5.9

MB-Kritik

Der City Hai 1986

Action, Crime, Thriller – USA

5.9

Arnold Schwarzenegger
Kathryn Harrold
Sam Wanamaker
Paul Shenar
Robert Davi
Ed Lauter
Darren McGavin
Joe Regalbuto
Mordecai Lawner
Steven Hill
Blanche Baker
Louise Robey
Victor Argo
George P. Wilbur
Denver Mattson
John Malloy

Inhalt

Brutal wird Chicago von der Mafia kontrolliert. Als bei einem hinterhältigen Mordanschlag FBI Agenten abgeknallt werden, holt sich der Chef des Bundeskriminalamtes seinen kaltblütigsten Mann - Kaminski. Als Gangster getarnt, schleust sich der Einzelkämpfer in die Organisation ein. Die größte Gefahr für ihn ist die verführerische Monique, die als Spitzel für das Mörderkommando arbeitet.

Kritik

Wenn auf eines Verlass ist, dann auf die einfallslose Titelschmiede deutscher Filmverleihe. Bis heute nicht wegzudenken: Irgendwas mit „Tödlich“, „Tödliche“ oder „Tödlicher“ im Namen, wenn man den Originaltitel mal wieder zu kompliziert fürs deutsche Publikum hält und eine wortwörtliche Übersetzung nicht in Frage kommt; bei Komödien auch gerne was mit „deine, meine, unsere“ und ähnlich magischen Geistesblitzen. 1986 gab es wohl ein Motto: Testosteron-Action-Knaller werden zum urbanen Gewalt-Zoo. Neben City Wolf - A Better Tomorrow mit Chow Yun-fat und natürlich der ganz direkten Konkurrenz Die City Cobra (Cobra) mit dem filigranen Pizza-Trancheur Sylvester Stallone gesellte sich auch der spätere Gouvernator Arnold Schwarzenegger mit Der City Hai (Raw Deal) in diese illustre Runde der unfassbar kreativen, kalkulierten Titel-Irritation.

-„Joseph P. Brenner…was hat das P zu bedeuten?“

-„Pussy!“

Ein Auftakt nach Maß: Nachdem ein rücksichtsloses Killerkommando brutal einen Kronzeugen samt Polizeischutz niedermäht, hat unser muskulöser Knuddelbär Arnie seinen ersten Auftritt. Als Kleinstadtsheriff Kaminsky mit recht eigenwilligen Vollzugspraktiken bei der Straftäterinhaftierung wird er mit so dicken Eiern eingeführt, da bringt der Zeitgeist der maskulin-prolligen 80er jedes Jeans-Hemd zum Platzen. Einst beim FBI im schönen New York, dort wegen eben solcher rüpelhalften Methoden aus dem Verkehr gezogen und nun in der Provinz gestrandet, was seine Ehe gewaltig ins Knirschen gebracht hat („Du sollst nicht trinken und backen!“). Zeit sich zu rehabilitieren, als sein alter Weggefährte Harry ihn für einen inoffiziellen und persönlichen Spezialauftrag rekrutiert: Kaminsky soll die Mafia von Chicago infiltrieren, um den Tod von Harry’s Sohn zu rächen, der bei jenem Gemetzel am Anfang zu den Opfern zählte. Obwohl das alles natürlich nach purem Selbstmord riecht, mit keinerlei Absicherungen in der Hinterhand und letztendlich selbst bei Erfolg immer noch ein höchst illegaler Akt von Selbstjustiz, willigt Arnie freilich ein, besser als zuhause die besoffene & streitsüchtige Olle ertragen zu müssen. Oder so ähnlich, ist ja auch relativ egal.

-„Haben Sie Referenzen?“

-„Ich bin im Computer drin.“

Na denn. So einfach geht das, wenn man im Computer-Dings drinne ist. Damit ist man voll am Puls der Zeit und schneller im inneren Kreis der Mafia als man Spitzel nur husten könnte. Was genau Regisseur John Irvin (Hamburger Hill) hier vorschwebte ist auch nach über dreißig Jahren nicht so ganz klar, dafür bedient Der City Hai einfach mal sicherheitshalber alles. Mal mehr, mal weniger und wenn gewünscht auch gleichzeitig kreuz und quer. Beginnt wie ein typischer Actionhobel der 80er, ohne falsche Hemmungen und wenig guter Kinderstube, versucht dann offensichtlich doch glatt als halbwegs ernster Undercover-Gangsterthriller durchzugehen (was eindeutig gar nicht funktioniert), hat immer wieder humorvoll-augenzwinkernde Ausreißer (ab und an schon gewollt, die unfreiwillige Variante ist aber wesentlich schöner) und am Ende – nachdem Arnie sich mit seiner ganzen Reise-Artillerie behangen und noch einen wunderbar-selbstverliebt Blick über die Schulter auf sein Spiegelbild geworfen hat – ist man doch fast wieder in der Nähe von Phantom-Kommando, was natürlich einfach nur göttlich ist.

Bis dahin ist da nicht alles Gold was nur gelegentlich glänzt, zumindest Arnie hatte offensichtlich viel Spaß. Ungewohnt oft geschniegelt, gebügelt und die Haare mit dem Magnum-Fass Pomade beinah schmerzhaft in Beton gegossen grient der Schauspiel-Quereinsteiger die offenkundigen Berufs-Defizite nicht unbedingt weg, aber sie werden in ihrer massiven Fehlerhaftigkeit irgendwie zum liebenswertes Teil eines Puzzles, das genau durch dieses verschrobene Bild seinen Charme bezieht. Lange nicht so brachial wie die Sly’s unabsichtlichem Beinah-Namensvetter, mit Tempohängern, deplatziert ernsten und aufgrund ihrer Unfähigkeit meist eher lustigen Momenten vollgestopft („Ich werden dich besuchen, Harry!“) macht Der City Hai eigentlich ziemlich viel…nicht unbedingt falsch… eher sonderbar. Und genau deshalb ist das ein so unverkennbares Kind seiner Zeit, bei dem man sich über jeden schmissigen Moment freut wie Bolle. Wovon durchaus einige vorhanden sind. Allein dieser Showdown (plus das I Can´t Get No Satisfaction-Warmlaufen) ist doch einfach nur knorke – besonders in Kombination mit diesem drangeklatschten, kitschigen Mega-Happy-End, was so gar keinen Sinn macht. Amazing. Das kann man so heute nicht mehr machen, ohne Witz.

Fazit

Ein Off-Beat-Actionfilm, dem es gewaltig an Rhythmusgefühl mangelt und der scheinbar auch gerne was anderes sein würde als das, zu dem er letztlich wieder werden muss, aber hey, besser als komplett an falschen Wunschvorstellungen zu scheitern. „Der City Hai“ wirkt massiv unschlüssig in seinem Wesen, hat aber so viel eigensinnige Verve, das sich gar nicht genau feststellen lässt, wann Scheitern und Erfolg genau aufhören oder anfangen. Passt…irgendwie.

Autor: Jacko Kunze
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