Inhalt
Jennifer Hills hat sich für den Sommer ein kleines Häuschen in einem verlassenen Winkel von New England gemietet, um dort in Ruhe ihren Roman zu Ende zu schreiben. Sie genießt die Ruhe, Schönheit und Abgeschiedenheit der Natur. Diese Idylle wird aber jäh zerstört, als sie verschleppt, gefoltert und vergewaltigt wird. Die junge, sensible Frau ist tot. Was übrig bleibt, ist ein Monster, dass sich an den Peinigern rächen will um Genugtuung zu bekommen.
Kritik
Es fällt nicht schwer, „Ich spuck' auf dein Grab“ in eine despektierliche Filmnische zu verfrachten, schließlich bietet Regisseur Meir Zarchi in seinen Rape & Revenge-Klassiker oberflächlich genug Angriffsflächen, an denen sich das erhitzte Gemüt des Zuschauers auslassen kann. Wenn man den Film allerdings aus einem etwas distanzierteren Blickwinkel betrachtet, und den festgehaltenen Schrecken nicht nur als solchen wahrnimmt, verbringt sich hinter der schonungslosen Kulisse aus Vergewaltigung und Gewalt ein Werk, das menschliche Verhaltensweise auf ihre animalische Markung zurückführt. Zuallererst stellt Zarchi ein konträres Grundgerüst auf, in dem der idyllische Sonnenschein ein Missverständnis und alles Bezirzende nur noch ein Teil der Vergangenheit ist, um im blanken Terror zu munden. Genau wie die Figuren durch ihre offensichtlichen Differenzen auffallen und einen humanen Symbolcharakter entfachten, der sich primär auf ungebildet und intelligent stürzt, daraus aber eine ebenso triebhafte Rustikalität und inhumane Demütigung entfacht und der Spur aus Blut, Körperflüssigkeiten und Dreck zurück zum Ursprung allen Übels folgt.
„Ich spuck' auf dein Grab“ ist kein großes Kino, nicht im herkömmlichen Sinne, voller Logiklöcher und wie gemacht dafür, um mit schwelenden Hasstiraden in den Boden gestampft zu werden. Wer die erste Hälfte des Filmes aber überstanden hat und dann Teil der invertierten Drehung wird, darf sich gerne darüber aufregen, dass die Entwicklung vom Opfer zur kaltblütigen Rächerin viel zu schnell vollzogen wird, nur muss man immer im Hinterkopf behalten, mit welcher Art Film man es hier zu tun bekommt. Gemessen an seinen Mitteln und der Intention, hatte Zarchi keine andere Wahl, als seinen reißerischen Rhythmus beizubehalten. Und dennoch schafft er es, die Gewalt nicht in Richtung Legitimiation treiben zu lassen, er macht sie nur nachvollziehbar, ohne zu befürworten. Eine Frau, die in ihren Grundfesten erschüttert, von vier Männern bestialisch vergewaltigt und blutverschmiert zurückgelassen wurde, hat ein Recht auf Rachegefühle, auch wenn die Nadel des moralischen Kompasses nun ohne Halt ihre Runden drehen wird. Dabei ist Vergeltung ebenso menschlich, wie das Gefühl der Zugehörigkeit oder das der Eifersucht.
Ein Funke zweifelhafter Emanzipation blitzt da auf, „Ich spuck' auf dein Grab“ bleibt dennoch 70s-Terror in Reinform: Abstoßend und ekelhaft. Jedem Betrachter, dem bei der Sichtung des Filmes nicht das Grinsen von den Lippen entflieht, der das Gezeigte auch noch mit Spaß an der physischen wie psyischen Deformation ansieht, bei dem ein Kübel Popcorn und Eimer Cola genossen wird, sollte sich ernsthafte Gedanken über seine mentale Verfassung machen. Hier gibt es keinen Humor, kein Augenzwinkern und keine Referenzen an eine heitere Zeit. Hier regiert all das, was in seinem eigenen Leben nie einen Platz bekommen sollte. Man muss „Ich spuck' auf dein Grab“ nicht mögen, man muss ihn auch nicht gesehen haben. Doch wenn man sich entscheidet diesen Schritt zu gehen, dann sollte man ihn nicht voreilig zerreißen, auch wenn es reizvoll erscheint - vollkommen stupide und ohne jeden Sinn ist das Ganze dann eben doch nicht.
Fazit
Mit „Ich spuck' auf dein Grab“ hat Meir Zarchi einen mustergültigen Vertreter von 70er Jahre Exploitation inszeniert: Abstoßend, herausfordernd, aber nicht undurchdacht. Tatsächlich versteckt sich hinter der Kulisse des Grauens auch ein emanzipatorischer Gedanke. Auf den kann man sich allerdings nur einlassen, wenn man sich nicht verschreckt von der harschen Gangart des Films verschrecken lässt. Verübeln könnte man die Ablehnung gegenüber „Ich spuck' auf dein Grab“ aber natürlich niemandem.
Autor: Pascal Reis