Inhalt
Ein Unwetter treibt mehrere Menschen in das abgelegene Haus eines alten Ehepaares, das ihnen für die Nacht Unterschlupf gewährt. Die kleine Judy beobachtet, dass die zahlreichen Puppen zur Geisterstunde lebendig werden und nichts Gutes im Schilde führen. Niemand glaubt ihr, bis auf den gutmütigen Ralph. Die anderen Besucher, darunter auch ihr liebloser Vater und ihre furchtbare Stiefmutter, bemerken den Puppen-Terror erst, als sie sich selbst schon in akuter Lebensgefahr befinden. Dann ist es meistens zu spät…
Kritik
- "Tja, und dann hat Dad mich aufgeklärt: Er sagte, Spielsachen essen nur imaginäre Kekse."
- "Ihr Vater scheint ein kluger Mann gewesen zu sein."
Beeindruckend, diese geballte Weisheit, in der Tat. Eins steht damit schon mal fest: Wegen seiner starken Dialoge oder einem geistreichen Skript braucht man sich „Dolls“ ganz bestimmt nicht anschauen. Bei Regisseur Stuart Gordon („Castel Freak“) liegt der Schwerpunkt sowieso auf anderen Merkmalen. Seine Vorgängerfilme „Der Re-Animator“ (1985) und „From Beyond – Aliens des Grauens“ (1986) waren wunderbar eklige, sarkastische B-Movie-Perlen, die in erster Linie (aber nicht ausschließlich) durch ihre liebevollen, schmadderigen Effekte überzeugten. In dem Punkt kann auch der im direkten Anschluss folgende „Dolls“ anknüpfen, wenn auch nicht ganz so massiv. Beim Rest muss man ehrlich gesagt ein bis zwei Auge zu- oder in dem Fall eher rausdrücken, selbst für B-Horror der 80er ist das nicht unbedingt ein überzeugender Film.
In der längsten Nacht der Welt platzen im Platzregen ein halbes Dutzend Menschen unabhängig voneinander in das Puppenheim eines schrulligen Seniorenpärchens, die ihre ungebetenen Gäste mit offenen Armen und einer schon unnatürlich-warmherzigen Großeltern-Freundlichkeit empfangen. Da bekommt jeder sein Nachtlager: Das sich und besonders das süße Töchterchen Judy in einer Tour ankeifende, mega-unsympathische Ehepaar, der dafür sehr sympathische, da kindlich-naive Moppel Ralph und zwei asoziale 80er-Punk-Schlampen, die man normalerweise nicht mal die eigene Auffahrt fegen lassen würde. Für Omi und Opi mit dem ausgeprägtem Puppen-Tick sind sie alle herzlich willkommen, wie für ihre kleinen Untermieter, die langweilen sich sonst nachts nur. Jetzt haben die etwas zum Spielen und wer nicht über ein kindliches, unschuldiges Gemüt verfügt, hat dabei in der Regel die Arschkarte. Somit dürfte schnell klar sein, wessen Überlebenschancen noch halbwegs realistisch sind und wer hier im Laufe der flotten 75 Minuten sich darauf nichts viel ausrechnen braucht. Klein-Judy hat zwar vorher im Wald ihr Kuscheltier „verloren“ (der in einer äußerst absurden Traumsequenz zum Bärenmarke-Blutrausch-Grizzly mutiert), findet dafür in dem treu-doofen Ralph einen neuen Knuddel- Teddy zum Liebhaben, während der Rest der Bagage eigentlich nur noch Nummern ziehen braucht.
„Dolls“ ist (leider) nicht mehr als die XL-Version einer mittelprächtigen „Tales from the Crypt“-Folge, die nur dann cool wird, wenn die Puppen hemmungslos tanzen. Die handgemachten Effekte sind großartig, der Gore-Gehalt für die sonst recht alberne Handlung und Interpretation der Geschichte sogar verblüffend drastisch und garstig, da geht bei Gordon immer was und darauf reduziert enttäuscht er erneut nicht. So deppert das Ganze rüberkommt, so peinlich-schlecht die völlig überdrehten Figuren dargestellt werden und so (selbst für die Verhältnisse) billig und schluderhaft das (teilweise) runtergekurbelt wirkt, wenn „Dolls“ zur Sache geht, ist das erstaunlich boshaft und extrem direkt. Die Augsburger Puppenkiste trifft einen brutalen, radikalen Splatterfilm, eine kauzige Mischung, die den Film einen unbestreitbaren Charme-Bonus gibt, von dem er kräftig zehren muss. Zwischenzeitlich ist das hart an der Grenze des Erträglichen, keine Vergleich zu Gordons vorherigen Arbeiten, aber sein Stil lässt sich in den guten Momenten noch klar erkennen. Eine blutgetränkte Böse-Nacht-Geschichte, die immerhin so lumpige Konkurrenten wie die „Puppet Master“-Reihe oder „Blood Dolls - Die Killer-Puppen“ (wie dieser Film übrigens ALLE von Billig-Filmer Charles Band produziert – bei „Blood Dolls“ sogar Regisseur -,der ist scheinbar total auf dem Thema hängengeblieben) locker in die Tasche steckt, aber die Krone der Killer-Puppen glasklar dem rothaarigen Kollegen „Chucky“ überlassen muss, zumindest seinen besseren Auftritten.
Fazit
Verglichen mit Stuart Gordons Kultfilmen der 80er ist „Dolls“ schon das humpelnde Stiefkind, welches unter normalen Bedingungen nicht mal der Rede wert wäre. Aber wenn der Film eins kann, dann partiell auf die morbide Effekt-Pauke hauen. Grundsätzlich zuckt unter dem ganzen Blödsinn immer mal wieder ein heller Blitz auf (an der Stelle: Warum kommen in Filmgewittern – auch hier - Blitz und Donner immer exakt zeitgleich? Stimmt so ja nun auch nicht…), die Qualität muss man gelegentlich suchen und mit Geduld durchhalten, aber ganz daneben ist der letztlich echt nicht. Aber mehr keinesfalls.
Autor: Jacko Kunze