Inhalt
Die Freisetzung einer riesigen Gottesanbeterin, die seit Jahrmillionen im ewigen Eis der Arktis eingeschlossenen war, sorgt für eine bis dato nie gekannte Bedrohung.
Kritik
Früher war zwar nicht alles besser, dafür aber größer. Stimmt natürlich nicht so ganz, aber die 50er-Jahre können mit Blick auf das Science-Fiction- bzw. Horrorgenre dennoch als ein Jahrzehnt der Superlative bezeichnet werden. Getreu dem Motto „the bigger, the better“ gab es unter anderem überdimensionierte Spinnen (Tarantula, Earth vs. the Spider), riesenhafte Oktopoden (20.000 Meilen unter dem Meer, It Came from Beneath the Sea), urzeitliche Riesenechsen (The Beast from 20,000 Fathoms, Godzilla), viel zu große Menschen (Attack of the 50 Foot Woman, The Amazing Colossal Man) und noch manch anderes ungewöhnlich hochgewachsenes Wesen. So wie die gigantische Gottesanbeterin des 1957 in den amerikanischen Kinos gestarteten Films The Deadly Mantis. Für dessen Regie zeichnet sich Nathan H. Juran verantwortlich, auf dessen Kappe noch ein paar andere Filme mit kolossalen Geschöpfen gehen. So zum Beispiel The 7th Voyage of Sinbad, Jack the Giant Killer oder der bereits erwähnte Attack of the 50 Foot Woman.
Doch kommen wir zu The Deadly Mantis, der hierzulande unter dem Titel Das todbringende Ungeheuer veröffentlicht wurde. Ein Vulkanausbruch an einem Ende der Welt ist es, der am anderen Ende der Welt für die Freisetzung des titelgebenden Monstrums sorgt. Das mag zwar ein wenig seltsam anmuten, eine Stimme aus dem Off versichert uns aber, dass dies schon seine Richtigkeit hat. Schließlich strebt Mutter Natur nach Ausgeglichenheit und für jedes Ereignis bedarf es nun einmal einem gleichwertigen Gegenereignis, damit das natürliche Gleichgewicht wieder hergestellt ist… wir wollen es der Stimme einfach mal glauben. Immerhin ist der Mensch, anders als bei vielen anderen Werken wie z. B. The Giant Behemoth, ausnahmsweise mal unschuldig an der Misere. Der Preis dafür ist, dass es The Deadly Mantis dadurch an einer kritischen respektive mahnenden Komponente mangelt, die dem Film etwas mehr Tiefe verliehen hätte. Sei es wie es sei, auf jeden Fall wird eine haushohe Gottesanbeterin zutage gefördert, die seit Urzeiten im ewigen Eis der Arktis gefangen war.
Rational betrachtet sollte es, obgleich das eisige Schlafgemach der prähistorischen Gottesanbeterin (aus welchen Gründen auch immer) dahinschmilzt, eigentlich immer noch viel zu kalt für das Vieh sein. Schließlich sind Insekten Kaltblüter und bei niedrigen Temperaturen (ganz zu schweigen von Minusgraden wie sie am Nordpol vorherrschen) alles andere als munter. Andererseits sprechen wir hier aber auch nicht über eine gewöhnliche Gottesanbeterin, sondern über eine, die um ein Vielfaches größer ist als jedes uns bekannte prähistorische Insekt. Vermutlich war sie es in Wahrheit, die dereinst für das Aussterben der Dinosaurier verantwortlich war. Von daher Schwamm drüber. Hauptsache, wir bekommen eine riesige Kreatur mit Dornen besetzten Fangarmen, kräftigen Kieferpartien sowie natürlichem Jagdtrieb geboten, der das Potenzial innewohnt, alles um sich herum mit Leichtigkeit dem Erdboden gleichzumachen. Nur bringt uns dies leider gleich zu einem weiteren Problem des Films.
Denn anstatt das Monstrum von der Leine zu lassen, beschert uns Juran die meiste Zeit über lieber eine auffallend große Menge an Stock Footage-Aufnahmen (meist von militärischen Gerätschaften), die sich mit zahlreichen ausgedehnten Dialogsequenzen abwechseln. So dürfen beispielsweise die u. a. von Craig Stevens (Gunn) sowie William Hopper (Perry Mason) verkörperten ProtagonistInnen nach dem Fund von Spuren lange Zeit darüber rätseln, womit sie es überhaupt zu tun haben. Etwas das bei einem Werk wie z. B. Them! sehr gut funktioniert, da wir die Biester dort anfänglich noch gar nicht zu Gesicht bekommen (die Darstellungen auf den Kinoplakaten klammern wir mal aus). Jedoch wissen wir bei The Deadly Mantis schon seit den ersten Minuten, dass es sich um eine Gottesanbeterin handelt, da wir sie anfangs kurz erblicken dürfen. Außerdem wäre da noch der mehr als eindeutige Filmtitel, weshalb die breitgetretene Erkenntnissuche aus dramaturgischer Sicht nicht sonderlich viel Sinn ergibt. Aber gut, was erträgt man nicht alles um endlich die große „Monster-Action“ geboten zu bekommen.
Nur bleibt diese letztlich nahezu gänzlich aus. Klar bekommen wir im Laufe des Films mal zu sehen, wie das Tier (in Modellform) stocksteif durch die Lüfte schwebt oder (in Form eines echten Tieres) ein Hochhaus(-Modell) hochkraxelt. Das große Chaos wie es z. B. bei Werken wie Godzilla, The Beast from 20,000 Fathoms oder Jurans eigenem, noch im selben Jahr wie The Deadly Mantis erschienenen Werk 20 Million Miles to Earth angerichtet wird, findet allerdings nicht statt. Denn vielmehr als mit reichlich Gebrüll (unpassende Laute kennt man ja von so einigen Tierhorrorfilmen) ein Gebäude zu demolieren, einen Bus umzuwerfen sowie offscreen ein Flugzeug vom Himmel zu holen ist für die tödliche Gottesanbeterin wie auch für uns in puncto Zerstörungsorgie nicht drinnen. Dem Filmtitel macht das Raubtier damit jedenfalls keine Ehre. Da ist es nur ein schwacher Trost, dass die handwerkliche Umsetzung des Insekts (es wurden drei Modelle erstellt und eines war sogar 12 Meter hoch bzw. über 60 Meter lang) mit Ausnahme der Flugszenen als gelungen zu bezeichnen ist.
Eigentlich möchte man The Deadly Mantis allein schon aufgrund seines gehobenen Alters, des coolen Monstrums sowie seines Charmes, den klassische Monsterfilme der damaligen Zeit nun einmal versprühen, nichts Böses. Auf der anderen Seite gibt es jedoch zahlreiche Werke aus jener Zeit, die bei ähnlicher Thematik um einiges gelungener ausfallen. Die mehr auf die Tube drücken, die deutlich atmosphärischer daherkommen, die spektakulärere Bilder liefern, weshalb es schwerfällt, bei The Deadly Mantis diesbezüglich ein Auge zuzudrücken. Schon allein deshalb nicht, weil Juran ein derart faszinierendes Wesen wie eine Gottesanbeterin hernimmt, dem angesichts seines Jagdverhaltens so viel Potenzial für unheimliche Szenen innewohnt und er das Tier dann dermaßen verbrät. Von dem gefühlt 50 Prozent des Films ausmachenden Stock Footage-Einsatz ganz zu schweigen. Daher kann The Deadly Mantis im Grunde am ehesten jenen empfohlen werden, die ein großes Faible für riesige Monster haben und selbst an schwächeren Filmen wie z. B. The Giant Claw noch Gefallen finden.
Fazit
Obwohl „The Deadly Mantis“ mit einer riesigen Gottesanbeterin auftrumpft, vermag der Film als solcher nur bedingt zu überzeugen. Anstatt das haushohe Insekt auf Jagd gehen zu lassen, um im Zuge dessen für großflächige Verwüstung zu sorgen, setzt Regisseur Nathan H. Juran über weite Strecken hinweg lieber auf ein Wechselspiel aus Dialogen sowie zahlreichen Stock Footage-Aufnahmen. Das klingt nicht nur schnarchig, sondern ist es über weite Strecken hinweg auch. Spannung kommt dabei höchst selten auf und Action ist ebenfalls rar gesät. Zwar gibt es viele ähnliche Werke aus jener Zeit, die noch einmal ein ganzes Stück schwächer sind als „The Deadly Mantis“, deutlich bessere existieren aber ebenfalls so einige. Wer daher kein Hardcore-Fan von Riesenmonstern ist, kann Jurans Film getrost auslassen.
Autor: Constantin Wieckhorst