Inhalt
Erfolgreich zurück von ihrer Aufgabe, die Kanonen von Navarone zum Schweigen zu bringen, wartet auf Mallory (Robert Shaw) und Miller (Edward Fox) der nächste kaum durchführbare Auftrag, diesmal in Jugoslawien. Unterwegs schließen sie sich dem Kommando 10 an, einer Gruppe zäher amerikanischer Einzelkämpfer unter der Führung des wagemutigen Oberstleutnant Barnsby (Harrison Ford). Bei der Landung in Jugoslawien aber fallen sie in die Hände der Deutschen, und die Mission scheint gescheitert. Ihre tollkühne Flucht und die Kämpfe, die sie bestehen, lassen den Zuschauer den Atem anhalten, bis Kommando 10 sein Ziel erreicht: Die strategisch wichtige Brücke und der Staudamm werden zerstört - eine der spektakulärsten Szenen, die je gedreht wurden.
Kritik
Wenn es um abenteuerliche Kriegs-Actioner geht, dann sind die 60er wie 70er Jahre (bis zum Ende des Vietnamkrieges) eine wahre Fundgrube: Von Trashig überzogen (Das Dreckige Dutzend), bis heroisch pathetisch (Die letzte Schlacht), klug und durchdacht (Agenten sterben einsam) bis zu ironisch parodisch (Stoßtrupp Gold) ist alles dabei, was das Genre-Herz begehrt. Natürlich schwankt hierbei die Qualität gewaltig, was vor allem daran liegt, dass viele Regisseure und Autoren wenig Interesse daran hatten das Kriegssetting – zumeist der zweite Weltkrieg – richtig und ausführlich zu nutzen, sondern eher mit diesem einzig ihre Helden und Charaktere zu platzieren, um zumeist unmögliche Mission zu vollbringen. Dies war natürlich ebenso unrealistisch wie oftmals ethisch korrekt, brachte aber einige Abenteuer hervor, die auch die Zeit überdauerten und selbst heute noch ihr Publikum finden. So auch Die Kanonen von Navarone aus dem Jahre 1961 von Regisseur J. Lee Thompson, welcher mit Gregory Peck und Anthony Quinn als einer der Urtypen des „Mission Impossible“ Szenarios im Action-Genre gilt. Allerdings kann die Fortsetzung Der wilde Haufen von Navarone aus dem Jahre 1978 von Regisseur Guy Hamilton hier wenig mithalten (James Bond 007 - Leben und sterben lassen).
Dies beginnt schon bei der Geschichte: Mit einigen letzten Szenen aus Die Kanonen von Navarone wird der Zuschauer mit Robert Shaw als Mallory (damals noch Gregory Peck) sowie Edward Fox als Miller (damals noch David Niven) in ein völlig neues Szenario gerissen. Und dies buchstäblich. Denn wo Mallory als Ausbilder mit Knieproblemen wenig einsatzfähig wirkt und Miller als Zivilist überhaupt kein Teil der Armee mehr ist, werden beide kurzerhand mit dem US-Offizier Barnsby (sehr kühl von Harrison Ford gespielt) zusammengeworfen, um eine aberwitzige Mission im besetzten Jugoslawien durchzuführen. Dabei hat Der wilde Haufen von Navarone zu Beginn wenig Interesse an Charakteren, einer gewissen Logik oder gar Spannung. Basierend auf dem Buch Geheimkommando Zenica von Alistair MacLean werden die Handlungsorte zu Beginn nacheinander abgespult, bis das Kommando schließlich wenig glücklich am Einsatzort landet. Und genau hier wird schon das Problem von Autor Robin Chapman deutlich: Wo Barnsby seine komplette Einheit verliert, wird dies nur kühl mit einem „die Mission geht weiter“ kommentiert, während Mallory und Miller bis zur Mitte des Films eher als Statisten agieren. Zudem gibt es mit Carl Weathers als Weaver noch den passenden klischeehaften Hitzkopf und mit Franco Nero als undurchschaubaren Lescovar noch ein kleines Versteckspiel. Wo Nebenplots ins Leere laufen und Dialoge manchmal zum Fremdschämen einladen, gibt es zumindest in der zweiten Hälfte aber einige kleine Highlights zu entdecken.
Dies beginnt schon mit dem Partisanenkampf in Jugoslawien, der sonst in Filmen eher wenig im Mittelpunkt steht: Einsatztrupps, verstecke im Wald, eine zerstrittene Bevölkerung (Feinde der Nationalsozialisten und Sympathisanten) sowie Frauen auf dem Schlachtfeld sind Teil des Films, auch wenn zumeist eher als Stichwortgeber oder dramaturgischer Effekt. Wenn am Ende jedoch alles auf die Mission zugespitzt wird, gibt es durch diese eingestreuten Elemente – meist als Thriller-Effekt – einige Schauwerte. So zum Beispiel Weaver, der sich dem Rassismus offen entgehen stellen muss und am Ende sogar Gerechtigkeit verdient. Eine Tiefe entsteht hierbei aber dennoch nie. Im Finale stehen eben alle Zeichen auf einen pompösen Showdown, der mit einigen wirklich ansehnlichen Trickeffekten auch befriedigend dargestellt wird (wenn auch mit T-34 Panzern auf deutscher Seite). Somit gibt es für Actionfans jede Menge Knall und Rauch – gerade durch Miller und seine Spielzeuge – und eine Mission, die Stellenweise an einen James Bond Film erinnert. Viel mehr bleibt aber nicht: Stereotype, ein offenes Ende, ein absolut wenig menschlich wirkender Barnsby und eine kleine Rachegeschichte, die plötzlich im Sande verläuft, wirken ernüchternd. Hier wäre ein stärkerer Fokus und durchdachtere Charaktere nötig gewesen, um an die Größe seines Vorgängers anzuknüpfen. Was bleibt ist ein oberflächliches Action-Abenteuer auf TV-Niveau.
Fazit
Starbesetzt, hitzig gedreht, malerisch fotografiert und am Ende inszenatorisch ein klares Highlight. Abseits dessen, ist aber "Der wilde Haufen von Navarone" weit davon entfernt ein guter Film zu sein. Zu sehr setzt Robin Chapman auf flache unmenschlich wirkende Charaktere, zu wenig Interesse hat Regisseur Guy Hamilton am damaligen brutalen und opferreichen Krieg in Jugoslawien. Romantisch verklärend und pathetisch aufopferungsvoll, bleibt am Ende pure Ernüchterung zurück.
Autor: Thomas Repenning