Inhalt
Der mexikanische Bandit Jed Trigado, der nur die Reichen bestiehlt, findet in der attraktiven Sonny eine Gefährtin, mit der er umherziehen kann. Sein Erzfeind ist der Sheriff Franciscus, der ihm stets auf den Fersen ist. Sonny, die aus dem Alltag ausbrechen will, gelingt es mit der Zeit, sich Jeds Respekt zu erarbeiten. Die beiden begehen schließlich als Pärchen einige Raubzüge.
Kritik
In seiner Karriere brachte es Sergio Corbucci auf beachtliche 63 Kinofilme, wobei er oft dem Trend des italienischen Genre-Kinos folgte. Lediglich vom Horrorfilm und Giallo hielt er sich konsequent fern, ansonsten lässt sich an seiner Vita praktisch die Entwicklung des italienischen Kinos ablesen. In den 50ern begann er mit Abenteuer- und Sandalenfilmen, bevor er Mitte der 60er zum Spaghetti-Western wechselte. Und dort wurde er auf einen Schlag weltberühmt und unsterblich. Neben Sergio Leone (Spiel mir das Lied vom Tod) wurde er zur zweitgrößten Ikone dieser stilbildenden Bewegung. Seine ultra-räudige, von Blut und Schlamm nur so triefende Gewaltorgie Django macht Franco Nero zum Superstar und gab dem Genre nach Leones Dollar-Trilogie nochmal einen gehörigen Schwung, der es nachhaltig für die nächsten Jahre prägen sollte. Sein Opus Magnum folgte allerdings erst zwei Jahre später: Leichen pflastern seinen Weg ist bis heute in Sachen Zynismus und Nihilismus kaum zu überbieten.
Auf dem Höhepunkt angekommen war es vielleicht nur folgerichtig, dass Corbucci danach nach und nach immer wieder einen Gang runterschaltete. Lasst uns töten, Companeros (1970) war natürlich immer noch weit entfernt von Unterhaltung für die ganze Familie, es ging aber schon ein wenig in die Richtung Buddy-Movie. Denn auch der Italo-Western durchzog bereits eine weitere Wandlung, dank der wachsenden Popularität eines gewissen Duos namens Bud Spencer und Terence Hill. Später sollte Corbucci auch mit ihnen zusammenarbeiten (Zwei sind nicht zu bremsen, Zwei Asse trumpfen auf), da hatte er aber bereits den kompletten Wechsel in Klamauk- und Komödien-Genre vollzogen. Schier unfassbar, wenn man seine vorherigen Filme betrachtet. Und um jetzt mal endlich den Kreis nach einer etwas ausgiebigen Einleitung zu schließen: Die rote Sonne der Rache schien 1972 so was wie der Hybrid aus zwei Welten zu sein, der den Übergang vom einen ins andere erschuf. Das ist auf eine Weise durchaus interessant, auf der anderen Seite aber natürlich auch etwas irritierend und in seinem Clash der Extremen alles andere als rund.
„Du bist doch die reine Pest! Du kannst nicht klauen, du kannst nicht mal laufen ohne auf die Schnauze zu fallen. Und so was ist dann auch noch Jungfrau!“
Der Film beginnt wie ein bis dato typischer Corbucci. Man kann den Gestank von Blut, Pulverdampf und Pferdescheiße praktisch riechen, wenn der durchgeknallte Outlaw Jed (Tomas Milian, Die Kröte) beinah in einen Hinterhalt seines ärgsten Verfolgers, Sheriff Franciscus (Telly Savalas, Kojak) läuft, in letzter Sekunde aber auch durch die unerwartete Hilfe der burschikosen Sonny (Susan George, Wer Gewalt sät) noch entkommen kann. Dankbarkeit sieht bei Jed allerdings sehr merkwürdig aus. Nachdem er Sonny durch üble Beleidigungen und körperliche Gewalt nicht loswird, hilft noch nicht einmal ein Vergewaltigungsversuch, um die erschreckend devote Frau zu vertreiben. Den er übrigens nur nicht durchzieht, da er nicht auf Jungfrauen steht. Erst als er sie praktisch schon an ein Freudenhaus verschachert hat und sie dort übel misshandelt wird, ist er so gnädig und akzeptiert sie mehr oder weniger als eine Partnerin und letztlich auch Geliebte. Uff, okay. Natürlich waren Filme dieser Zeit, erst recht nicht italienische Genre-Filme und GANZ BESONDERS NICHT Spaghetti-Western bekannt für einen angemessenen Umgang mit weiblichen Figuren, aber DAS ist schon echt richtig unangenehm.
Der Film ist klar angelehnt an eine Verbrecher-Romanze à la Bonnie und Clyde, quasi Sonny und Jed…aber da wurde Faye Dunaway von Warren Beatty nicht durchgehend behandelt wie ein Stück Dreck und hat ihn trotzdem hoffnungslos angeschmachtet. Wer an dem Punkt schon gar keinen Bock mehr auf den Film hat, volles Verständnis. Das ist eindeutig zu viel und wird auch nicht dadurch aufgewogen, dass am Ende der Spieß vermeidlich kurz „umgedreht“ wird, steht es doch in überhaupt keinem Verhältnis und wird auch eher als Jux verkauft. Diese Mischung aus Spaß und Ernst, „Love-Story“ (*hust*) und Rache-Western ist auch alles andere als homogen. Mal wird es ziemlich brutal, mal eine Ulk-Nummer und oftmals in einer seltsamen Schwebe dazwischen. Deshalb lässt sich der Film kaum einer gewissen Zielgruppe guten Gewissens vollumfänglich empfehlen, denn irgendwie kommt hier niemand richtig auf seine Kosten und das Endprodukt wirkt inkonsequent und konfus.
Klingt vielleicht nach einem Griff ins Klo, aber auch hier greift das Gesetz der Inkonsequenz, denn auch das ist eindeutig nicht der Fall. Die rote Sonne der Rache ist in vielen Belangen durchaus gut. Die Bilder sind stark und der Soundtrack von Ennio Morricone klingt zwar wie ein Recycling seiner Greatest Hits, hat am Ende aber natürlich immer noch Ohrwurm-Qualitäten. Die Rainer Brandt-Syncro ist nicht so ein Kalauer-Fest wie zu besten Spencer/Hill-Zeiten, hat aber dennoch einige flotte Sprüche parat. Tomas Milian als etwas überdrehter, dennoch glaubwürdig ranziger und immer dynamischer Grobian-Clown ist in prinzipiell in seiner Paraderolle und über Susan George und Telly Savalas lässt sich auch kein schlechtes Wort verlieren. Partiell bekommt man immer mal wieder etwas geboten, was wirklich sehenswert ist. Nur sieht man hier gefühlt zwei für sich genommen gute Filme, die zusammen wirken wie Pasta mit Rotkohl.
Fazit
Die Mischung aus Ganoven-Romanze, Italo-Western und Buddy-Komödie ist kurios, selten gut abgestimmt und vergreift sich praktisch durchgehend im Ton. Mal einfach nicht effizient, mal tatsächlich sehr unangenehm. Trotz alledem kein schlechter Film, der auf eine eher interessante Art gescheitert ist. Das geht halt an jedweder Zielgruppe vorbei und dürfte weder für Fans der harten Corbucci-Klassiker, noch für das Publikum seiner späteren Spaß-Nummern richtig geeignet sein. Und dieses Durcheinander hat schon wieder einen gewissen Reiz. So gesehen einen Blick wert, nur sollte man vorher wissen warum.
Autor: Jacko Kunze