sich über Marias Wunsch hinwegzusetzen. Das ist nicht väterlich, sondern patriarchalisch.
Fazit
Auch Franck Duboscs zweiter Spielfilm dreht sich um eigennützige Unaufrichtigkeit und männliche Egozentrik, die als Liebe dargestellt werden. Dabei arrangiert der Regisseur, Hauptdarsteller und Drehbuchautor in Personalunion nahezu jede Szene um seine Persona, die dem weder schauspielerisch noch inszenatorisch gewachsen ist. Das Resultat ist eine Schwung- und witzlose Altherren-Revue, die um Nachsicht für alte weiße Konservative vom Schlage des Protagonisten wirbt. Hoffentlich vergebens, lässt sich angesichts der abgeschmackten Mischung aus Reaktionismus und Rassismus nur sagen.
Autor: Lida Bach