5.6

MB-Kritik

The Sect 1991

Horror, Thriller – Germany, Italy

5.6

Kelly Curtis
Herbert Lom
Mariangela Giordano
Michel Adatte
Carla Cassola
Angelika Maria Boeck
Giovanni Lombardo Radice
Niels Gullov
Tomas Arana
Donald O'Brien
Yasmine Ussani
Dario Casalini
Paolo Pranzo
Richard Sammel
Ralph Bola Mustapha
Erika Sinisi

Inhalt

Zwei scheinbar unzusammenhängende Ereignisse – ein mysteriöser Besucher in einer Hippie-Kommune der 70er und ein grausamer Mord im Frankfurt der frühen 90er – ebnen der Geburt des Leibhaftigen den Weg. Das weiß die junge Miriam (Kelly Curtis) noch nicht, als sie kurz darauf beinahe den mysteriösen Moebius Kelly (Herbert Lom) über den Haufen fährt. Sie nimmt den alten Mann vorübergehend bei sich auf und wird als Werkzeug und Gefäß für die Pläne einer satanischen Sekte zunehmend zwischen Traum und Realität zerrieben.

Kritik

In den 1990er Jahren wurde es still um das italienische Genrekino. Vorbei waren die großen Zeiten von Bava, Argento und Co. Zusehends verfiel die stilistische Brillanz des Giallos und ähnlichen Horrorfilmen. Nur wenige hielten an alten Sitten und Regeln fest, Michele Soavi (Dellamorte Dellamore) war einer von ihnen. Unter den Fittichen eines gealterten Argentos, der sich in diesen Jahren bereits merklich selbst verloren hatte, verfilmte er mit dessen künstlerischer und finanzieller Hilfestellung den okkulten Horrorfilm The Sect, der die Spuren einer radikalen Sekte verfolgt. Herausgekommen ist ein mäßiger Genrebeitrag, der sich eher durch gelungene Einzelmomente als ein organisches Szenengeflecht definiert.

Mit Ausnahme eines recht stimmungsvollen Vorgeplänkels in einer Hippiekommune in Amerika findet der Film beinahe ausschließlich in einem Vorort von Frankfurt statt. Für deutsche Sehgewohnheiten hat es durchaus etwas befremdliches diese heimische Szenerie in Verbindung mit dem englischen Originalton und den typisch italienischen Bildern wahrzunehmen. Es hat durchaus etwas amüsantes, wenn ein deutscher Durchschnittsbürger als Mr. Heinz angesprochen wird oder der Keller eines alltäglichen Reihenhauses sich auf einmal als okkultisch angehauchte Opferstelle entpuppt. Etwas Bedrohliches scheint in der allgegenwärtigen Kleinstadtkulisse jedoch nicht wirklich zu schlummern und so fühlt man sich eher geborgen als verängstigt – ein Gefühl, das später rasant kippen wird.

Bis es soweit ist, dauert es jedoch. Und zwar wirklich lange. Soavi reiht Szene an Szene, Einzelmoment an Einzelmoment und scheint dabei im Gesamtkontext nur wenig zu erzählen. Vieles wirkt belanglos und überflüssig, trägt weder zur Stimmung noch zur Handlung bei und erweckt den Eindruck eines langgezogenen, aber bereit reichlich geschmacklosen Kaugummis. Zäh und gedankenverlorenen kaut man darauf herum. Warum weiß man selbst nicht genau, wahrscheinlich, weil er einfach da ist. So vergeht ein Großteil des Films, bis The Sect in seinem Finale jegliche Warterei belohnt. Schnell wird das gemächliche Tempo über Bord geworfen, die Farbskala hochgedreht und die Spannungsschraube angezogen. In fast schon irrsinnigem Tempo präsentiert der Film nun verstörende Bilder und wirkungsvolle Momente.

Ob sich das Warten darauf nun lohnt ist eine andere Sache, denn der Weg dorthin ist steinig. Einmal angekommen verschwimmen Realität und Traum zu einer hypnotischen Einheit. Der suggestiven Bilderflut gelingt es indes überaus stimmig diese Verwirrtheit auf den Zuschauer zu übertragen und so hat man sich selbst schnell in den verwirrenden Strukturen und chaotischen Ritualen der okkulten Sekte verloren. Was Soavi hier an Bildern kreiert ist überaus stimmig und wirkungsvoll, verschwindet auch nach dem Abspann nicht sofort aus dem Kopf und schafft es dazu beinahe die Schwächen des Films vergessen zu machen. Mit einer deutlich gekürzten Version ließe sich wohl einiges aus diesem Film herausholen.

Fazit

„The Sect“ ist ein recht gemächlich erzählter Genrebeitrag, der durchaus mit seiner Ereignislosigkeit zu kämpfen hat, bevor er im surrealen Finale das Tempo endgültig anzieht. Die letzten 15 Minuten in denen Traum und Wirklichkeit immer mehr verschwimmen stellen durch ihre gelungene Giallo-Ikonographie einen späten Höhepunkt des italienischen Horrorfilms dar und überzeugen nicht zuletzt durch ihre suggestive Wirkung. Inwiefern es die gut 90 Minuten davor in dieser Ausführlichkeit gebraucht hätte, sei jedoch dahingestellt.

Autor: Dominic Hochholzer
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