Inhalt
Larissa muss einige Veränderungen in ihrem Leben durchmachen. Als sie als Housesitterin von merkwürdigen Geräuschen und Vorfällen heimgesucht wird, überschlagen sich ihre Paranoia und ihre Albträume, Ängste und Sorgen. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis der Sturm ihrer Gefühle sich in Gewalt entlädt...
Kritik
Mit seinem Regiedebüt The Demolisher von 2015 empfohl sich der kanadische Regisseur Gabriel Carrer als audiovisuell vielversprechende, neue Stimme im Low-Budget-Sektor. Durch ein handwerklich unbestreitbares Talent, mit dem er sich auf flirrende Montagen, elegische Bildfolgen und pulsierende Klangsphären im Retro-Synthesizer-Stil konzentrierte, wurde der Regie-Neuling von einigen Seiten gar als kanadischer Nicolas Winding Refn (Only God Forgives) gehandelt. Ein großer Vergleich, dem der Regisseur letztendlich nur teilweise gerecht wird. Inhaltlich wies The Demolisher gewaltige Defizite auf und bot außerhalb der markanten Inszenierung ein äußerst dünnes Drehbuch, das nichts als miserabel ausgearbeite Figuren-Skizzen und ein redundantes Handlungsgerüst enthielt.
Für sein Nachfolgewerk war daher zu hoffen, dass sich der Kanadier vor allem inhaltlich noch deutlich steigern kann und die audiovisuelle Form in einen angemessen, erzählerischen Rahmen einbringt. Sein zweiter Film Death on Scenic Drive, den er in nur sechs Tagen ohne großes Produktionsteam und laut eigener Aussage aus tiefer Wut abdrehte, enttäuscht diesen Hoffnungsschimmer nicht nur, sondern zerschmettert ihn regelrecht. Carrers Hommage an die großen surrealen Klassiker des europäischen 70er-Jahre-Kinos wirkt, als wolle der Regisseur die angebrachten Vergleiche zu Refns Schaffen in jeder einzelnen Szene mit geradezu unerträglichem Nachdruck bekräftigen.
Die Geschichte rund um Hauptfigur Larissa, die ein paar Tage als Housesitterin in ein ländlich gelegenes Anwesen einzieht, stellt sich schon nach wenigen Szenen als hauchdünnes, bemühtes Alibi heraus, um erneut so oft wie möglich in extrem überstilisierten Einstellungen zu schwelgen. Dabei gelingt es dem Regisseur anfangs durchaus, neben den auf intensive Farbdramaturgie bedachten Bildern und flackernden Stroboskop-Einschüben für ein gewisses Gefühl von Anspannung zu sorgen, das Carrer durch langsam schleichende Suggestion und wabernde, grollende Synthesizer-Klangwelten entfaltet.
Aufgrund des immer stärker ausufernden Schauspiels von Hauptdarstellerin Jessica Vano (Berkshire County), die irgendwann zu groteskem Overacting übergeht, kippt Death on Scenic Drive allerdings rasch ins unfreiwillig Komische, sobald der Regisseur die beunruhigenden, surrealen Vorzeichen plötzlich konkretisiert. Wirkte der Film zuvor stellenweise wie eine überzogene Parodie großer Vorbilder, für die Carrer experimentelle Arthouse-Stilmittel so geballt aufbietet wie grotesk überzieht, wandelt sich der Streifen im letzten Drittel schließlich vollends zu einem reißerischen Slasher der uninspiriertesten Sorte. Mit unnötig expliziten Tötungsszenen und billigen Effekten auf der einen sowie weiterhin bizarr überstilisierten Einstellungen auf der anderen Seite versinkt Death on Scenic Drive als völlig misslungener Stil-Overkill und Substanz-Albtraum im frustrierenden Nirgendwo. Wollte man Carrer nach seinem Regiedebüt aufgrund seiner vielversprechenden Handschrift weiter auf seinem Pfad als audiovisuell aufstrebendes Talent folgen, so sorgt dieser zweite Film nun dafür, dass man sich zukünftig lieber von seinen noch folgenden Werken abwenden sollte.
Fazit
Mit "Death on Scenic Drive" beweist der kanadische Nachwuchsregisseur Gabriel Carrer endgültig, dass sich sein Talent lediglich auf einige schön anzusehende sowie klingende Montagen beschränkt. Sein Markenzeichen überzieht Carrer in seinem zweiten Film jedoch derart grotesk, dass die aufdringlich überstilisierten Impressionen in Verbindung mit einer hauchdünnen, kaum vorhandenen Handlung zu nichts führen als unfreiwilliger Komik, anstrengender Kunstgewerblichkeit und exzessiver Redundanz. Ein Totalausfall.
Autor: Patrick Reinbott