Inhalt
Die 18-jährige Alex arbeitet tagsüber in einem Stahlwerk als Schweißerin. Abends und nachts verdient sie sich ihr Geld als Tänzerin in einem schäbigen Nachtclub. Sie möchte aufs Konservatorium, um eine klassische Ballettausbildung zu erhalten. Alex verliebt sich in ihren Chef, der hinter ihrem Rücken seine Beziehungen spielen lässt. Als sie davon erfährt, wirft sie alles hin und trennt sich von ihm. Aber sie reißt sich zusammen, nimmt den Vortanztermin wahr und überzeugt mit einer sensationellen akrobatischen Tanznummer die Prüfungskommission.
Kritik
Wenn es einem Regisseur gelungen ist, das erotische (Mainstream-)Kino nachhaltig zu prägen, dann wohl dem britischen Filmemacher Adrian Lyne (Jacob's Ladder – In der Gewalt des Jenseits). Mit 9 ½ Wochen, Eine verhängnisvolle Affäre, Ein unmoralisches Angebot und auch der Vladimir-Nabokov-Adaption Lolita hat er entweder ordentlich Kasse machen können oder für handfeste Skandale gesorgt – in den besten Fällen sogar beides gleichzeitig. Seit dem überaus sehenswerten Untreu, in dem Diane Lane und Richard Gere die Hauptrollen übernahmen, ist es indes reichlich still geworden um den Briten, der nicht nur die Gemüter der selbsternannten Sittenwächter erhitzen konnte, sondern auch das Blut seiner Zuschauerschaft in Wallung brachte. Höchste Zeit also, sich mal wieder mit dem Grundstein der reüssierenden Karriere des Adrian Lyne zu beschäftigen: Flashdance aus dem Jahre 1983.
Schon hier lassen sich die entscheidenden Markenzeichen erkennen, die Adrian Lyne in seinen späteren Werken noch weitergehend ausreizen wird: Die Werbefilm-Optik und der fetischisierte Fokus auf den weiblichen Körper. In Flashdance hat die Kamera von Donald Peterman (u.a. Men in Black) nun die 18-jährige Alex (Jennifer Beals, God's Army II – Die Prophezeiung) zum Objekt der Begierde erkoren. Ihretwegen dürfen Alltagssituationen zu stilistischen Bravourstücken avancieren: Wenn sie sich morgens auf ihr Rennrad schwingt, die nebelverhangenen Straßen der Kohle- und Stahlmetropole von Pittsburgh herunterbraust, um ihrer Arbeit als Schweißerin nachzugehen, dann wähnt man sich bei all der visuellen Überstilisierung beinahe in einem Film von Tony Scott (Top Gun – Sie fürchten weder Tod noch Teufel), der sich wieder einmal auf der Suche nach dem perfekten Bild befindet.
Adrian Lyne ist kein Tony Scott, aber er ist zweifelsohne ein talentierter Ästhet, dessen Vergangenheit in der Werbebranche jede Einstellung von Flashdance im Klammergriff hält: Im anmutigen Gegenlicht werden nicht nur Staubkörner zu Glühwürmchen. Auch die Wassertropfen, die Alex' während ihrer Tänze von ihrem Körper schleudert, funkeln wie Edelsteine, die schwerelos durch die Luft schweben. Ihr Traum nämlich ist es natürlich nicht, für immer Schweißerin zu bleiben, sondern professionelle Tänzerin zu werden. Wenn die Musik erklingt, dann verselbstständigt sich ihr Körper, die Bewegen drängen sich durch ihre Glieder und lassen Alex alles um sie herum vergessen und verstummen. Und ohne Frage: Die tänzerischen Choreographien in Flashdance können sich sehen lassen, weil sie nicht nur durch penibel durchgetaktete Bewegungsabläufe dynamisiert werden, sondern auch dem Film seine Struktur verleihen.
Warum man jedoch seine Probleme mit Flashdance haben kann, liegt auf der Hand: Wo sich die durchstilisierte Gewandung in den Tanzsequenzen noch bezahlt macht, erscheint sie darüber hinaus weitestgehend lächerlich und sinnbefereit. Flashdance gehört zu den Filmen, die sich nur über die Form definieren, die Form aber niemals wirklich zum Inhalt erheben können. Adrian Lyne lebt hier einen Formalismus aus, der ständig nur auf sich selbst verweist; der den Zweck verfolgt, sich selbst zu vermarkten und zu kommerzialisieren. Die Geschichte, die dargeboten wird, ist ein Zeugnis erzählerischen Desinteresses. Vollkommen absurd, unglaubwürdig, zusammengeschustert und dadurch fernab dem Anspruch, den der Regisseur hier eigentlich verfolgen wollte: Nämlich ein Märchen um ein Mädchen, das sich alle ihre Träume ertanzt. In Wahrheit wirkt Flashdance inzwischen wie ein Film von einem anderen Planeten.
Fazit
Adrian Lyne auf der Suche nach dem perfekten Bild. "Flashdance" ist natürlich ein Klassiker des Tanzfilm-Genres, der weltweite Erfolg gibt dem Film Recht. Allerdings wirkt die Geschichte der 18-jährigen Alex, die tagsüber als Schweißerin arbeitet, um nachts in einer Malocher-Spelunke zu tanzen, heute wie von einem anderen Planeten. Ein Werbefilm, der sich selbst zum Reklame-Gegenstand erhebt und pausenlos auf sich selbst verzweist. Die Tanz-Choreographien überzeugen, genau dann macht die Überstilisierung auch Sinn, darüber hinaus aber ist "Flashdance" ein absurder, unglaubwürdiger und weitestgehend lachhafter Fetischfilm.