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Gangster-Komödie mit Ben Affleck und Jennifer Lopez aus dem Jahr 2003. Gigli (Affleck) soll mit Ricki (Lopez) den behinderten Bruder eines New Yorker Staatsanwalts kidnappen. Der 54 Mio. Dollar teure Spielfilm blieb weit hinter den Erwartungen der Produzenten zurück und spielte nur einen Bruchteil der Ausgaben wieder ein. Kritiker sprachen häufig vom schlechtesten Film des Jahres 2003.
Kritik
Es ist immer Vorsicht geboten, wenn vom schlechtesten Film des Jahres gesprochen wird. Das ist wohl kaum ernsthaft belegbar, dafür müsste jemand ja - unabhängig von der generellen Subjektivität in jeder noch so fundierten, nüchternen Kritik – wirklich alles gesehen haben. Vom großen Blockbuster bis zur letzten Garagenproduktion, die es irgendwie zu einer öffentlichen Vorführung oder einem Heimkinorelease gebracht hat, über welche Umwege auch immer. Die berühmt-berüchtigten Razzies sind da auch kein Maßstab, die sind noch weniger aussagekräftig als ihr großer Bruder Oscar. Da existieren festgelegte Feindbilder, die regelmäßig niedergemacht werden (Adam Sandler und Sylvester Stallone können davon ein Lied singen), obgleich viele der dort geehrten Streifen natürlich nicht sonderlich gut sind. Somit verdient selbst der 6fache Preisträger von 2004 namens Gigli – Liebe mit Risiko eine faire Chance. Wie schlimm kann es schon werden? Die Chance hat er bekommen und nach dem qualvollen Selbstversuch lässt sich wenigstens mit reinem Gewissen behaupten: Egal, was für beschissene Filme 2003 noch so produziert wurden die wahrscheinlich niemand jemals zu Gesicht bekommen wird, diese Teil hier hat sich seine Spitzenposition bei den Krücken des Jahres redlich verdient.
Oftmals gebietet es die Höflichkeit zunächst nach minimalen Vorzügen oder wenigstens nicht ganz so schlimmen Aspekten – und seien sie nur angedeutet – zu suchen, quasi nach der Nadel im Heuhaufen, denn absichtlich fabriziert wohl niemand ein Etwas, dessen einziger Auftrag ist dem Zuschauer eine beinah asketische Prüfung aufzuerlegen. Und wir reden hier nicht von Die 120 Tage von Sodom, sondern von einer heiteren Gaunerkomödie mit romantischer Ader und dem Herz am rechten Fleck…oder wie auch immer sich das vorher gedacht wurde, es lässt sich wirklich nur grob erahnen. Fakt ist: Gigli – Liebe mit Risiko (allein der Titel ist ja schon eine Todgeburt) ist unzumutbar! In jeder Hinsicht ein Desaster. Sowohl vom Plot, den Dialogen, der wabbeligen Genre-Zugehörigkeit, den scheußlichen Figuren und dem katastrophalen Hauptdarstellerduo. Das damals auch privat liierte Leinwand-Grusel-Couple Ben Affleck (Live By Night) und Jennifer Lopez (Parker) entführt und hütet im Auftrag eines Mobsters den geistig behinderten Bruder eines Staatsanwalts, um ihrem Brötchengeber dadurch einen Vorteil zu verschaffen. Dabei sollen sie sich mehr oder weniger gegenseitig auf die Finger schauen, finden nach diversen Kabbeleien (und einer eigentlich nicht kompatiblen, sexuellen Ausrichtung) natürlich doch irgendwie zueinander und entdecken durch ihren neuen, besten Freund ganz nebenbei ihre humanitäre Ader. Wer hätte das gedacht?
Es lässt sich kaum aufzählen was hier alles falschläuft und dann auch noch in was für einem rekordverdächtigen Ausmaß. Mal wie ein lausiger Schnappt Shorty-Abklatsch, angereichert mit einigen sexuellen Billig-Zoten (sagenhaft: Die Monologe, ja Lobeshymnen, von Affleck und Lopez auf ihre jeweiligen Geschlechtsorgane. Da lernen wir auch, warum der Mund wie eine Muschi ist. Ach du lieber Pimmel!), dann doch lieber RomCom mit ganz ungünstiger Ausgangslage (sie lesbisch, er der hinterletzte Voll-Proll-Assi im Charly Harper-Outfit, aber die drehen wir schon um. Wäre ja gelacht) und wenn wir schon einen Mongo im Film haben, lachen wir ihn doch abwechselnd aus und heucheln dann wieder plötzlich ganz doll Mitleid mit dem armen Tropf, der erstaunlicherweise ja doch ganz normale, menschliche Bedürfnisse hat. Wieder was gelernt. Ist schon funny wenn er seinen Entführer in Kleinkind-Sprache durchbeleidigt, rührend wenn er doch nur zum Baywatch will, weil er denkt „…dass da der Sex ist“ und ein echter Brüller, wenn sich nach diesem sentimental nur dezent hervorgehobenen Moment wieder auf’s Übelste darüber lustig gemacht wird („Ja, da muss mein Penis niesen“). So süß.
Fast noch besser als dieser ganz Unsinn und sein furchtbarer Tonfall ist die Art und Weise, wie hier alle ihren Egos ohne Rücksicht auf Verluste freien Lauf lassen und offenbar nicht das geringste Interesse an den Tag legen, auch nur irgendwas zum (zugegeben, tendenziell eh sehr geringen) Erfolg dieses Totalschaden beizutragen. J-Lo ist der Hammer! Wenn eine Giraffe ins Eisbär-Gehege kommen würde und einfach behauptet, sie wäre ein Eisbär, ohne auch nur so zu tun als ob, sie würde zurecht gefressen werden. Jenny from the Block „spielt“ eine lesbische Berufsverbrecherin, die die ganze Zeit ihr unschuldigstes Kindergärtnerinnen-Lächeln aufsetzt, so wirkt als hätte sie noch nie auch nur falsch geparkt, sich vor ihrem männlichen Kollegen eigentlich nur in hautenger oder kaum bedeckender Bekleidung lasziv dehnt und räkelt, also genau genommen alles dafür tut, NICHT ihrer Rolle zu entsprechen. Hervorragend. Nach gefühlt 8 Stunden voller sinn- und witzloser Wortgefechte – quasi Screwball im Dunkeln mit Händen auf dem Rücken -, unsympathischen Arschgeigen-Figuren, abstrusen Holterdiepolter-Entwicklungen und erschreckenden Gastauftritten zweier Weltstars (Christopher Walken & Al Pacino), die dafür hoffentlich wenigstens angemessen (was praktisch unmöglich ist) entschädigt wurden ist der Spuk dann endlich auch mal vorbei und der eigene Horizont wieder ein gutes Stück nach unten erweitert. Man gönnt sich ja sonst nichts.
Fazit
Mit Fug und Recht, ohne schlechtes Gewissen: Das ist eine der dümmsten, unfähigsten und planlosesten Big-Budget-Produktionen, die jemals mit voller Star-Power krachend gegen die Wand gefahren sind. Und das ohne auch nur einmal zu bremsen. So selbstbewusst (es ließe sich auch als ignorant bezeichnen) und realitätsfremd, dass es einem schon fast wieder etwas Respekt abverlangt. Den einen Punkt hat man sich somit ehrlich erstümpert, Hochachtung.
Autor: Jacko Kunze