Inhalt
Will Lockhart, beurlaubter Captain der Armee aus Laramie, will seinen ermordeten Bruder rächen. Verbrecherische Profitjäger hatten den Indianern geschmuggelte Schnellfeuerwaffen verkauft, und seinen Bruder kostete dieser frevelhafte Handel das Leben. Lockhart will die Verbrecher erledigen und zugleich die Hintermänner entlarven. Als Lockhart in Neu Mexico die Opfer eines Gemetzels entdeckt, bei dem die Apachen eine ganze Kavalleriepatrouille getötet haben, weiß er, dass er den Verbrechern näher gekommen ist.
Kritik
Wie so häufig in den Western von Anthony Mann (Meuterei am Schlangenfluss) wird seinem Helden, in diesem Fall auf den Namen Will Lockhart (James Stewart, Vertigo – Aus dem Reich der Toten) hörend, keinerlei Chance gelassen, die Konflikte besonnen zu klären. Obwohl Lockhart auf Rache für den Tod seines Bruders sinnt, ist diese nicht zwangsläufig mit einem blutigen Vergeltungsfeldzug gleichzusetzen, sondern vielmehr eine Suche nach Antworten. Es vergehen nicht einmal vierundzwanzig Stunden, nachdem der beurlaubte Captain der Armee aus Laramie in dem Städtchen Coronado angekommen ist, bis man seine Wagen in Brand setzt, seine Maultiere erschießt und ihn an einem Seil über den Boden schleift. Das Klima der Gewalt und Anspannung, welches in dieser Gegend allgegenwärtig ist, hat die Menschen hier nahezu unfähig gemacht, in einen Dialog miteinander zu treten.
Die Stärken von Der Mann aus Laramie, der nunmehr fünften und letzten Western-Kollaboration zwischen Anthony Mann und James Stewart, liegen wie schon in Winchester '73 und Über den Todespass vor allem in der Figurenpsychologie, baut der Film doch verstärkt auf Ambivalenzen und schwingt sich zeitweilig in die Höhen einer Tragödie aus der Feder von William Shakespeare auf, wenn Verrat, Habgier und Eifersucht einen brodelnden Cocktail der zwischenmenschlichen Spannungen ergeben. Nicht nur basiert der hiesige Weidekrieg in Coronada auf erbittertem Konkurrenzdenken, die rivalisierenden Farmen von Alec Waggoman (Donald Crisp, Prinz Eisenherz) und Kate Canaday (Aline MacMahon, Silberdollar) gebären ihre Probleme vor allem im inneren Kreis. Familiäre Zwistigkeiten sein der entscheidende Urheber für all die Brutalität, die die Gegend in und um Coronada fest in Beschlag haben.
Angesichts der vorherigen Wildwestarbeiten von Anthony Mann mag Der Mann aus Laramie seinem Sujet nur selten originäre Impulse abringen, das tätige Personal aber beherrscht sein Handwerk derart kompetent, dass diese Tragödie über den ewigen Teufelskreis der Gewalt immer noch besticht. Neben den grandiosen Landschaftsaufnahmen – Mann drehte hier zum ersten Mal in CinemaScope – brillieren die Darsteller, die sich ihren zwischen Affekt und Vernunft zerrissenen Charakteren in eindringlichen Performances hingeben. Gerade James Stewart leistet in der Hauptrolle wieder Großes, wenn er diesem größtenteils düsteren Western nicht nur in der Rolle des Vermittlers, sondern auch als verletzlicher Anti-Held auf mehreren Ebenen funktionieren lässt. Will Lockhart gehört zu den Männern, deren schwierigster Kampf es ist, die Kontrolle über sich selbst zu bewahren. Denen in einer Welt, in der das Morden zur allgemein verständlichen Sprache geworden ist, nichts schwerer fällt, als das Töten.
Fazit
Auch wenn "Der Mann aus Laramie" nicht ganz die Klasse von Filmen wie "Nackte Gewalt", "Winchester '73" oder "Über den Todespass" erreicht, liefern Anthony Mann und James Stewart mit ihrer fünften Western-Kollaboration erneut hochwertige, größtenteils packende Arbeit ab, die ihre Stärken gerade in der Figurenpsychologie und den tollen Bildern weiß. Vor allem James Stewart liefert in diesem düsteren Western um Habgier, Verrat und dem ewigen Kreislauf der Gewalt erneut eine famose Performance ab.
Autor: Pascal Reis